@krijgsdans Über den titoistischen Parteiapparat brauchen wir gar nicht zu diskutieren, das habe ich auch nie bestritten. Es ging mir hier lediglich um die Arbeiterselbstverwaltung als wirtschaftliches System und die Kritik von Mihailo Markovic
„Trotz der Bedeutung, die die Selbstverwaltung in der offiziellen Theorie und in der Öffentlichkeit beigemessen wird, ist sie nicht in dem Maße entwickelt, wie es eigentlich möglich wäre: Sie wird vielmehr ständig durch bürokratische Elemente in ihrer Entwicklung behindert, und ihre materielle Basis ist ausgesprochen schwach.“
attackiert das System der Selbstverwaltung nicht als solches sondern attackiert das System in welchem sie eingebettet ist.
Angemerkt sei auch nur kurz folgenedes, nämlich dass Markovic und Dilas zu linken Kritikern des Systems gehörten (wobei letzterer am Ende dem Marxismus abschwörte), das zeigt wie falsch doch die Annahme eines monolithischen Kommunismus ist, die
@rumpelstilzche und co. verbreiten. Die Opposition im Ostblock bestand nicht 100% aus Gegnern des Sozialismus an sich, siehe auch Alexander Dubcek in der Tschechoslowakei oder Imre Nagy in Ungarn.
Zurück zu Jugoslawien, mag sein dass die DDR wirtschaftlich leistungsfähiger war, aber da müsste man wirklich Statistiken vergleichen, wozu ich gerade keine Zeit habe (müsste man nachher mal nachholen). Allerdings stellt sich die Frage ob es Sinn macht sozialistische Wirtschaftssysteme nach kapitalistischen Maßstäben wie wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu bewerten. Wenn man das tut kommt man für Jugoslawien auf beträchtliche 6,1% durchschnittliches Wirtschaftswachstum in den zwei Dekaden vor 1980 und die Tatsache, dass Jugoslawien als blockfreier Staat sowohl mit dem Westen als auch mit dem Ostblock Handel treiben konnte, sollte man eigentlich nur aus einer strikt orthodox-marxistischen Position heraus kritisieren, nämlich dass ein sozialistischer Staat sich dem kapitalistischen Weltmarkt öffnete, ansonsten ist die Blockfreiheit Jugoslawiens nichts Negatives.
Zum Stichwort sozialistische Systeme nach dem Maßstab Wachstum zu bewerten: wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist auch nur dann ein sinnvoller Maßstab, wenn man auch in Betracht zieht, inwiefern die Bevölkerung davon profitiert und ob sie einen gleichen und gerechten Zugang dazu hat. Der Indikator Lebensstandard spricht da für Jugoslawien.
Die Arbeiterselbstverwaltung hat meiner Meinung nach in der SFRJ sehr wohl etwas herausgeholt in einem Staat der ansonsten nach "demokratischen" Zentralismus organisiert ist. Das rührt vielleicht von einem anderen Demokratieverständnis her, denn ich bewerte ein demokratisches Mitbestimmungsrecht an der Basis durchweg positiv, auch wenn man nicht das Privielg hat, alle 4 Jahre ein Kreuz auf einem Zettel zu machen und damit eine Parteienzusammensetzung wählt, die, wenn sie nachher auf der Regierungsbank sitzt, nur noch ihrem "Gewissen" verantwortlich ist und nicht mehr dem Wähler.