@QuironDu hast dir deine Frage doch eigentlich selbst schon beantwortet, indem du auf das islamische Verständnis, al-Quds von den Juden zu befreien, verwiesen hast. Wie soll sich denn ein Regime, das sich fundamental diesem Gedanken verschrieben hat, von innen heraus reformieren; zumal es sein System so aufgebaut hat, das Reformer politisch gar nicht zu Macht gelangen können? Das noch nie einen Funken Gesprächsbereitschaft in dieser Causa signalisiert hat? Das wertvolle finanzielle, militärische und humane Ressourcen darin investiert (die iranische Bevölkerung macht ihren Unmut über die Beteiligung ihres Landes am Krieg in Syrien und der Unterstützung von Terrorbanden ja immer wieder Luft), die im eigenen Land dringender benötigt werden?
Ich glaube eher, das, nehmen wir einmal an, diese illusorische Entwicklung träte ein, das Mullahregime damit sein Ende einläuten würde und Folgefragen wie Atom- und Raketenprogramm - die ja eh nur dem Zweck der Verwirklichung einer "Welt ohne Zionismus" dienen -, sich tatsächlich von selbst beantworten würden. Würde der Iran nicht mehr die Vernichtung Israels verfolgen, wäre die Verfolgung der Beschaffung der technologischen Mittel dafür ja obsolet - die Raketen sind ja auf atomare Bestückung ausgelegt und wozu eine A-Bombe bauen, wenn man sie für das angestrebte Ziel nicht mehr braucht? Sicherung des Regimes? Das knickt gerade selbst vor dem großen und dem kleinen Satan ein.
Revolutionsexport, Hegemonialstreben und Antisemitismus bilden eine unheilige Einheit: sie dienen dem Ziel der "Befreiung" Jerusalems und sind aufs engste miteinander verwoben. Iranische Offizielle haben ihre Aktivitäten in Syrien ja auch mit Israel gerechtfertigt, da das Land als einziger arabischer Verbündeter der strategische Brückenkopf für die Versorgung der affilierten Terrorbanden ist; die Revolution erfolgreich in arabische Länder zu exportieren würde Land- und Menschenmasse für die Front gegen Israel bedeuten. Dazu die angestrebte Vormachtstellung in der Umma ausbauen.
Ein solcher Schritt würde gegen alles, wofür die Mullahs stehen, sprechen und auch der Bevölkerung bedeuten, dass das verhasste Regime von einer existenziellen Schwäche gebeutelt ist. Das würde ihrem Widerstand, der ja mittlerweile trotz drakonischer Maßnahmen dagegen gar nicht mehr abebbt und anders als noch vor zehn Jahren nicht mehr Reformen sondern eine Beseitigung des Regimes fordert, massiv Auftrieb verleihen: wenn die Mullahs von ihren fundamentalen Positionen freiwillig abrücken, haben sie auch keine Argumente mehr, den Iranern ihre legitimen Rechte zu verwehren.
Ob die Mullahs dagegen Gewalt einsetzen würden, ob das überhaupt helfen würde (Gewalt erleiden die Iraner in vielfältiger Form seit vierzig Jahren, zermürbt hat sie das nicht), ob es vielleicht zu einer opportunistischen Trendwende (in Teilen) des Regimes käme, welche Dynamik eine bürgerliche iranische Revolution nehmen würde usw. - das steht in den Sternen. Einen Dominoeffekt würde es aber auslösen.
Aber zurück zur Realität.
Quiron schrieb:Nun brennen im Iran nicht laufen die Synagogen und Massaker an Juden finden offensichtlich auch nicht statt, deswegen wäre ich vorsichtig damit, das ganze Volk als Antisemiten zu verdammen, nur weil ab und zu Querschläger wie Ahmadinedschad an die Oberfläche gespült werden.
- Bei welchem User siehst du Tendenzen, dass er die Iraner pars pro toto zum Übel erklärt hat? Warst es nicht du, der schrieb:
Quiron schrieb:Wenn man jetzt allerdings seinem Volk vierzig oder siebzig Jahre lang erzählt, dass der Judenstaat vernichtet werden muss, dann zieht man sich natürlich allerlei Sorten von Antisemiten heran, ganz egal, was ursprünglich die Motivation war.
- Seit wann wird die dem Antisemitismus inhärente Vernichtungslogik obsolet, weil gerade nicht pogromiert wird? Das war auch in Nazideutschland nicht 24/7 der Fall.
- Wieso ist Ahmadinedschad in einem System, das von Grund auf antisemitisch ist, dessen hochrangige Vertreter - ob Prinzipalist oder "Reformer" - sich regelmäßig antisemitisch äußern, ein "Querschläger"? Er war rabulistischer als Rouhani, definitiv, aber das letzterer mit sanfter Stimme Israel ein Krebsgeschwür nennt, bedeutet ja nicht, dass er anders denkt, im Gegenteil.
https://www.google.com/amp/s/www.timesofisrael.com/irans-rouhani-calls-israel-a-cancerous-tumor-established-by-west/amp/Quiron schrieb:Die Saudis, insbesondere das Königshaus, mag nicht ständig lauthals die Vernichtung Israels fordern, trotzdem glaube ich nicht, dass das vertauenswürdige Freunde Israels sind. Manche beissen da nur die Zähne zusammen.
Freunde? Nein. Trotzdem ist es ein ganz anderer Sound wenn selbst MbS das Existenzrecht Israels bejaht und Intellektuelle oder Journalisten proisraelisch argumentieren. Ob die nur Kreide fressen oder sich da gerade tatsächlich etwas verändert wird die Zeit zeigen. Für letzteres sprechen wirtschaftliche Interessen, die nicht nur die Saudis haben, und deren Erlangung sie sich durch Zusammenarbeit mit dem regional wirtschaftlich führenden und global in einigen Segmenten unverzichtbar gewordenen Israel versprechen.
https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/04/mohammed-bin-salman-iran-israel/557036/http://www.jpost.com/Middle-East/Saudi-Arabian-pundits-take-to-social-media-praising-Israel-515308http://www.thetower.org/7322-prominent-saudis-blame-iran-for-gaza-escalation-express-solidarity-with-israel/https://m.jpost.com/Middle-East/Report-Sisi-Crown-Prince-push-Arab-nations-to-trade-with-Israel-573117Quiron schrieb:So, und nun stelle man sich einmal vor, wie man am Verhandlungstisch sitzt mit einem Verbündeten wie Mohammed bin Salman an der Seite und vom Iran die Anerkennung Israels fordert.
Für das Verhältnis der Mullahs zu Israel ist die Haltung der Sauds aber irrelevant. Geändert hat sich nur, das man die Saudis nicht mehr als potentiellen Verbündeten gegen den zionistischen Feind anspricht und an sie appelliert, sondern sie jetzt selbst im Lager der Zionisten (ergo unter jüdischer Kontrolle) verortet. Man lese nur frühere Verlautbarungen und heutige.