@Hanika @25h.nox @andreasko @suspect.1 @xXClubberXx @Glünggi @libertarian @krijgsdans @BEHINDtheSUN @greenkeeper @eckhart Interessantes Interview zum Thema, wie es in der Schulden-/Eurokrise weiter gehen könnte/wird:
„Portugal fällt auf jeden Fall“
07.04.2012 · Die amerikanische Ratingagentur Egan-Jones steht im Schatten der drei großen Konkurrenten Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch. Im Interview spricht Agentur-Chef Sean Egan über die nächsten Pleiten, eine zweite Umschuldung für Athen und seinen Wettstreit mit Moody’s & Co.
Herr Egan, geben Sie es zu: Sie mögen Europa nicht.
Wie kommen Sie denn darauf? Ich kann zwar meist nicht lange bleiben, aber besonders der Frühling in Europa gefällt mir sehr.
Mit Europas Regierungen gehen Sie weniger zahm um. Ihre Ratingagentur hat sogar die Kreditwürdigkeit Deutschlands herabgestuft. Warum so streng?
Sie glauben doch nicht, dass Deutschland davonkommen wird. Welcher Staat hat denn als einziger in Europa noch die Kraft, für die Verluste Südeuropas einzustehen? Es sind die deutschen Steuerzahler, die am Ende draufzahlen müssen, da bin ich mir sicher. Und bei einer solchen Belastung kann Deutschland unmöglich seine Bestnote behalten.
Übertreiben Sie da nicht? An den Märkten herrscht doch Ruhe, seit die Europäische Zentralbank die Banken zu Niedrigzinsen mit Krediten versorgt.
Zugestanden: Diese massive Kapitalspritze der Europäischen Zentralbank hat die Marktteilnehmer kurzfristig besänftigt, die Anleihezinsen in vielen Problemstaaten sinken. Aber was wir zurzeit erleben, ist eine äußerst trügerische Ruhe. Die EZB hat den Kollaps des Systems nur herausgezögert, verhindern kann sie ihn nicht. Vergessen Sie nicht: Kapitalspritzen lassen sich nicht ewig verabreichen, Schulden nicht einfach so wegzaubern - am Ende muss immer jemand die Verluste tragen.
Sie rechnen also mit weiteren Staatspleiten im Euroraum? Bislang haben die Regierungschefs dies doch immer ausgeschlossen.
Schauen Sie sich den Verlauf der Euro-Krise an: Die Regierungschefs haben schon so vieles ausgeschlossen - und am Ende ist es immer genau dazu gekommen. So war es bei der Umschuldung Griechenlands, so wird es auch bei anderen angeschlagenen Eurostaaten sein. Das Drama steuert erst noch auf seinen Höhepunkt zu. Portugal trifft es auf jeden Fall, daran habe ich keinen Zweifel. Wenn die Wirtschaft eines Landes so stark schrumpft und gleichzeitig die Zinskosten für Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit bei rund zehn Prozent liegen, ist eines klar: Das ist ein unhaltbarer Zustand.
Auch Spanien musste in der vergangenen Woche wieder höhere Zinsen für seine Anleihen bieten.
Dies zeigt, wie kurzfristig der Effekt der EZB-Maßnahmen ist. Am Grundproblem hat sich dadurch nämlich nichts geändert: In Spanien fehlt es an Wachstum, das Gleiche gilt für Italien. Wenn die Euro-Krise nur ein wenig wieder aufflammt, geraten beide Länder unausweichlich in dieselbe Lage wie Portugal. Und noch ein Wort zu Griechenland: Die aktuelle griechische Umschuldung war mit großer Sicherheit nicht die letzte.
Meinen Sie das ernst? Die Gläubiger mussten doch gerade auf den Großteil ihres Geldes verzichten.
