Fünf Jahre Haft für Holocaust-Leugner Zündel
18.02.2007 um 09:04Keine Tatsachenbehauptungen in Gesetzen
Gesetze gebieten und verbietenHandeln.
Gesetze enthalten bewußt keine Aussagen darüber, was der Fall ist. Ob etwasTatsache ist,
hat allein das Gericht zu entscheiden. Hat das Gericht entschieden,welche Tatsachen
vorliegen, dann entnimmt es dem Gesetz die Rechtsfolgen. DieFeststellung einer Tatsache,
egal in welchem Zusammenhang, ist eine Entscheidung, unddamit ein Werturteil. Die
gerichtliche Feststellung einer Tatsache ist somit ebenfallsein Werturteil, ein –
selbstverständlich wertendes – Urteil.
Von demGrundsatz, jede
Tatsachenfeststellung allein durch ein gerichtliches Urteilzuzulassen, ist der deutsche
Gesetzgeber 1994 abgewichen. Er hat dem § 130 StGB(Volksverhetzung) Absätze hinzugefügt,
darunter den Absatz 3. Er lautet:
"MitFreiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unterder Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 desVölkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art
(nämlich Völkermord) in einer Weise, diegeeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören, öffentlich oder in einer Versammlungbilligt, leugnet oder verharmlost."
Äußerlich folgt der Absatz dem bewährtenGesetzesschema: Wenn die und die Tatsachen
vorliegen, dann hat das die und dieRechtsfolgen; hier: Wer leugnet oder verharmlost,
wird bestraft.
DieTatsachenbehauptung in § 130, Absatz 3 Strafgesetzbuch
Der in Wahrheitradikale Bruch mit der Rechtstradition liegt in den Verben
„leugnet“ und„verharmlost“. Sie implizieren die Behauptung, unter der Herrschaftdes
Nationalsozialismus sei eine Handlung der in § 6 Abs. 1 desVölkerstrafgesetzbuches
bezeichneten Art – nämlich Völkermord – begangen worden. Derdem § 130 StGB hinzugefügte
Absatz 3 – anders als die bisher geltenden Gesetze –enthält eine Tatsachenbehauptung,
und er verbietet, diese Behauptung zu bestreiten.
§ 130 Abs. 3 StGB enthält
also ein Denkverbot. Wer leugnet, daß dieNS-Verfolgung und Ermordung der Juden
Völkermord war, wird bestraft. Die Vorschriftähnelt einem kirchlichen Glaubenssatz, der
Zweifel verbietet.
Offenkundige Tatsachen
Es gibt allerdings die
juristische Figur vonTatsachen, deren Vorliegen nicht erst durch das Gericht bewiesen
werden muß, nämlichsogenannte offenkundige Tatsachen. In diesem Falle heißt es dann, die
Tatsache seigerichtsnotorisch. Neben der allgemein bekannten Tatsache ist das eine
Tatsache, diedem Gericht kraft Amtes bekannt ist: Sie bedarf keines Beweises. § 291der
Zivilprozeßordnung bedient sich dieser Rechtsfigur, um Gerichten die gelegentlichmühsame
Widerlegung abseitiger Behauptungen zu ersparen. Er lautet: Tatsachen, die beidem
Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
Ein Gericht kanndie
Verfolgung und Ermordung vieler Millionen europäischer Juden durch Deutsche undihre
Helfer unter NS-Herrschaft in diesem Sinne als offenkundige Tatsache betrachten.Es wäre
wohl lächerlich, müßte es diese Tatsache aufwendig darlegen. Dennoch müßte esdie
Verfolgung und Ermordung ausdrücklich als – gegebenenfalls offenkundige –Tatsache
kennzeichnen, also darüber, wenn auch in knapper Form, wertend urteilen. Injedem Falle
bedarf die anschließende rechtliche Qualifizierung der Verfolgung und derMassenmorde als
Völkermord der ausdrücklichen Entscheidung, also Bewertung durch eineGericht. Diese
Bewertung gesetzlich auszuschließen, also auch Gerichten ein Urteildarüber zu verbieten,
darin zeigt sich das Denkverbot im Absatz 3 des § 130 StGB.
Denkverbote
auch anderswo
Deutschland steht mit seiner absurdenGesetzgebung nicht allein:
In Frankreich (wie in vielen andern Ländern) ist dieLeugnung des Völkermords an den
europäischen Juden ebenfalls verboten; außerdem dieLeugnung des osmanischen Völkermords
an den Armeniern. In der Türkei ist es hingegenverboten, den Völkermord an den Armeniern
zu behaupten. Die Ukraine verbietet zubestreiten, daß sowjetische Regierung und
kommunistische Partei 1929/30 eineHungersnot herbeigeführt haben, um das ukrainische
Volk auszurotten.
