Aldaris schrieb:Natürlich kann ich das 'dem Kommunismus' anlasten - falls man einem theoretischen Konstrukt etwas anlasten kann. Nochmal: Das Streben nach dieser Utopie, die dem Wesen der Menschheit widerspricht, führte bislang fast immer zu großem Leid und Elend. Das kann niemand wollen, der bei klarem Verstand ist.
Vielleicht einfach mal etwas Geschichte lesen. Ohne Marx hätte sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts keine Arbeiterklasse als solche erkannt und solidarisiert, hätte es keine Streiks gegeben, keine SPD - die war damals tatsächlich sozialistisch, kaum zu glauben aber wahr -, und Bismarck wäre nicht zu seiner Sozialgesetzgebung gezwungen gewesen.
Ohne Utopien und praktischen Zielsetzungen, davon wenigstens Teile zu realisieren, würden wir heute möglicherweise noch wie in der 3. Welt zu Hungerlöhnen arbeiten. Einfach mal Ernst Blochs "Prinzip Hoffnung" lesen.
Dass es immer Machthaber gibt, die mit der wirtschaftliche Machtelite kungeln und teilweise sogar autoritätr-faschistische Regierungsformen unter dem Etikett "Kommunismus" einführen, kannst du nur aus Macht- und Herrschaftstheorien erklären, aber nicht aus dem Kommunismus als sozoökonomischer Lehre selbst, damit machts du nur den Bock zum Gärtner. Es geht in der kommunistischen Theorie ja gerade darum, sämtliche Herrschaftsstrukturen abzubauen. Leider waren die Russen vor 120 Jahren keine belesenen Soziologen und Marxkenner, sonst hätte sie rechtzeitig gemerkt, wer sich die Lehre unter den Nagel reißt, um unter dem Vorwand den Kommunismus einzuführen, ein gnadenloses Herrschaftssystem zu errichten.
Kritik kann man also nur von der Seite der Macht- und Herrschaftsverhältnisse üben, aber nicht die Theorie aufgrund dieser Macht- und Herrschaftsverhältnisse für falsch und unmöglich halten. Eine Theorie musst du mit einer besseren Theorie schlagen, also inhaltlich, musst aufweisen, welche Gedankengänge der Theorie falsch sind. Und wenn du der Meinug bist, dass JEDER Versuche einen Kommunismus aufzubauen zu "faschistischen" Machtverhältnissen führt, musst du das begründen, darfst die UdSSR aber nur als beispiel nehmen; die Theorie selbst muss in sich schlüssig sein und frei von Zirkelschlüssen aus Ideologie. Das kannst du aber nicht durch eine pure Kritik des sowjetischen Systems, eben weil dieses nicht kommunistisch war, sondern den Kommunismus nur missbrauchte, um ein unkommunistisches Machtsystem zu begründen. Sondern du musst spezifische Schwächen bspw. in Marxens Theorie aufzeigen und begründen.
Aldaris schrieb:Es reicht, dass du radikal bist. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass du bereit bist, mehr als warme Worte einzusetzen, um deine Ideologie durchzuboxen.
Unsubstantiierte Anmaßung von einem, der zu wenig liest und zu viel labert. Ich bin nur Theoretiker.