Machtpolitische Erosion des Grundgesetzes
Bundesinnenminister Schäuble, eigentlich zuständig für den Verfassungsschutz, erweist sich immer mehr als Gefährder des Grundgesetzes
Bundesinnenminister Schäuble scheint mit seinem Vorschlag, die Entscheidungen im Bundesrat nach der einfachen Mehrheit auszurichten, den Bogen überzogen zu haben. Nachdem das BKA-Gesetz an den Landesregierungen scheitern dürfte, die aus einer Koalition der CDU oder SPD mit einer kleineren Partei bestehen, wollte Schäuble, ganz in üblicher Manier, einmal schnell das Grundgesetz ändern, um das von ihm als notwendig Erwachtete durchzusetzen.
In einem gemeinsam mit dem SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper unterzeichneten Brief an die Vorsitzenden der Föderalismuskommission schlug der Bundesinnenminister eine Grundgesetzveränderung vor, nach der für einen Beschluss nicht mehr die absolute Mehrheit erforderlich wäre, sondern Stimmenthaltungen als ungültig gelten würden. Damit würde nicht nur das politische Gewicht der kleineren Parteien, die in Koalitionsregierungen sind, vermindert werden, der Vorschlag offenbar auch das Verständnis des Ministers, der auch für den Schutz der Verfassung zuständig ist.
Letztlich läuft es darauf hinaus, dass man sich das Recht so zuschneidet, dass alles Gewünschte gerechtfertigt ist. Dann bleibt man natürlich gesetzestreu, da die Verfassung nicht verletzt, sondern einfach verändert wurde. Der Verfassungsschutzminister simuliert also Verfassungstreue. Bislang sind einige Avancen am Bundesverfassungsgericht und jetzt an den kleinen Koalitionspartnern gescheitert. Trotzdem ist der machtpolitische Pragmatismus des Innenministers erschreckend, zumal wenn er von CDU, CSU und SPD bzw. Teilen der SPD mitgetragen wird. Er führt zu einer gefährlichen Erosion des Grundgesetzes, dessen Gültigkeit tagespolitischen Interessen geopfert werden soll.
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