Militärische Intervention in Libyen!
31.03.2011 um 15:40Eine Einführung, die ich schon woanders postete:
Man muß ein mal auf den Kern dessen blicken, was die Gegensätze in dieser Frage antreibt, die Person Gaddafis und Legenden zu seinem Umgang mit Gewalt.
Für viele ist Gaddafi in erster Linie ein Diktator, und damit von Haus aus tauglich, nahezu alle Stereotypen des ungebremsten Gewaltmißbrauchs zu erfüllen. Daraus folgern die meisten, daß die Idee von Freiheit und Gaddafis Rolle in Libyen miteinander konkurieren und einen Gegensatz darstellen.
Schlagworte wie Lockerbie und das La Belle wurden zum Inbegriff rücksichtsloser terroristischer Gewaltanwendung und rufen das moralische Urteil auf einen Mann herab, der als jemand gesehen wird, dem es Recht ist, nach Belieben zu morden.
So fällt es dann leicht, aus bloßen Überschriften von Artikeln kritiklos zu übernehmen, Gaddafi habe die Armee angewiesen, mit brachialer Gewalt gegen Demonstranten vorzugehen und dabei sogar die Luftwaffe gegen Unbewaffnete einsetzen lassen. Soweit das Bild, aus dem für viele Unverständnis dafür erwächst, daß ich diesen Mann uneingeschränkt verteidige.
Um dieses Bild zu überprüfen, muss man die Geschichte Libyens und der Konflikte mit europäischen Mächten, Ägypten, Israel und den USA betrachten.
Gaddafi hat als Offizier den Panarabismus Nassers kennen und schätzen gelernt. Während der instabilsten Phase der libyschen Geschichte am Ende der 60er unternahm er ähnlich Castro auf Kuba mit einer kleinen Anzahl von Offizieren einen Handstreich, und setzte den damaligen König Idris ab, um nach kubanischem Vorbild ausländische Wirtschafts- und Militärinteressen zurückzudrängen, und das Land grundlegend zu reformieren.
Anstelle eines nationalen Staatsgebildes sollte ein Verbund nordafrikanischer Regionen treten, die sich regionalpolitisch selbst verwalten und gemeinsame Interessen einer föderalen Struktur übertragen. Gaddafi glaubte, die Nachbarländer Algerien, Tunesien und Ägypten in einen solchen nordafrikanschen Bund integrieren zu können. Diese Idee scheiterte.
Zwischen 1969 und 1973 verwendete er die Einnahmen aus dem Ölexport, um Libyen weit genug aufrüsten zu können, die alleinige Kontrolle über die Ölfelder zu proklamieren und erklärte im Anschluss die Goße Syrte zu libyschem Hoheitsgebiet, die bis dahin als internationales Gewässer galt.
Gaddafi hat von diesem Schritt an keinen Zweifel gelassen, daß er es im Konfliktfall darauf ankommen liesse. Ab Ende der 70er kam es wiederholt zu militärischen Zwischenfällen, die zur Versenkung libyscher Marineeinheiten und zum Abschuss libyscher Kampfjets über der Großen Syrte führten. Dennoch gelang es Gaddafi, die Kontrolle über das libysche Öl zu wahren.
Die erste terroristische Eskalation bestand im Abschuss der Libyen Arab Airlines 114 durch die IDF 1973. Damit kann die Aussenseiterrolle des Sonderlings Gaddafi und seines "Dritten Weges" nicht als Folge erst sehr viel später stattfindender Ereignisse angesehen werden. Lockerbie und das La Belle waren vielmehr Zwischenstationen auf einem langen Weg, der mit den Verstaatlichungen und der Proklamation libyscher Hoheitsrechte über die Große Syrte seinen Anfang nahm. Es ist müßig alle Anschläge und Gegenanschläge, Provokationen und Reaktionen beider Seiten aufzulisten.
Feststellen kann man aber, daß der Dritte Weg Gaddafis, die Verstaatlichungen und die Große Syrte ein Gesamtpaket bilden, das mit der Person Gaddafis steht und fällt. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar, und die Rolle Gaddafis als alleiniger Inhaber der Befehlsgewalt über das libysche Militär ist die Grundvoraussetzung für einen Umgang mit der Ressource Gewalt, ohne den diese Verfügungen nicht aufrechterhalten blieben. Eine Kontinuität der Spannungslage im Sinne eines wehrhaften Libyen, ist unter einer anderen Art der politischen Führung nicht vorstellbar.
