Ich finde das ehrlich sehr belustigend.
Richtig ist, dass unter rot/grün die Finanzmärkte teilweise dereguliert wurden.
Falsch ist, dass die Deregulierung gegen den Willen der Opposition vollzogen wurde,
vielmehr forderten die noch deutlich mehr Deregulierung!Die SPD kommentiert das heute wie folgt:
„Die Einlassungen aus Union und FDP sind an Geschichtsvergessenheit und Dreistigkeit kaum zu überbieten. Offensichtlich setzt die heutige Koalition auf das schlechte Gedächtnis der Öffentlichkeit“, sagt Joachim Poß, stellvertretender Fraktionschef.
Stimmt das denn?
Lesen wir einfach mal nach:
Antrag zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland der CDU/CSU Fraktion vom April 2003
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/007/1500748.pdfAuszug:
[...]
I. Grundsätzliche Anliegen
1. sich dafür einzusetzen, dass die rechtlichen, steuerlichen und administrativen
Rahmenbedingungen des Finanzplatzes verlässlich sind, damit Bürger,
Investoren, Unternehmen und Finanzdienstleister Planungssicherheit haben;
2. dem Finanzplatz und seinen Akteuren in ihrer Diversität die volle Rückendeckung
der Politik zu gewähren und sich in diesem Sinne als Interessenvertreter
des Finanzplatzes Deutschland zu verstehen;
3. die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland in
Absprache mit den Ländern in geeigneten Feldern durch eine Stärkung des
Standorts Frankfurt zu erhöhen;
4. sich selbst und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht nur
als Regulierer und Aufseher, sondern gerade in Europa und im internationalen
Raum auch als Partner der Finanzdienstleister zu verstehen;5. die dreigliedrige Bankenstruktur in Deutschland zu erhalten und fortzuentwickeln.
Die Dreigliedrigkeit des deutschen Bankensystems mit den
Elementen Privatbanken, genossenschaftliche Banken sowie öffentlichrechtliche
Sparkassen und Landesbanken ist Ausdruck der gewachsenen
mittelständischen Strukturen und regionalen Vielfalt der deutschen Volkswirtschaft.
Notwendige oder sinnvolle Fusionen innerhalb der Säulen und
übergreifende Kooperationen sollten durch die Dreigliedrigkeit nicht verhindert
werden;
6. die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes nicht durch neue administrative
Auflagen zu verschlechtern. Bestehende Regelungen zum Beispiel bei der
Einbeziehung der Finanzdienstleistungsbranche in die Verbrechensbekämpfung
müssen auf ihre Effektivität und Effizienz überprüft werden;7. bei der Umsetzung des Finanzmarktförderplans 2006 auf eine gründlich
vorbereitete, konsistente, zeitnahe und in kleinere gesetzgeberische und
andere Maßnahmenbündel geteilte Politikumsetzung hinzuwirken, die den
Märkten klare Perspektiven vermittelt;
8. das Parlament und die Finanzdienstleistungsbranche in Deutschland in eine
regelmäßige und frühzeitige Überprüfung europäischer Gesetzgebungsvorhaben
im Rahmen des für 2004 angekündigten neuen „Financial Services
Action Plan“ der EU-Kommission und weiterer, für den Finanzplatz
Deutschland relevanter europäischer Dossiers einzubeziehen und rechtzeitig
abgestimmte deutsche Position in diesen Feldern zu definieren;
gleichzeitig muss das Subsidiaritätsprinzip auch im europäischen Finanzmarkt
gewährleistet werden;
9. sich für die Vermeidung von neuen bürokratischen Belastungen für die
Marktteilnehmer einzusetzen;
[...]
V. Kapitalmarkt- und Bankaufsicht
35. die Neufassung der Baseler Eigenkapitalempfehlungen („Basel II“) ist erforderlich.
Die fraktionsübergreifenden Initiativen des Deutschen Bundestages
zu Basel II sind weiter zu verfolgen. Die deutschen Interessen sind
sorgfältig in die Basler Verhandlungen einzubringen. Der deutschen und
europäischen Finanzierungskultur ist Rechnung zu tragen.
Der Anreiz, ein
besseres Risikomanagement aufzubauen, darf nicht durch Verzögerungen
verloren gehen. Ein Aufschieben der Reform oder gar die Abkoppelung
Europas sind abzulehnen. Soweit deutsche Anliegen bei Basel II nicht
durchgesetzt werden können, wird die Bundesregierung ersucht, möglichst
eine vollständige Umsetzung der deutschen Forderungen auf europäischer
Ebene sicherzustellen;
36. dafür Sorge zu tragen, dass im Bereich der Bankenaufsicht klare und transparente
Regelungen getroffen werden, die allen Marktteilnehmern Rechtssicherheit
bieten und die den Finanzplatz Deutschland für internationale
Akteure offen halten.
