KIK, Kapitalismus und seine Mitarbeiter

@anonymus88

anonymus88 schrieb:Wobei ich mich als Arbeitgeber verpflichtet fühlen würde, zumindest den Lohn über dem Durchschnitt zu halten

Ja, deshalb hab ich Mindest-Standard geschrieben, nach oben sind der Gutmütigkeit keine Grenzen gesetzt.

anonymus88 schrieb:Erhöhte Löhne und Arbeitsbedingungen schaffen im Übrigen eine erhöhte Motivation, Unternehmensidentifikation und Gesundheit bzw. Stressminderung der Arbeitnehmer ... was letztendlich dem Arbeitgeber auch zu Gute kommt.

nicht nur das, diejenigen die darin erwachsen werden schritte auf den Weg bringen damit auch in ihrem eigenen System eine Soziale Veränderung statt findet

bonita schrieb:Ja, deshalb hab ich Mindest-Standard geschrieben, nach oben sind der Gutmütigkeit keine Grenzen gesetzt.

Naja doch, das Firmenkonto zeigt der Gutmütigkeit Grenzen auf :D Spätestens wenn das Unternehmen pleite geht.

Nachfrage bestimmt das Angebot. Ganz einfach. Dein Kaufverhalten bestimmt den Markt. Scheint für viele nicht bekannt zu sein.

@anonymus88

Das den Thread betreffende Unternehmen scheint ohne diese moralischen Grundsätze bestens zu funktionieren...
Natürlich kommt es immer auf die Branche an und auf die Position der Angestellten; so sollte man gute Führungskräfte selbstredend motivieren und ans Unternehmen binden.
Leicht austauschbare Arbeitskräfte betrifft das eher nicht.
Auch ist der Ruf des Unternehmens im Billigsektor eher zweitrangig (siehe Kik), verkauft man allerdings den Namen des Unternehmens mit läuft der Hase wieder anders....

Ein Pauschalrezept gibt es nicht für die Leitung einer Firma, es gilt den profitabelsten Weg zu finden.... Der verläuft allerdings in den seltensten Fällen parallel zur moralischen Glückseeligkeit....

van_Orten schrieb:Das den Thread betreffende Unternehmen scheint ohne diese moralischen Grundsätze bestens zu funktionieren...

Das Gewissen steht oft dem Reichtum im Weg, das is kein Geheimnis. Die Frage ist nur, was einem die steigende Anzahl an Nullen auf dem Konto bringen, wenn die Leute, denen ich diese Nullen zu verdanken habe unter dem Existenzminimum leben. Und damit meine ich in diesem Fall auch die ausländischen Arbeiter, auch wenn dort ein anderer (durchschnittlicher) Lebensstandard herrscht.

Ich würde es nicht aushalten, wenn ich auf eine solche Weise wirtschaften würde.

van_Orten schrieb:Leicht austauschbare Arbeitskräfte betrifft das eher nicht.

Die berühmte "soziale Marktwirtschaft" ... der Mensch wird zum Stückgut. ;)

Klingt zwar ein wenig pathetisch jetzt, aber ich bin der Meinung, dass ein Unternehmer Verantwortung für die Menschen und deren Schicksale haben sollte. Überleg doch mal, was Du selbst schon erlebt hast ... was Du im Leben durchgemacht hast und was Du auf Dich genommen hast, um im Leben weiter zu kommen. Der Mensch verkommt immer mehr zum Roboter ... obwohl hinter der Fassade aus Fähigkeiten und Qualifikationen Personen stecken, die wie Du auch, nur einmal leben. Willst Du dafür verantwortlich sein, dass diese Menschen ein unwürdiges Leben führen, weil Du den maximalen Gewinn erwirtschaften willst?
Du machst die Geschwister, Kinder, Eltern von anderen Menschen kaputt ... nur damit Du im Bentley statt im Mercedes fahren kannst.

Ich find das erbärmlich, wenn jemand so wirtschaften kann und überhaupt in der Lage ist, auszublenden wer da für ihn arbeitet ...

@anonymus88

Das ist eine Gewissensfrage die jeder für sich beantworten muss.
Da aber, wie Du schon schriebst, das Gewissen häufig dem Reichtum im Wege steht kommen diejenigen am weitesten die über Leichen gehen....

Für mich wäre das keine Frage, hätte ich in meiner Branche die Möglichkeit im Ausland fertigen zu lassen würde ich das sofort in Anspruch nehmen... man lebt eben nur einmal und da möchte ich auf nichts verzichten....

