Doors schrieb:Bis jetzt hat sich mir auch noch nicht erschlossen, wer von denen eine potenzielle Gefahr für mich sein soll.
Kann mich mal jemand aufklären?
Na klar, gerne.
Da ich beruflich mit Flüchtlingen/ Migranten zu tun habe, schildere ich Dir gerne ganz praktisch, wo ich die Gefahren sehe.
1.
Wir haben keinen funktionierenden Plan und keine funktionierenden Strukturen, um die Menschen bei uns einzugliedern.
Angefangen damit, dass wir enorm viele traumatisierte Menschen aufgenommen haben, die wir aufgrund des maroden Gesundheitssystems und der Sprachbarriere nicht im Ansatz vernünftig versorgen können.
Diese Menschen können nicht angemessen therapeutisch und psychiatrisch behandelt werden, weil es kaum Plätze gibt. Sie können nicht eingegliedert werden. Sie entgleiten uns, weil wir es nicht schaffen, sie (mangles freier Plätze und aufgrund der Sprachbarriere) in unsere Hilfesysteme einzubinden. Und jeder einzelne Vorfall mit einem Flüchtling, der z.B. in einer wahnhaften Phase eine Straftat begeht und letztendlich schuldunfähig ist, wird politisch ausgeschlachtet, brennt sich in das Gedächtnis ein und endet mit dem Gefühl eines Teils der Bevölkerung, dass "die damit davonkommen".
Ich finde das sehr gefährlich für unsere Demokratie.
Endend damit, dass sich Parallelgesellschaften bilden.
Die Eingliederung der Flüchtlinge wurde insbesondere seit 2015 auf Ehrenamtliche abgewälzt. Planlos und zeitlich sehr begrenzt, dann wurden die Menschen sich selbst überlassen.
Ergebnis ist, dass etliche Flüchtlinge keinen Anschluss gefunden haben und in ihren Communities weiterleben. Menschlich nachvollziehbar.
Problematisch an der Stelle, an der es z.B. um die Einbindung in unsere Werte und unsere Kultur geht.
Ein Klassiker aus meinem Alltag:
Eine junge Frau (Migrantin) wurde Opfer mehrerer Gewalttaten. Die Täter stammten aus dem direkten sozialen Umfeld der Frau. Die junge Frau wandte sich an Personen aus dem Hilfesystem und mit deren Unterstützung an die Polizei, weil sie innerhalb der Familie keinen Schutz erfahren hat und die Taten heftig waren.
Ergebnis: das Opfer und die Personen aus dem Hilfesystem wurden massiv persönlich bedroht und eingeschüchtert, um das Tätigwerden der Justiz zu verhindern. Man würde nach seinen eigenen Regeln mit dem Vorfall umgehen und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Die deutschen Gesetze würden nicht anerkannt werden. Die Polizei konnte keinen ausreichenden Schutz bieten.
Letztendlich hat der Clan so stark zusammengehalten und so starken Druck ausgeübt, dass niemand einen Fuß in die Tür bekommen hat und die Täter unverurteilt davon gekommen sind. Das Leid des Opfers geht weiter.
Es fehlt komplett an einer sozialen Kontrolle durch ein Umfeld, das auf unseren Werten und Regeln basiert.
Dass unser Rechtssystem so systematisch ausgehebelt werden kann, weil unsere Gesetze nicht akzeptiert werden, und dass Täter damit durchkommen, darf mMn nicht passieren.
Und: ja, das ist eine Gefahr für uns alle.
2.
Unsere Verwaltung ist inzwischen heillos überlastet und spätestens seit der Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine pfeiffen die zuständigen Stellen aus dem letzten Loch. Das führt dazu, dass es enorme Probleme bei der (Weiter-)Bewilligung von Leistungen gibt und die Ärmsten unserer Gesellschaft gegeneinander ausgespielt werden.
Die Mitarbeiter der Verwaltung machen keinen Hehl daraus, dass sie stinkwütend auf die Regierung sind, weil das System personell und strukturell nicht auf auf die Masse an Leistungsempfängern ausgelegt ist.
Ergebnis: die Stimmung kippt auch hier.
Bei den Leistungsempfängern, weil teilweise aufgrund der Arbeitsüberlastung Lücken in der Weiterbewilligung von Sozialleistungen entstehen, die existenzbedrohend sind. Oder weil sie ausziehen müssen, das Amt es aber nicht schafft, die neue Wohnung rechtzeitig zu bewilligen.
Bei den Mitarbeitern der Verwaltung, weil sie auf dem Zahnfleisch gehen.
Bei den Mitarbeitern in den Hilfesystemen, weil sie "ihre" Leute nicht mehr angemessen versorgt bekommen. Da sind auch etliche inzwischen nach rechts gerückt, was ich für Menschen in sozialen Berufen schon negativ bemerkenswert finde und so nie kannte.
3.
Es fehlt an Verständnis und Respekt für unsere Werte.
Inzwischen passiert es regelmäßig, dass junge männliche Flüchtlinge konkret weibliche Personen aus dem Helfernetzwerk anfordern, weil sie glauben, den Helfern (die u.a. leiten, Regeln festsetzen und diese überwachen) den Stinkefinger zeigen zu können.
Und ganz generell ist die Zusammenarbeit von männlichen Flüchtlingen und Frauen - das ist die Schnittstelle, die ich erlebe- mehr als schwierig, weil die Gleichberechtigung und Befugnisse schlichtweg nicht akzeptiert werden.
Zusammengefasst:
Ich sehe die Gefahr nicht darin, dass wir uns eine Masse an Attentätern ins Land holen.
Ich sehe die Gefahr darin, dass wir immer noch komplett blind in eine sich zuspitzende Situation laufen, in der wir es nicht geschafft haben, ausreichende Strukturen für die Menschen zu schaffen, die zu uns flüchten.
Und genau darin liegt für mich eine massive Gefahr für unsere Gesellschaft und konkret den Erhalt unserer Werte und unserer Demokratie.
Statt tragfähige Lösungen zu schaffen spült diese Situation Massen an Wählern in die Hände der rechten Parteien. Und mit Blick auf die nächste Flüchtlingswelle, die uns bald erreichen wird, wird sich die Situation zuspitzen.
Mir wird schlecht wenn ich daran denke, was sich bald hier abspielen könnte.