Fünf Jahre Haft für Holocaust-Leugner Zündel
10.10.2008 um 15:38
I. Die Aussiedlung der ach so armen Sudetendeutschen begann mit dem Prager Aufstand gg die deutsche Besatzung am 5. Mai 1945. Militärische Aktionen und Bombardierungen der Wehrmacht heizten die antideutsche Stimmung an, die sich gg SS-Angehörige, aber auch andere, entlud. Exzesse bei den zunächst wilden Vertreibungen waren oft persönliche Racheaktionen, die in einem Klima allgemeiner Unsicherheit und von Gerüchten über Wehrwolfaktivitäten stattfanden - und waren somit alles andere als geplante Vernichtungsaktionen, wie sie Heydrich und die SS vorher organisiert und unter dem großen Beifall sogenannter Sudetendeutscher veranstalteten. Das Gros der Deutschstämmigen gelangte auf vergleichsweise kurzen Fussmärschen über die nahegelegen Grenze, etwa nach Sachsen oder Bayern, also dem Stammland der "letzten Opfer Hitlers" (frei nach dem Titel einer Knoppschen Geschichtssoap) wo es noch heute zum guten Ton gehört, der Oral History Omas und Opas zu lauschen, und diese dann ganz fleißig weiterzuverbreiten. Lauschen auch wir ein wenig. Und zwar einem, der seinen Grenzübergang im Sept. 1945 mit "fröhlichem Pfeifen" beging. Peter Glotz: "Ich hatte Glück. Von Eger (Cheb), meiner Heimatstadt nahe der deutschen Grenze, konnte man zu Fuß fliehen. Keine Viehwagen, keine Gewaltmärsche. (...) Harmlose Variante der Vertreibung. Eher eine Flucht, die die Vertreibung vorwegnahm. Der Vater, Versicherungskaufmann, gänzlich unpolitisch, aber doch Mitglied der Partei jener Zeit im Sudetengau, war schon im Mai geflohen." (Peter Glotz, Die Vertreibung. Böhmen ein Lehrstück, S. 9) Eger, wo der Bundesgeschäftsführer a. D. der SPD und ZgV-Mitbegründer Peter Glotz aufwuchs, war schon auf Kurs als weite Teile der Wehrmacht, die Peterchen später Heim ins Reich holte, noch Quark im Schaufenster waren. Ein sudetendeutsches Bekenntnis anno 1897: "Kampf bis aufs Messer, Krieg ohne Erbarmen und Schonung, nieder mit der tschechischen Brut." (ebenda, S. 52f)
II. Bereits vor der Konferenz zu Potsdam in der Junihälfte '45 begannen die Alliierten für eine geregelte Abschiebung ohne Schrecken zu sorgen. Ein Teil der Aussiedlung fand auch auf Antrag der deutschen Seite zur Familienzusammenführung statt, einige versuchten sich Plätze in Zügen zu kaufen, um nicht warten zu müssen und je ein Netzwerk organisierte die Übersiedlung von Sozen in den Westen und Kommunisten in die spätere DDR. Familienzusammenführung ist dabei folgendermaßen zu verstehen: Die Amis verboten den Tschechen die Ausweisung von Einzelpersonen ohne ihre Familien und schickten diese auch zurück. Erst mit Familie wurde die Ausweisung im Sinne der Alliierten als rechtmäßig angesehen. Dass dieses Vorgehen heute pauschal mit dem Wort der unmenschlichen Kollektivbestrafung ganzer Familien belegt wird, ist schlicht eines: demagogisch
III. Die Mär, nach der honorige und friedliche deutsche Nachbarn 1945ff Opfer ihrer randalierenden barbarischen tschechischen Nachbarn wurden, ist so alt wie falsch. Die Sudetendeutschen waren ihren tschechischen Nachbarn nie wohlgesonnen, der tschechischen Demokratie stets illoyal gegenüber eingestellt. Das lässt sich zum einen daran erkennen, das Hitlers fünfte Kolonne schon stand, bevor man militärisch gen Tschechien vorrückte. Oder anders: Schon vor der Annexion fand die Henlein-Partei, die bekanntlich gegen eine tschechische Republik und für ethnische Extrawürstchen einstand, große Zustimmung im Volk. In Zahlen sind das 1.350.000 Mitglieder (45% der Sudetendeutschen), über das stetige Raufkraxeln auf der Beliebtheitsskala der Henlein-Nazis muss nicht noch viel gesagt werden. Im Frühjahr '38 votierten sage und schreibe 91% für die Kandidaten Henleins. Mit 520.000 NSDAP-Mitgliedern (nicht zu verwechseln mit der SdP) war der eingegliederte Sudetengau der mit Abstand braunste. Diese affirmative Haltung gegenüber dem Völkischen war aber lagerübergreifend; sie wurde ebenso bei der sudetendeutschen Sozialdemokratie, die jegliches Angebot, gleichberechtigt (ohne ethnische Sonderwünsche) in einer tschechischen Demokratie zu leben, ablehnte, gepflegt. Nachdem sie ins Exil fliehen musste bekam ihr Vorsitzender und spätere Vorsitzende des BdV Wenzel Jaksch (im übrigen ein Freund des Links-Nazis Gregor Strasser) ein Angebot des ebenfalls exilierten tschechischen Präsidenten Edvard Benesch. Demnach sollten die Sozialdemokraten nach dem Krieg an der Gestaltung einer tschechischen Republik mitwirken. Zu diesem Angebot gehörte auch der Vorschlag, man könne den illoyalen Anteil der Deutschen (also die Mehrheit) im zukünftigen Staatsgebiet durch Abtretung von Gebieten und Transfer besänftigen. In einer Mischung aus Standhaftigkeit, Heimattreue und Volksgemeinschaft machte Jaksch seinen Genossen aber Klipp und Klar das es das nicht geben wird. (Nachlesen kann man das in: Detlef Brandes, Der Weg zur Vertreibung 1938-1945.) Erst auf die feindliche Haltung vieler Sudetendeutscher im Exil korrigierte Benesch dann seine Überlegungen, eine Million unbelasteter Sudetendeutscher in der künftigen Tschechei zu belassen. Die Ausbürgerung war kein unausweichliches Schicksal, sondern die Konsequenz völkischer Verkommenheit, leidenschaftlich gepflegten Nazismus' und aktiver Kollaboration seitens der Mehrheit Sudetendeutschen selbst.