Um mal ein Gegenbeispiel zu KiK zu liefern, nenne ich hier mal Liqui Moly mit Ernst Prost an der Spitze und das, mittlerweile schon berühmte Beispiel, Trigema mit Grupp. Prost lässt selbst einfachste Arbeiten in der Produktion von Menschen ausüben, damit er Arbeitsplätze schafft ... ob das nun eine Marketingstrategie ist oder nich, sei dahin gestellt. Fakt ist, dass diese Arbeitsplätze existieren und das Unternehmen ordentlich Gewinn macht. Sogar Sponsoring können sie im großen Rahmen betreiben.

Trigema zahlt keine Billiglöhne, hat sogar eine Ausbildungs- oder Arbeitsplatz-Garantie für die Kinder seiner Arbeitnehmer. Bei Dienstjubiläen lässt sich der Chef höchstpersönlich blicken.

Der Unterschied hierbei ist nur, dass die Beiden ein laufendes Unternehmen mit bestehendem Kundennetzwerk übernommen haben, wobei Trigema damals wohl mit 10 Millionen in der Kreide stand.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Bei so einer Einstellung:

van_Orten schrieb:man lebt eben nur einmal und da möchte ich auf nichts verzichten....

allerdings nicht. Ich frage mich, worauf Du nicht verzichten möchtest? Einen Flug ins All? Ein Batallion an Bugatti Veyrons?
Man muss kein Multimillionär sein, um ein überaus erfülltes Leben zu haben ;) Teilweise scheint ein solcher Reichttum der eigenen Erfüllung sogar im Weg zu stehen.

Letztendlich muss jeder sein eigenes Päckchen tragen ... und jeder Andere hat seine Meinung darüber.

Ich kann van Orten durchaus verstehen. Er ist wie viele andere, ein sehr individualistisches Wesen. Es ist so wie ich bereits auf Seite sieben schrieb:

collectivist schrieb:Der selbstlose kommunistische Mensch muss von der Evolution noch erschaffen werden. Das heißt aber nicht, dass es keine Menschen gibt, die so denken und handeln. Echte Solidarität ist unter Menschen zwar selten, aber es gibt sie.
Die Mehrheit verhält sich instinktiv nun mal sozialdarwinistisch!
Viele wollen für sich persönlich profitieren und das meiste dabei rausholen. Und die meisten Menschen wollen auch nicht gleich sein und so lange diese Denke existiert, wird auch keinen echter Kommunismus herrschen!

Deswegen akzeptiere ich seine Lebensweise und Meinung, auch wenn ich sie nicht teile. Ich nenne mich nicht aus Jux Kollektivist! Ich fühle mit den Armen und Hungrigen, mit den Resignierten und Hoffnungslosen. Jedem das seine, wie ich meine.
Ich bin nicht totalitär, wie einige Stalinisten, die van Orten am liebsten radikal enteignen würden, NEIN, ich appeliere an seine Vernunft und an die Vernunft anderer.

@collectivist

Das hast Du gut erkannt, ich bin der typisch westliche Kapitalist, der nur seinen Vorteil sieht ;)

@van_Orten
Eben, und das ist auch dein gutes Recht! Zumindest solange es noch den Kapitalismus gibt! Nur bin ich mir nicht im Klaren darüber, was mit euch geschehen wird, sollte es irgendwann mal eine Revolution geben?!
Aber genieße dein Leben solange diese Möglichkeit besteht, ich will dir nichts rauben und wegnehmen, du bist für mich ohnehin kein Plutokrat. Du wirst von diesem System genauso benutzt wie wir alle.

