jumpstyle schrieb:ch halte zwar das Buch von Udo Ulfkotte für übertrieben, aber in manchen Sachen hat er recht das ist nackte kalte Realität
Und in den Sachen, wo Ulfkotte nicht recht hat, hat vielleicht Meinhard Miegel mit seinem Buch "Epochenwende Gewinnt der Westen die Zukunft?" einige ernst zunehmende Fakten zusammengetragen ?
Der Begriff "Unruhe" ist im Threadthema viel zu eng gefasst.
Der "Wandel" wird nicht vom "Westen" und erst recht nicht von Europa und schon gar nicht von Deutschland ausgehen, aber alle erreichen und niemanden verschonen:
Zitat eines Vortrages im SWR:
... Gemessen an ihrer Wertschöpfung, an ihrem Zugang zu Wissen und Kapital ist die Menschheit oder genauer sind große Teile der Menschheit heute gleicher als jemals zuvor. Nur in einem unterscheiden sie sich nach wie vor beträchtlich: in ihrem materiellen Lebensstandard.
Männer und Frauen, die im Morgengrauen zu Fuß losziehen, um in einer weit entfernten Fabrik beispielsweise Hubschrauber von erlesener Qualität zu bauen, kehren abends heim in Quartiere, die in den frühindustrialisierten Ländern noch nicht einmal als Notunterkünfte akzeptiert würden. Ein Wasserhahn für vier Familien, ein WC, kein Stromanschluss. Sie erhalten nach einem harten Tagewerk einen Lohn, der nicht selten weit unterhalb dessen liegt, was in den frühindustrialisierten Ländern Menschen als gegenleistungsfreies Transfereinkommen gewährt wird.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?
In den Ohren der Erwerbsbevölkerungen aufsteigender Länder klingt dies wie Hohn. Sie arbeiten für einen geringen Teil dessen, was in den frühindustrialisierten Ländern üblich ist - ohne schlechter zu arbeiten.
Ja, es gibt eine Umverteilung von unten nach oben. Aber diese Umverteilung findet weniger innerhalb der frühindustrialisierten Länder statt, auch wenn sie dort ständig thematisiert wird.
Viel gewaltiger sind die Umverteilungsströme, die von den aufsteigenden in die frühindustrialisierten Länder fließen. Ein konkretes Beispiel, gegriffen aus der derzeitigen Unternehmenswirklichkeit, mag dies verdeutlichen:
Ein deutsches Unternehmen betreibt drei Betriebsstätten, die weitgehend gleich ausgestattet sind und in denen das Gleiche hergestellt wird: eine in Deutschland, eine in Ungarn und eine in China. Der deutsche Arbeitnehmer erhält für seine Leistung 40.000 Euro im Jahr, der ungarische 6.000 und der chinesische 1.200 - wohlgemerkt im Jahr. Die Produkte aller drei Betriebsstätten werden unter dem gleichen Namen und zum gleichen Preis weltweit vertrieben, wobei Gewinne nur in Ungarn und China gemacht werden.
Der deutsche Betrieb wird mitgeschleppt. Aber für wie lange noch?
Gewiss sind solche Konstellationen noch nicht die Regel. Aber sie werden häufiger. Würden sich Arbeitnehmer in Mittel- und Osteuropa oder in Asien nicht bescheiden, würden ihre Kollegen in Deutschland, Frankreich oder den USA häufig nicht so komfortabel leben können, wie sie leben
. Die im weltweiten Vergleich Wohlhabenden leben auf Kosten der Armen, wobei die Armen in den frühindustrialisierten Ländern zu den Wohlhabenden zählen, nämlich zum wohlhabendsten Siebentel der Menschheit.
Sechs Siebentel der Menschheit sind materiell bedürftiger als die wirtschaftlich Schwächsten hierzulande.
Die Kundigeren in den frühindustrialisierten Ländern sehen diese Ungereimtheiten und mahnen deshalb ihre Landsleute, sie müssten um so viel besser sein als sie teurer sind. Aber diese Mahnung ist folgenlos und sie muss es auch sein.