Verzeihen Sie den Vergleich, aber bei der Lage in Griechenland muss ich immer an die Bibel denken. Gott offenbart sich dort auch erst nach und nach: Im Alten Testament weiß man noch recht wenig über ihn, erst im Neuen Testament wird das Bild klarer. Ein wenig erinnert das an Griechenland. Erst nach und nach beginnt die Finanzwelt, die dortige Situation wirklich zu durchschauen. Die unangenehme Wahrheit ist: Trotz der vielen Hilfspakete wird Griechenland weiter auf einem Schuldenberg sitzenbleiben, den es langfristig nicht bedienen kann. Auch wenn ich nicht sofort damit rechne: Da hilft nur ein weiterer Schuldenschnitt. Am Ende werden Investoren bis zu 95 Prozent Verlust hinnehmen müssen, fürchte ich.
Was macht Sie so sicher, dass Sie recht haben?
Es mag arrogant klingen: Aber wir liegen mit unseren Einschätzungen meistens richtig. Seit 2001 vergleichen wir uns systematisch mit den Marktführern Standard &Poor’s und Moody’s. Ergebnis: Wir sind schneller und besser. In 95 Prozent der Fälle sind die Großen uns hinterhergelaufen. Sie haben genau die Ratingaktionen nachgeahmt, die wir schon längst vorgenommen hatten.
In Amerika schaffen Sie es mit so viel Selbstbewusstsein oft in die Börsenberichte auf CNBC. Müssen Sie so laut tönen, weil Sie am Markt sonst kein Gehör finden?
Das haben wir nicht nötig. Natürlich hat sich bei unserer Gründung im Jahr 1995 niemand um unsere Meinung geschert. Das ist mittlerweile anders: Wir werden gehört, weil wir in all den Jahren bewiesen haben, dass wir besser sind.
Sie sagen, Sie seien besser. Sie haben aber nur 15 Analysten. Zu wenig Personal, um den Großen Konkurrenz zu machen, oder?
Ganz und gar nicht. Um etwas zu durchschauen, braucht man doch nicht unbedingt viele Leute. Denken Sie nur an Warren Buffett, einen der erfolgreichsten amerikanischen Investoren. Der hat kaum Personal - und trotzdem ein Gespür für die richtigen Aktien.
Wenn Sie die Zahlungsfähigkeit eines Landes bewerten, werden Sie sich hoffentlich nicht nur auf Ihr Gespür verlassen.
Unser Vorgehen ist immer das gleiche. Vereinfacht gesagt, schauen wir uns zuerst den Schuldenstand eines Landes im Vergleich zur Wirtschaftsleistung an. Darauf überlegen wir, welche Zinskosten sich ein Staat für neue Anleihen maximal leisten kann. Daran schließt sich eine dritte Frage an: Hat das Land noch Möglichkeiten, seine Steuereinnahmen deutlich zu steigern oder Leistungen zu kürzen? Dann fällen wir unser Urteil.
Das dürfte sich kaum von der Herangehensweise Ihrer Konkurrenten unterscheiden.
Mag sein. Der entscheidende Unterschied liegt in der Tat woanders. Die großen Agenturen lassen sich von den Emittenten der Anleihen bezahlen - also von Staaten und Unternehmen. Darum haben unsere Konkurrenten einen Anreiz, schlechte Ratingurteile zu verzögern. Wer will es sich schon mit seinen Kunden verscherzen? Auch wenn die Schuldenkrise dazu geführt hat, dass die Großen strenger urteilen müssen als früher: das ist ein Interessenkonflikt, der nicht auflösbar ist. Darum lassen wir uns von den Investoren bezahlen.
Aber Investoren könnten doch genauso ein Interesse an guten Ratingnoten für die Anleihen in ihrem Portfolio haben.
Das ist nicht auszuschließen. Aber wir wissen gar nicht, was unsere Kunden im Depot haben. Und selbst wenn wir es wüssten: Da gibt es sicherlich Kunden mit völlig entgegengesetzten Positionen und Wetten. Wie sollten wir uns da entscheiden?
Bei so viel Kritik: Reden die Mitarbeiter anderer Agenturen überhaupt noch mit Ihnen?
Wenig. Manchmal meldet sich jemand und fragt nach einem Job
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/ratingagentur-egan-jones-portugal-faellt-auf-jeden-fall-11711114.html