Auch muss sichergestellt werden, dass gut gemeinter
Anlegerschutz nicht ungewollt sinnvolle Kapitalmarktgeschäfte verhindert;37. den deutschen Markt für Bank- und Finanzdienstleistungen auch dadurch
offen zu halten, dass eine gesetzliche Regelung des grenzüberschreitenden
Geschäfts mit Bank- und Finanzdienstleistungen aus Nicht-EWR-Staaten
erarbeitet wird. Der Kundenkontakt per Internet und durch andere Medien,
die Vermittlung deutscher Institute sowie die Tätigkeit von Beratern und
von Repräsentanzen ausländischer Bank- und Finanzdienstleister sollte auf
eine klare aufsichtsrechtliche Grundlage gestellt und dabei so liberal wie
möglich ausgestaltet werden;38. gleichzeitig klare und unmissverständliche Kriterien für die Bekämpfung
von unseriösen Anbietern des grauen Kapitalmarkts aufzustellen, die es
der Bankaufsicht erlauben, zielgerichtet und im Rahmen rechtsstaatlich
korrekter Verfahren effizient vorzugehen, ohne dass das Geschäft seriöser
Institute mit Rechtsunsicherheiten belastet wird;
39. den Zugang über „Remote Access“ zu den deutschen Börsen nicht zu
behindern, sondern zu fördern. Dazu ist z. B. zu prüfen, ob „Remote
Access“-Teilnehmer und „General Clearing Members“ (so genannte geeignete
Dritte) von den neuen zusätzlichen Meldeanforderungen des § 9
Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 und 8 WpHG ausgenommen werden können;
40. wenn das Erfordernis von Seiten der EU-Ebene deutlich werden sollte, gemeinsam
mit den Ländern und mit deren Einvernehmen ergebnisoffen zu
prüfen, ob Aufgaben oder Funktionen der Börsenaufsicht in Deutschland
konzentriert werden könnten; wenn dies der Fall ist, ist zu prüfen, in welcher
Form dies stattfinden kann;
41. sich mit Nachdruck für eine Ansiedlung der europäischen bankaufsichtlichen
Gremien in Deutschland einzusetzen. Entscheidungen zur Struktur
der Finanzdienstleistungsaufsicht in der Europäischen Union müssen
zumindest die Option der Schaffung einer europäischen (Allfinanz-)Aufsichtsbehörde
offen halten; insgesamt sollten sich auch künftig die aufsichtsrechtlichen
Strukturen in der EU an den Realitäten und Besonderheiten
der Märkte ausrichten;
[...]
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion
Auszug Ende
________
Das sind nur einige Leckerlis dieses Antrags. Sollte man sich in einer ruhigen Minute mal genüßlich durchlesen.
Fazit:
Die Deregulierung der damaligen Regierung ging ihnen
nicht schnell genug,
nicht weit genug,
war nicht liberal genug,
Anlegerschutz sowie Rechtssicherheit der Anleger war der CDU/CSU Fraktion völlig egal!Noch lustiger war die FDP (die sich daran heute freilich nicht mehr erinnern kann), die forderte noch im
Jahr 2007 (unter CDU/SPD Regierung) weitere Deregulierungen (für diesen Müll hat man sie anschließend mit Regierungsteilnahme belohnt!), damit der Finanzstandort Deutschland attraktiver würde, sich Hedgefonds nicht nur im benachbarten Ausland, sondern auch bei uns, ansiedeln, Hegde Fonds für Privatanleger attraktiver würden um so Mittelzuflüsse für die Fonds zu sichern uswsuf.
Das liest sich dann in etwa wie folgt:
Auszug:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes und zur
Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz
Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung
anderer Vorschriften nutzt die Chance einer Liberalisierung des Fondsstandorts
Deutschland nicht. Er reiht sich ein in die bisherigen Gesetzgebungsvorhaben
der Koalition, die den Finanzmarkt betrafen.Wie ein roter Faden zieht
sich ein Misstrauen gegenüber dem Markt und innovativen Produkten durch
diese Gesetze.[...]
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion
Auszug Ende
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607008.pdf______
Beide Anträge sollte man wirklich mal lesen, die klingen (aus heutiger Sicht) wie der feuchte Traum eines Unterstufen Penälers
Mit Beginn der Finanzkrise war davon plötzlich überhaupt keine Rede mehr. Man gab der damaligen Regierung einfach die Schuld und wollte vom eigenen gestrigen Geschwätz nichts mehr wissen.
Ich bin jedenfalls froh, dass die Regierung Schröder
nicht auf die Forderungen der damaligen Opposition eingelassen hat. Das hätte ab 2009ff dann aber mal richtig blaue Flecke gegeben.______
Das Gedächtnis des Wählers scheint nach Auffassung der Politik nicht das Beste zu sein (das eigene Gedächtnis ist das übrigens auch nicht), offensichtlich liegt die Politik zumindest in diesem Punkt meist richtig.