@jafraelIch denke, der Lossagungsprozess vom Klerikalen begann mit der Reformation, der seinen Höhepunkt an Grausamkeit im Krieg fand, der es verstand "sich durch sich selbst zu ernähren" und erst nach über einer ganzen Generation seinen Stillstand im Westfälischen Frieden fand.
Die Wunden, die sich dadurch ins Gedächtnis ganzer Völker Europas gebrannt hatten, benötigten zum Teil mehr als 100 Jahre, um überhaupt eine Narbe bilden zu können damit die Wunde verheilt. Doch was blieb, das war das Trauma eines ganzen Kontinents.
Und am Ende dieses Prozesses stand die Weimarer Verfassung. Man sieht also, obwohl dieser Prozess der Lossagung einen langen, komplizierten und grausamen Weg ging, so stand am Ende doch ein partnerschaftliches Verhältnis von Kirche und Staat. Dies lag aber wohl auch an dem Lernprozess, dem die Kirche hier (in Europa) durch die jüngste Vergangenheit unterworfen war und demgemäß zum Abtreten vieler Rechte bereit war (wollte man doch nicht durch Sturheit zu einem laizistischen Staatsgebilde beitragen und sich dadurch selbst komplett ausschließen).
Teil dieses Lernprozesses war es eben auch, dass der Staat erkannt hat wie wichtig die staatliche Neutralität ist. Dies schließt ein partnerschaftliches Wesen, bei dem Kirche und Staat gemeinsame Projekte erarbeiten (res mixtae:
Wikipedia: Res mixta) nicht aus, sondern verpflichtet den Staat als solches sich zu keiner Konfession zu benennen oder bekennen (wohlweislich der Erinnerung an den dreißigjährigen Krieg). Außerdem führte es dazu, dass der Staat kirchliche Inhalte kontrollieren könnte, durfte und musste und nur diese zugelassen hat, wenn sie das rechtsstaatliche Prinzip als oberstes Gebot anerkannten (im weltlichen Sinne).
Seitdem gab es auch Frieden und ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Kirche und Staat. Der aufgeklärte Bürger achtete auf sich selbst, auf seine Mitmenschen und auf die Kirche. Bei Verfehlungen und Missachtungen setzte also eine Art Selbstregulierung ein. Das heißt, der aufgeklärte Bürger wies auf die Verfehlung hin und wusste die größte Mehrheit des Volkes hinter sich. Die Fanatiker verstummten!
Und nun sind wir an einem Punkt, wo sich eine neue Religion in dieses gewachsene Verhältnis einbringt. Generell nichts schlechtes aber leider hat diese neue Religion nicht diesen Entwicklungsprozess hinter sich. Diese neue Religion kommt also wegen des fehlenden "Leidensweg" der eigenen Religion nicht so gut klar mit der Aufgeklärtheit und Offenheit des Bürgertums. Der Islam ist solches Verhalten der Bürger nicht gewohnt.
Und somit kommen wir zu dem schwierigsten Punkt:
Das Bürgertum Europas ist nicht bereit, erneut den leidvollen Weg zu gehen, um einer Religion im Kampfe um sich selbst und seiner Vorherrschaft zur Aufklärung beizuhelfen. Das Bürgertum Europas erwartet -verständlicherweise!- von einer Religion, will sie sich doch hier integrieren und als selbstverständlich angesehen werden, dass sie sich den vorherrschenden Bedingungen unterwirft. Damit hat der Islam aber das größte Problem; ist er es doch "gewohnt" dass man sich ihm unterwirft!
Und wie sehr der Islam die Unterwerfung unter ihm gewohnt ist, lässt sich eben sehr gut in den islamisch geprägten Ländern anschauen. Dies trägt natürlich zu einem negativ besetzten Bild dem Islam gegenüber bei. Auch dieses Gejohle von „Allah uh akbar!", welches sogar bei einigen Demonstrationen in diesem Lande zu hören war, trägt zu mehr Unverständnis als denn zu Verständnis bei. Es schürt Ängste! Und zwar Ängste um (angestrebte?) Zustände wie in islamischen Ländern, bei denen Grausamkeiten im Namen der Religion damit begründet werden, dass sie doch Gottes Wort wären. Dieses frenetische und fanatische Unterwerfen und Nichthinterfragen zu zweifelhaften Praktiken stellt das größte Hindernis zum Verständnis dar.
Und hier sind die Moslems selbst gefragt! Und zwar in dem Sinne, dass man vertrauensbildende Maßnahmen schafft und nicht nur leise Lippenbekenntnisse verlauten lässt.
Wie erwähnt, wegen ein paar lächerlichen Karikaturen ging die halbe islamische Welt auf die Straße, aber wenn ständig Terror im Namen des Islam begangen wird dann ist großes Schweigen angesagt. Zum Teil auch großes Verständnis bis hin zum unterstützendem Gedanken. Beispielhaft dafür ist auch mein mal angeführtes Umfrageergebnis, in dem evaluiert wurde, dass selbst hiesige studierende (also Menschen, von denen man annimmt dass sie ihren Verstand höher ansetzen als einen Glauben!) Moslems zu 30% die Gewaltlösung befürworten wenn der Islam "beleidigt" werden würde.