Gaddafi hat sich im Umgang mit dieser Macht selbst zum Kampfhund seines Landes gemacht, dessen Rolle die Verteidigung einer Ordnungsvorstellung ist, die den Lebensnerv fast aller Freiheiten der libyschen Bevölkerung darstellt.
Was ausserhalb Libyens sichtbar wird, ist das Abschreckungspotential eines Landes, dessen Interessen gefährdet sind und von niemandem sonst gewahrt werden. Dieses Potential ist nicht der Rollenaspekt eines nach innen gewaltorientierten Potentaten wie Hussein, der die panarabischen und sozialistischen Ideen der Baath-Partei nicht begründete sondern okkupierte, als er sich mit einem Putsch an die Spitze der Partei setzte, die er seitdem mit Gewalt dominierte, weil sie ihn sonst nicht geduldet hätte.
Gaddafis Rolle ist eine andere. Er ist der Gründer und Ideengeber seiner ganz eigenen Bewegung, und schuf in einem rückständigen Land, das unter Idris verwahrloste, und zum Verwirklichungsraum für fremde Interessen zu werden drohte, ein sich selbst erhaltendes System, das ausserhalb des Bereichs der Verteidigung nach aussen und jener der Revolutionsideen in den Händen demokratischer Strukturen liegt. Die nationale Ausrichtung Libyens ist keine von Gaddafi angestrebte Form eines libyschen Nationalismus, sondern der von ihm bewahrte bisher einzige Verwirklichungsraum einer internationalistischen Idee, die er nach wie vor uneingeschränkt vertritt.
Der Versuch seiner Beseitigung zum jetzigen Zeitpunkt ist kein Zufall. Mit dem Sturz der Diktaturen ringsum könnte sich Libyens Dritter Weg auch in den Nachbarländern durchsetzen. Gaddafis Traum einer nordafrikanischen Union der Regionen könnte sonst schneller Wirklichkeit werden als manchen lieb ist.
Der Krieg gegen Libyen ist vor allem ein Krieg gegen diese Idee, der geführt wird, um ein geeintes Nordafrika abzuwenden, das innerhalb weniger Jahre von Marokko bis zum Sudan reichen könnte, und als Wirtschafts- wie auch Machtfaktor so machen Interessen im Wege stünde.
Man muß ein mal auf den Kern dessen blicken, was die Gegensätze in dieser Frage antreibt, die Person Gaddafis und Legenden zu seinem Umgang mit Gewalt.
Für viele ist Gaddafi in erster Linie ein Diktator, und damit von Haus aus tauglich, nahezu alle Stereotypen des ungebremsten Gewaltmißbrauchs zu erfüllen. Daraus folgern die meisten, daß die Idee von Freiheit und Gaddafis Rolle in Libyen miteinander konkurieren und einen Gegensatz darstellen.
Schlagworte wie Lockerbie und das La Belle wurden zum Inbegriff rücksichtsloser terroristischer Gewaltanwendung und rufen das moralische Urteil auf einen Mann herab, der als jemand gesehen wird, dem es Recht ist, nach Belieben zu morden.
So fällt es dann leicht, aus bloßen Überschriften von Artikeln kritiklos zu übernehmen, Gaddafi habe die Armee angewiesen, mit brachialer Gewalt gegen Demonstranten vorzugehen und dabei sogar die Luftwaffe gegen Unbewaffnete einsetzen lassen. Soweit das Bild, aus dem für viele Unverständnis dafür erwächst, daß ich diesen Mann uneingeschränkt verteidige.
Um dieses Bild zu überprüfen, muss man die Geschichte Libyens und der Konflikte mit europäischen Mächten, Ägypten, Israel und den USA betrachten.
Gaddafi hat als Offizier den Panarabismus Nassers kennen und schätzen gelernt. Während der instabilsten Phase der libyschen Geschichte am Ende der 60er unternahm er ähnlich Castro auf Kuba mit einer kleinen Anzahl von Offizieren einen Handstreich, und setzte den damaligen König Idris ab, um nach kubanischem Vorbild ausländische Wirtschafts- und Militärinteressen zurückzudrängen, und das Land grundlegend zu reformieren.
Anstelle eines nationalen Staatsgebildes sollte ein Verbund nordafrikanischer Regionen treten, die sich regionalpolitisch selbst verwalten und gemeinsame Interessen einer föderalen Struktur übertragen. Gaddafi glaubte, die Nachbarländer Algerien, Tunesien und Ägypten in einen solchen nordafrikanschen Bund integrieren zu können. Diese Idee scheiterte.