Denn wie sollen deutsche Arbeiter, die an den gleichen Maschinen arbeiten wie ihre ungarischen oder chinesischen Kollegen, sechs bzw. dreißig Mal so gut sein wie diese? Oder wie soll ein Busfahrer in Düsseldorf ein Vielfaches eines Busfahrers in Kiew oder Shanghai leisten? Oder ein Lehrer, ein Bademeister, ein Fliesenleger?
Wenn die einen einen um so viel höheren Lebensstandard genießen als die anderen, dann ist das nur zum geringsten Teil auf unterschiedliches Geschick und Können zurückzuführen.
Weitaus bedeutsamer ist das Glück der einen und das Unglück der anderen, unterschiedliche Erbschaften angetreten zu haben.
Die Menschen in den frühindustrialisierten Ländern sind hoch privilegiert. Die anderen haben das Nachsehen.
Doch dass das nicht so bleibt, ist inzwischen offenkundig. Viele der bisherigen Habenichtse schauen nicht länger tatenlos zu, wenn es sich die Völker der frühindustrialisierten Länder wohl sein lassen.
Sie fangen an, diese zu bedrängen. Kriege, Terror, Drogen oder Plagiate sind dabei nur eine und keineswegs die wichtigste Form dieses Bedrängens.
Viel bedeutsamer ist der lautlose Aufstieg von immer mehr Volkswirtschaften zu formidablen Wettbewerbern.
Das neue an diesem Wettbewerb ist, dass durch ihn die bisherigen Gesetze der Arbeitsteilung außer Kraft gesetzt worden sind.
Bisher lautete die Grundfrage arbeitsteiligen Wirtschaftens: Was kannst du besser und was kann ich besser und was lohnt es am Ende des Tages - für uns beide wohlstandssteigernd - auszutauschen? Diese Frage verliert zunehmend an Bedeutung.
Da alle Beteiligten immer mehr gleich gut können, hat sich eine andere Frage in den Vordergrund gedrängt. Sie lautet:
Wer von uns kann das Gleiche billiger?
Und da haben die Erwerbsbevölkerungen der frühindustrialisierten Länder häufig das Nachsehen.
Noch beruhigen sie sich mit dem Gedanken, dass auch die Erwerbsbevölkerungen der aufsteigenden Länder nicht mit dem einen Wasserhahn und dem einen WC für vier Haushalte für alle Zeiten vorlieb nehmen und schon bald höhere Löhne sowie Sozial- und Umweltstandards einfordern werden. Dieser Gedanke ist einsichtig.
Nur gilt es dreierlei zu bedenken: Sollten die Löhne beispielsweise chinesischer Arbeiter viermal verdoppelt werden - und das kann dauern! -, dann wären diese Arbeiter noch immer nur halb so teuer wie deutsche Arbeiter, die von Stund an keine realen Lohnerhöhungen mehr erhalten.
Hinzu kommt zweitens, dass mit der Verbesserung der Lebensbedingungen in den aufsteigenden Ländern auch deren Exporte teurer würden. Zwar würde dadurch viel von dem Wettbewerbsdruck genommen werden, der heute auf den frühindustrialisierten Ländern lastet. Deren Erwerbsbevölkerungen könnten wieder ruhiger schlafen. Doch zugleich wäre es mit dem reichhaltigen Angebot überaus preiswerter Produkte vorbei. DVD-Player zum Preis von 59 Euro oder fünf Paar Socken für 4,99 Euro würden deutsche Konsumenten in ihren Geschäften vergeblich suchen. Auch viele Produkte, die gegenwärtig noch hierzulande hergestellt werden, z. B. Automobile, würden sprunghaft teurer. Sie enthalten nämlich Vorprodukte, die jetzt noch billig aus jenen aufsteigenden Volkswirtschaften bezogen werden. Die Folge: Verteuern sich die Exporte der Chinesen, Inder und vieler anderer, bekämen die Menschen in den frühindustrialisierten Ländern weitaus weniger für ihr Geld als heute.