DerFantasie, welche Tatsachenbehauptungen demnächst in
welchen Ländern verboten odervorgeschrieben werden, sind keine Grenzen gesetzt:
Völkermord im Darfur? Behauptung inChina verboten, bei uns die Leugnung. Zweifel an
Bushs Tatversion für den 11.September – in Luxemburg verboten...
Wegen der
Nähe des Paragraphen zu einemGlaubenssatz hatte der iranische Präsident Ahmadi Nedschad
bei einem Interview mit demSpiegel kurz vor der Fußballweltmeisterschaft leichtes Spiel:
SPIEGEL: DasLeugnen des Holocaust steht in Deutschland unter Strafe. Ist es
Ihnen gleichgültig,wenn Ihnen Entrüstung entgegenschlägt?
Ahmadinedschad: Ich weiß,
dass der SPIEGELein renommiertes Magazin ist, aber ich weiß nicht, ob Sie die
Möglichkeit haben, dieWahrheit über den Holocaust zu veröffentlichen. Sind Sie befugt,
alles darüber zuschreiben?
Denn niemand in Deutschland, nicht einmal
Spiegel-Redakteure,dürfen ungestraft die gesetzlich festgeschriebene Tatsachenbehauptung
über denVölkermord an den europäischen Juden in Zweifel ziehen. Ahmadi Nedschad belegt
mit demInterview seine Behauptung, der Westen habe aus dem Holocaust einen Mythos
gemacht; erhabe ihn zu einer sekularen Glaubenswahrheit erhoben.
Der § 130
Abs. 3 StGBgehört ersatzlos gestrichen.
Anmerkung:
Vor Verabschiedung der
Ergänzungdes § 130 StGB verwies eine Minderheit auf Artikel 5 des Grundgesetzes: Dessen
Absatz2 gestatte zwar die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch allgemeine Gesetze;
derAbsatz 3 von § 130 StGB sei aber nicht allgemein, sondern auf einen Einzelfall
bezogen– und somit unwirksam.
Quellen:
dradio.de
dejure.org
aufenthaltstitel.de
Gesetze gebieten und verbietenHandeln.
Gesetze enthalten bewußt keine Aussagen darüber, was der Fall ist. Ob etwasTatsache ist,
hat allein das Gericht zu entscheiden. Hat das Gericht entschieden,welche Tatsachen
vorliegen, dann entnimmt es dem Gesetz die Rechtsfolgen. DieFeststellung einer Tatsache,
egal in welchem Zusammenhang, ist eine Entscheidung, unddamit ein Werturteil. Die
gerichtliche Feststellung einer Tatsache ist somit ebenfallsein Werturteil, ein –
selbstverständlich wertendes – Urteil.
Von demGrundsatz, jede
Tatsachenfeststellung allein durch ein gerichtliches Urteilzuzulassen, ist der deutsche
Gesetzgeber 1994 abgewichen. Er hat dem § 130 StGB(Volksverhetzung) Absätze hinzugefügt,
darunter den Absatz 3. Er lautet:
"MitFreiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unterder Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 desVölkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art
(nämlich Völkermord) in einer Weise, diegeeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören, öffentlich oder in einer Versammlungbilligt, leugnet oder verharmlost."
Äußerlich folgt der Absatz dem bewährtenGesetzesschema: Wenn die und die Tatsachen
vorliegen, dann hat das die und dieRechtsfolgen; hier: Wer leugnet oder verharmlost,
wird bestraft.
DieTatsachenbehauptung in § 130, Absatz 3 Strafgesetzbuch
Der in Wahrheitradikale Bruch mit der Rechtstradition liegt in den Verben
„leugnet“ und„verharmlost“. Sie implizieren die Behauptung, unter der Herrschaftdes
Nationalsozialismus sei eine Handlung der in § 6 Abs. 1 desVölkerstrafgesetzbuches
bezeichneten Art – nämlich Völkermord – begangen worden. Derdem § 130 StGB hinzugefügte
Absatz 3 – anders als die bisher geltenden Gesetze –enthält eine Tatsachenbehauptung,
und er verbietet, diese Behauptung zu bestreiten.