Zwischen 1969 und 1973 verwendete er die Einnahmen aus dem Ölexport, um Libyen weit genug aufrüsten zu können, die alleinige Kontrolle über die Ölfelder zu proklamieren und erklärte im Anschluss die Goße Syrte zu libyschem Hoheitsgebiet, die bis dahin als internationales Gewässer galt.
Gaddafi hat von diesem Schritt an keinen Zweifel gelassen, daß er es im Konfliktfall darauf ankommen liesse. Ab Ende der 70er kam es wiederholt zu militärischen Zwischenfällen, die zur Versenkung libyscher Marineeinheiten und zum Abschuss libyscher Kampfjets über der Großen Syrte führten. Dennoch gelang es Gaddafi, die Kontrolle über das libysche Öl zu wahren.
Die erste terroristische Eskalation bestand im Abschuss der Libyen Arab Airlines 114 durch die IDF 1973. Damit kann die Aussenseiterrolle des Sonderlings Gaddafi und seines "Dritten Weges" nicht als Folge erst sehr viel später stattfindender Ereignisse angesehen werden. Lockerbie und das La Belle waren vielmehr Zwischenstationen auf einem langen Weg, der mit den Verstaatlichungen und der Proklamation libyscher Hoheitsrechte über die Große Syrte seinen Anfang nahm. Es ist müßig alle Anschläge und Gegenanschläge, Provokationen und Reaktionen beider Seiten aufzulisten.
Feststellen kann man aber, daß der Dritte Weg Gaddafis, die Verstaatlichungen und die Große Syrte ein Gesamtpaket bilden, das mit der Person Gaddafis steht und fällt. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar, und die Rolle Gaddafis als alleiniger Inhaber der Befehlsgewalt über das libysche Militär ist die Grundvoraussetzung für einen Umgang mit der Ressource Gewalt, ohne den diese Verfügungen nicht aufrechterhalten blieben. Eine Kontinuität der Spannungslage im Sinne eines wehrhaften Libyen, ist unter einer anderen Art der politischen Führung nicht vorstellbar.
Gaddafi hat sich im Umgang mit dieser Macht selbst zum Kampfhund seines Landes gemacht, dessen Rolle die Verteidigung einer Ordnungsvorstellung ist, die den Lebensnerv fast aller Freiheiten der libyschen Bevölkerung darstellt.
Was ausserhalb Libyens sichtbar wird, ist das Abschreckungspotential eines Landes, dessen Interessen gefährdet sind und von niemandem sonst gewahrt werden. Dieses Potential ist nicht der Rollenaspekt eines nach innen gewaltorientierten Potentaten wie Hussein, der die panarabischen und sozialistischen Ideen der Baath-Partei nicht begründete sondern okkupierte, als er sich mit einem Putsch an die Spitze der Partei setzte, die er seitdem mit Gewalt dominierte, weil sie ihn sonst nicht geduldet hätte.
Gaddafis Rolle ist eine andere. Er ist der Gründer und Ideengeber seiner ganz eigenen Bewegung, und schuf in einem rückständigen Land, das unter Idris verwahrloste, und zum Verwirklichungsraum für fremde Interessen zu werden drohte, ein sich selbst erhaltendes System, das ausserhalb des Bereichs der Verteidigung nach aussen und jener der Revolutionsideen in den Händen demokratischer Strukturen liegt. Die nationale Ausrichtung Libyens ist keine von Gaddafi angestrebte Form eines libyschen Nationalismus, sondern der von ihm bewahrte bisher einzige Verwirklichungsraum einer internationalistischen Idee, die er nach wie vor uneingeschränkt vertritt.
Der Versuch seiner Beseitigung zum jetzigen Zeitpunkt ist kein Zufall. Mit dem Sturz der Diktaturen ringsum könnte sich Libyens Dritter Weg auch in den Nachbarländern durchsetzen. Gaddafis Traum einer nordafrikanischen Union der Regionen könnte sonst schneller Wirklichkeit werden als manchen lieb ist.
Der Krieg gegen Libyen ist vor allem ein Krieg gegen diese Idee, der geführt wird, um ein geeintes Nordafrika abzuwenden, das innerhalb weniger Jahre von Marokko bis zum Sudan reichen könnte, und als Wirtschafts- wie auch Machtfaktor so machen Interessen im Wege stünde.