Anders gewendet: Verbesserte sich der Lebensstandard der Aufsteiger - was diesen zu wünschen ist -, verschlechterte er sich mit großer Wahrscheinlichkeit in Ländern wie Deutschland.
Und drittens ist zu bedenken, dass der schöne Menschheitstraum einer Annäherung der Lebensbedingungen aller Erdenbürger an das Niveau der frühindustrialisierten Länder eine Fata Morgana ist. Denn dieses Niveau ist auf absehbare Zeit - wenn überhaupt - nicht verallgemeinerungsfähig.
So wie wir leben, kann nur eine Minderheit leben.
Wollen viele so leben wie wir, wird bald keiner mehr so leben. Das gibt die Erde ganz einfach nicht her. Dafür müsste sich die Menschheit auf fünf Globen verteilen. Nur dann könnte sie soviel essen und trinken, Energie verbrauchen und Abfall erzeugen wie gegenwärtig US-Amerikaner oder - um einiges bescheidener - Westeuropäer.
Doch solange dieser Ausweg versperrt ist, müssen sich die Völker der frühindustrialisierten Länder mit der Vorstellung vertraut machen, dass sie von ihrem hohen Turm, auf dem sie lange gewirtschaftet haben, herabsteigen und den Völkern der aufsteigenden Länder ein Stück entgegen gehen müssen. Das heißt nicht, dass sie künftig nur Löhne wie heute die Inder erwarten könnten. Wer derartiges in Umlauf bringt, weiß nicht, wovon er redet, oder er will unsinnige Ängste schüren. Aber ein paar Abstriche werden sie schon hinzunehmen haben.
Allzu schwer sollte ihnen das nicht fallen. Denn große Bevölkerungsteile leben in den frühindustrialisierten Ländern ja nicht nur im Wohlstand. Sie leben im Überfluss. Und selbst die Armut ist von einer Art, nach der sich die Mehrheit der Menschheit sehnt. Dabei haben sich Reiche wie Arme an Vergeudung gewöhnt. Wie selbstverständlich essen und trinken sich ungezählte Millionen aller Schichten krankenhausreif, bleiben die aberwitzigsten Normengefüge politisch unangetastet oder wird hingenommen, wie öffentliche Gebäude und Transportmittel immer wieder mit Graffitischmierereien bedeckt werden. Um sie zu entfernen, wendet ein Land wie Deutschland jährlich mehr auf, als der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden insgesamt gekostet hat. Jedes Jahr der Gegenwert der Dresdener Frauenkirche - mal eben so, um irgendwelche Schmierereien zu beseitigen. Ein solches Volk schöpft offensichtlich noch aus dem Vollen.
Doch Schritt für Schritt geht es abwärts und die große Kunst von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten darin bestehen, den Abstieg so zu gestalten, dass möglichst wenige straucheln. Gelernt hat das von den heute Aktiven keiner mehr. Sie sind aufgewachsen in einer Zeit, in der es immer nur aufwärts zu gehen schien. Jetzt heißt es für alle umzudenken, Sicht- und Verhaltensweisen zu ändern und zu begreifen, dass eine lange, überaus angenehme Epoche einer neuen, harscheren Epoche gewichen ist. Am Ende dieser neu angebrochenen Epoche ist zu hoffen, dass mehr Menschen zwar nicht im Luxus schwelgen, aber materiell auskömmlicher leben werden als heute. Für den Westen bedeutet das, ein wenig Verzicht zu üben und sich zu bescheiden.
Geschieht dies nicht, wird ihm genommen werden, was er nicht freiwillig zu geben bereit ist.
Widerstand hiergegen ist zwecklos. Die Kräfte sehr alt gewordener Bevölkerungen werden dafür nicht ausreichen.
www.swr.de/swr2/programm/sendungen/.../au20051228_3493.rtf