Ich arbeite bei Kik und muß sagen, das das, was in den Reportagen gezeigt wird, auch tatsächlich so ist.
Ich bin in Teilzeit angestellt für "7,50 brutto die Stunde", und mußte von Anfang an, die gleichen Aufgaben erledigen wie ein Festangestellter. Man steht zum Teil stundenlang alleine in der Filiale, muß die Ware abpacken die sich im hinteren Teil der Filiale befindet und muß ständig zwischen Ware und Kasse hin und herlaufen. Gerade gestern hatte ich wieder eine Schicht von 9-20 Uhr, war alleine in der Filiale und am Ware abpacken. Bereits um halb 11 war ich total fertig, durchgeschwitzt und hatte absolut keine Kraft und keinen Bock mehr. Und dann kommen noch Kunden und schnautzen einen an weil man nicht schnell genug an der Kasse ist. Bei sowas dann noch freundlich zu bleiben, kann wirklich niemand von einem verlangen.
Den Oberen in der Kik Zentrale Bönen ist warscheinlich auch den ganzen Tag langweilig, denn ständig denken die sich wieder neue Sachen aus um uns noch mit zusätzlicher unnützer Arbeit zu versorgen. Nahezu jeden Tag kommen sogenannte "Kasseninfos" auf denen dann Dinge stehen wie z.B. "Bitte zählen sie alle Herrensocken" oder auch immer wieder gerne "Räumen sie Tisch A in den hinteren Bereich der Filiale" um diesen Tisch A dann 2 Tage später laut Kasseninfo wieder in den vorderen Bereich der Filiale zu stellen! Die da oben glauben anscheinend das wir sonst den ganzen Tag nichts zu tun hätten.
Ein großes Problem bei Kik ist auch das Mobbing, welches hauptsächlich von der Teamleitung ausgeht. Da werden Intrigen gesponnen, die Arbeitsqualität wird bemängelt, egal was man macht und wie sehr man sich den Arsch aufreißt...man kann es den Leuten nicht Recht machen.
Ein weiteres großes Problem bei Kik ist auch das mehrfach in der Woche die Schichtpläne geändert werden, so das man nichts mehr planen kann. Termine z.B. beim Arzt o.a. braucht man gar nicht machen, denn meist muß man auch an eigentlich freien Tagen zur Arbeit kommen, weil mal wieder einer krank macht.
Die Abrechnung müssen wir auch alleine machen, für jeden Furz muß man irgentwelche Belege unterschreiben, die zum Monatsende sowieso in der Tonne landen, fehlt mal auf irgenteinem Zettel die Unterschrift z.B. für die Kontrolle ob die Kleiderständer vor der Filiale auch gerade und in einer Linie stehen, dann hat man sofort ein Gespräch mit der Teamleitung oder noch krasser mit dem BZL (Bezirksleiter) !
Auch gibt es bei Kik die sogenannten Früh und Spätkontrollen, wo sich der BZL vor der Filiale versteckt und die Mitarbeiter z.B. nach Feierabend abfängt und durchsucht, wie einer vom Zoll! Fehlt bloß noch die Knarre im Anschlag!
Man muß den BZL dann zurück in die Filiale begleiten, wo dann der Spint durchsucht, die Kasse und die Ordner kontrolliert werden ob alle Unterschriften gemacht wurden etc, dann wird der Tresor inspiziert u.s.w.!

Und für alle die der Meinung sind, das Kik Mitarbeiter die sich beschwerer selbst Schuld sind wenn sie da nicht kündigen...
Man nimmt diese ganze Scheiße auf sich weil man einfach Angst vor der Arbeitslosigkeit und den Schikanen der Arbeitsagentur hat, die dann erstmal 3 Monate nicht zahlen wenn man selbst kündigt. Und dann schicken sie einem Bewerbungsangebote die sich am anderen Ende von Deutschland befinden wo man noch gezwungen wäre sich einen zweiten Wohnsitz zu zulegen trotz Familie u.s.w. ! Weigert man sich, folgen sofort "Sanktionen" in Form von Leistungen die gestrichen werden. Das einzig Gute bei Kik ist, das der Lohn pünktlich auf dem Konto ist!

Kc schrieb am 06.09.2011:Solange die Masse der Leute einfach nur selbstgefällig und stumpf auf den Preis schaut, bleibt bei Unternehmen wie Kik alles, wie es ist.

Und warum schaut die Masse einfach stumpf auf den Preis ? @Kc

Weil es "der Masse" der Menschen auch anderswo sinngemäß genauso geht,
wie @Blackswan4279 bei KIK.

Auch in Profitcenterstrukturen großer Konzerne,
beileibe nicht mit Discountern zu vergleichen,
geht es sinngemäß genauso zu !

Auf was, als auf den Preis zu schauen, bleibt denn "der Masse" ?
Wo soll denn das Geld herkommen ?

Ich weis es, aber das ist Tabu, weil schon versteuert.

Dass wir Nichtvermögenden Alles was wir kaufen, von unserem ebenfalls schon versteuerten Einkommen bezahlen und nochmals mit der Mehrwertsteuer versteuern
braucht ja niemand zu wissen.

@eckhart

Naja, weisst du, ich finde:

Wenn ich eine neue Hose brauche, beispielsweise und das Geld nicht sofort habe, dann muss ich eben dafür sparen.
Oder die alte Hose nähen.

Und wenn ich nicht so häufig neue Klamotten kaufen kann oder will, muss ich mit meinen vorhandenen Sachen pfleglich umgehen. Spontan kann ich jetzt gar nicht sagen, wann ich mir das letzte Mal neue Klamotten gekauft hab. Ich passe auf, dass ich mich nicht einsaue oder die Sachen kaputt mache, wenn das Nähen Sinn macht, nähe ich, die Kleidung wird gewaschen...

Obwohl das keine tollen, teuren Designersachen sind, reicht es, um sauber und anständig auszusehen.


Es ist, meiner Meinung nach, falsch, sich zu sagen:,,Ich will jetzt unbedingt eine neue Hose. Oh, geil, da gibt es eine Jeans für 10€! Die kauf ich mir!" - und keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass eine vernünftige Jeans eigentlich gar nicht so billig sein kann.