§ 130 Abs. 3 StGB enthält
also ein Denkverbot. Wer leugnet, daß dieNS-Verfolgung und Ermordung der Juden
Völkermord war, wird bestraft. Die Vorschriftähnelt einem kirchlichen Glaubenssatz, der
Zweifel verbietet.
Offenkundige Tatsachen
Es gibt allerdings die
juristische Figur vonTatsachen, deren Vorliegen nicht erst durch das Gericht bewiesen
werden muß, nämlichsogenannte offenkundige Tatsachen. In diesem Falle heißt es dann, die
Tatsache seigerichtsnotorisch. Neben der allgemein bekannten Tatsache ist das eine
Tatsache, diedem Gericht kraft Amtes bekannt ist: Sie bedarf keines Beweises. § 291der
Zivilprozeßordnung bedient sich dieser Rechtsfigur, um Gerichten die gelegentlichmühsame
Widerlegung abseitiger Behauptungen zu ersparen. Er lautet: Tatsachen, die beidem
Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
Ein Gericht kanndie
Verfolgung und Ermordung vieler Millionen europäischer Juden durch Deutsche undihre
Helfer unter NS-Herrschaft in diesem Sinne als offenkundige Tatsache betrachten.Es wäre
wohl lächerlich, müßte es diese Tatsache aufwendig darlegen. Dennoch müßte esdie
Verfolgung und Ermordung ausdrücklich als – gegebenenfalls offenkundige –Tatsache
kennzeichnen, also darüber, wenn auch in knapper Form, wertend urteilen. Injedem Falle
bedarf die anschließende rechtliche Qualifizierung der Verfolgung und derMassenmorde als
Völkermord der ausdrücklichen Entscheidung, also Bewertung durch eineGericht. Diese
Bewertung gesetzlich auszuschließen, also auch Gerichten ein Urteildarüber zu verbieten,
darin zeigt sich das Denkverbot im Absatz 3 des § 130 StGB.
Denkverbote
auch anderswo
Deutschland steht mit seiner absurdenGesetzgebung nicht allein:
In Frankreich (wie in vielen andern Ländern) ist dieLeugnung des Völkermords an den
europäischen Juden ebenfalls verboten; außerdem dieLeugnung des osmanischen Völkermords
an den Armeniern. In der Türkei ist es hingegenverboten, den Völkermord an den Armeniern
zu behaupten. Die Ukraine verbietet zubestreiten, daß sowjetische Regierung und
kommunistische Partei 1929/30 eineHungersnot herbeigeführt haben, um das ukrainische
Volk auszurotten.
DerFantasie, welche Tatsachenbehauptungen demnächst in
welchen Ländern verboten odervorgeschrieben werden, sind keine Grenzen gesetzt:
Völkermord im Darfur? Behauptung inChina verboten, bei uns die Leugnung. Zweifel an
Bushs Tatversion für den 11.September – in Luxemburg verboten...
Wegen der
Nähe des Paragraphen zu einemGlaubenssatz hatte der iranische Präsident Ahmadi Nedschad
bei einem Interview mit demSpiegel kurz vor der Fußballweltmeisterschaft leichtes Spiel:
SPIEGEL: DasLeugnen des Holocaust steht in Deutschland unter Strafe. Ist es
Ihnen gleichgültig,wenn Ihnen Entrüstung entgegenschlägt?
Ahmadinedschad: Ich weiß,
dass der SPIEGELein renommiertes Magazin ist, aber ich weiß nicht, ob Sie die
Möglichkeit haben, dieWahrheit über den Holocaust zu veröffentlichen. Sind Sie befugt,
alles darüber zuschreiben?
Denn niemand in Deutschland, nicht einmal
Spiegel-Redakteure,dürfen ungestraft die gesetzlich festgeschriebene Tatsachenbehauptung
über denVölkermord an den europäischen Juden in Zweifel ziehen. Ahmadi Nedschad belegt
mit demInterview seine Behauptung, der Westen habe aus dem Holocaust einen Mythos
gemacht; erhabe ihn zu einer sekularen Glaubenswahrheit erhoben.
Der § 130
Abs. 3 StGBgehört ersatzlos gestrichen.
Anmerkung:
Vor Verabschiedung der
Ergänzungdes § 130 StGB verwies eine Minderheit auf Artikel 5 des Grundgesetzes: Dessen
Absatz2 gestatte zwar die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch allgemeine Gesetze;
derAbsatz 3 von § 130 StGB sei aber nicht allgemein, sondern auf einen Einzelfall
bezogen– und somit unwirksam.
Quellen:
dradio.de
dejure.org
aufenthaltstitel.de