Optimist schrieb:Dazu reicht die Deduktion: Wer nicht hier ist, mordet auch hier nicht.
Doch, ist sie. Weil das eine sehr unlautere und auch falsche argumentation ist.
Denn hier gehst du ja von einem Rückblick aus.
Ja, wäre der Täter vorher abgeschoben worden, hätte er hier nicht morden können. Nur: Du weißt im vorraus nicht, wer mordet. Und dass wenn ein mensch nicht da ist, er kein verbrechen begehen kann, ist keine trifftige argumentation.
Nach der logik müsstest du auch jeden deutschen täter, der entsprechendes tut, lebenslang ins gefängnis stecken. Sonst könnte er ja wieder eine Tat begehen.
Aber unser rechtssystem basiert schon darauf, dass man nach verbüßung einer strafe ein freier mensch ist und man nicht so einfach davon ausgehen darf, dass jemand bestimmt weiter taten begeht.
Warum sollte man das beim Flüchtling dürfen, aber beim Deutschen nicht?
Zweitens ist es ein fehler, einzelfälle statt der statistik zu betrachten. Für jeden fall, der dann theoretisch nicht passiet weil ein täter meinetwegen nach einer schweren körperverletzung abgeschoben wird, ist die frage, was für andere auswirkungen abschiebung hat.
Zunächst mal kann der täter in dem land, in das er kommt, möglicherweise weiter taten begehen und hat mehr impuls dazu. Das darf man nicht vergessen.
Zweitens werden wir durch die Abschiebungsdrohung dafür sorgen, dass täter mehr grund haben, ihre verbrechen zu verschleiern und möglicherweise eher jemanden umzubringen, als aufzufliegen (das könnte auch gewalt gegen polizisten betreffen).
Außerdem, und das ist meiner ansicht nach am wichtigsten, sorgen wir für eine atmosphäre des misstrauens migranten gegenüber und für migranten gegenüber dem staat. "Wenn du einen Fehler machst, bist du weg vom fenster du kleiner Pascha" ist kein sonderlich guter Aspekt für Integration.
Abschiebung reißt familien auseinander, abschiebung lässt den staat als Feind für Asylsuchende und Ausländer auftreten. Und durch dieses Integrationshemmnis werden möglicherweise menschen zu Taten überhaupt erst getrieben.
Dazu auch:
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/christian-pfeiffer-kriminologe-weist-mehr-gewaltkriminalitaet-durch-mehr-zuwanderer-nach-a-1185959.htmlDer Kriminologe Christian Pfeiffer hat eine neue Studie zu Flüchtlingskriminalität vorgelegt. Am Beispiel von Niedersachsen zeigt er, dass Asylsuchende, die keine Chance auf ein Bleiberecht haben, eher straffällig werden.
Das heißt, wenn Menschen z.b. davon ausgehen, dass sie irgendwann abgeschoben werden (und das wäre ja so, wenn wir generell mehr abschieben) neigen sie auch eher zu Kriminalität.
Solche Effekte darf man nicht vergessen.
Es ist eine Milchmädchenrechnung, vom einzelfall auszugehen. man muss immer von der Statistik ausgehen, und da gibt es keine Grundlage, zu denken, Abschiebung senkt Kriminalität.