Sondern da irgend ein Haken dran sein muss, zum Beispiel miese Arbeitsbedingungen in der Firma kik oder in der Produktion in irgendeinem Land.


Sowas möchte ich nicht unterstützen. Deshalb kaufe ich aus Prinzip nicht bei Kik und ebensowenig kaufe ich in meinen Augen überteuerte Markenartikel.
Es ist meine Entscheidung als Kunde, was ich nehme und was nicht.


Nein, ich denke tatsächlich, dass man nicht nur nach der ,,Geiz ist geil" bzw. ,,Geiz ist notwendig" - Maxime vorgehen und denken sollte.

Vielmehr bin ich dafür, dem Stichwort ,,Wertschätzung" wieder mehr Bedeutung zu verleihen.

Die allgemeine Wertschätzung der Menschen untereinander sowie für ihre Tätigkeiten sollte deutlich gefördert werden, dann gibt es auch wieder vernünftigere Gehälter und Preise.

Solange man sich nur rein dafür interessiert, möglichst viel für sein Geld oder seine Produkte und Dienstleistungen zu bekommen, also nur den Gewinn und Profit im Sinn hat, schädigt dies die Gesellschaft und hindert sie an positiven Verhältnissen.

Es wird überall gespart, aber man kann sich auch "todsparen". So wird bei Kik z.B. im Sommer die Klimaanlage nicht eingeschaltet, so das man in einer völlig überhitzten Filiale stehen muß. Alle Kollegen und auch ich hatten schlimme Kreislaufprobleme deswegen und auch Kunden hatten keine Lust, sich länger als nötig in der Filiale aufzuhalten.
Im Winter gibt es keine Heizung, das man gezwungen ist mit dickem Pullover und Weste/Jacke zu arbeiten. Auch am Geld und Werttransport wird gespart. Wir Kik Mitarbeiter müssen mit unseren Privatfahrzeugen das Geld zur Bank fahren. Welchem Risiko wir dabei ausgesetzt sind, ist den Kik Bossen scheißegal!

Kc schrieb:Sowas möchte ich nicht unterstützen. Deshalb kaufe ich aus Prinzip nicht bei Kik und ebensowenig kaufe ich in meinen Augen überteuerte Markenartikel.
Es ist meine Entscheidung als Kunde, was ich nehme und was nicht.

Das ist vorbildlich.
Alleinstehende haben eigentlich kaum Ausreden, dem nicht zu folgen.
Anders sieht es bei Familien aus.
Die sind nicht so leicht unter den Vernunfthut zu bringen.
Besonders wenn auf den Kindern Markenzwänge mit Mobbing-Androhung lasten.
Das ist eine tägliche Zerreissprobe für Familien.

Und hier gilt KIK wahrlich nicht als erste Adresse.
Das gilt schon fast als untragbarer Kompromiss.

naja,gerade wenn man eine Familie hat...sollte man darauf achten was man wo kauft!!!
Wer bei KIK kauft vergiftet sich...die Färbemittel,alle aus China, und schreien zu Himmel!!!

@Blackswan4279

Könnte man das nicht mal gemeinsam und in einer großen Aktion öffentlich machen?

Man muss sich doch fragen:
Ist dieser schlecht bezahlte, sehr anstrengende Job unter miesen Bedingungen es wirklich wert, dass ich still halte?

planetx schrieb:Wer bei KIK kauft vergiftet sich...die Färbemittel,alle aus China, und schreien zu Himmel!!!

Das ist Einem der Aufstocker beschäftigt, egal.
Der vergiftet seine Arbeiter aus Kostengründen auch gleich mal selbst ...

Kc schrieb:Könnte man das nicht mal gemeinsam und in einer großen Aktion öffentlich machen?

Alle Einzelfälle einzeln ?
Das sind doch nur Einzelfälle,
was damit bewiesen wäre.

Die Serienselbstmorde bei France Telecom waren doch auch nur Einzelfälle.

@eckhart

Naja ich würde mal behaupten: Wenn es tatsächlich so schlechte Arbeitsbedingungen allgemein in der Firma gibt - nicht nur in einer Filiale oder bei einem Mitarbeiter - dann kann man nicht mehr von der Existenz von Einzelfällen sprechen.

Es würde also prinzipiell genügend Beweise dafür geben, dass zum Beispiel sehr geringe Bezahlung und extreme Arbeitsbelastung Standard in diesem Unternehmen sind.

Da muss doch eine gemeinsame Aktion mit Veröffentlichung der entsprechenden Beweise im Grunde machbar sein.

Das einzige, was dazu notwendig ist, ist die Bereitschaft der Mitarbeiter, auf Konfrontation zu gehen.
Und zu sagen:

,,Wir lassen uns das nicht bieten. Lieber kein Job, als unter diesen Bedingungen weiterarbeiten!"