Im Feudalismus gibt es keine Selbstbestimmung, hier was interessantes zum Buch:
d) Die Lebensbedingungen der Tibeter unter dem tibetischen Buddhismus
Alsder tibetische Buddhismus in Tibet unumschänkt herrschte, waren die Lebensbedingungen derTibeter entsetzlich. Die überwiegende Mehrzahl der Menschen war sterbensarm, sie lebtendas Leben von unterdrückten Dreckfressern. Unnachgiebig wurden sie von den Mönchenausgebeutet, die ihre Machtansprüche durchaus mit brutaler Gewalt durchsetzen konnte,unter anderem mithilfe zweier Institutionen, von denen die westlichen Tibetfreundenichts wissen, oder über die sie lieber schweigen: der Mönchspolizei (Zimzag) und denMönchssoldaten (Dob-Dobs). Außerhalb der Klostermauern konnte niemand lesen, ein Sozial-oder Gesundheitswesen für die breite Masse der Bevölkerung existierte nicht.Währenddessen schwamm die Mönchselite in Geld- und Sachwerten und brauchte auf keinenLuxus zu verzichten.
Ausgemachten Tibetfans wie Harrer und Schäfer, die sichmit versponnenen Ideen über die Edelmenschen vom Dach der Welt auf den Weg machten,konnten sich über die Lebensbedingungen der breiten Bevölkerung ein Bild aus erster Handmachen. Dabei hatten sie, wie es ihrem Status als „arischen Herrenmenschen“entsprach, für die Leiden der einfachen Bevölkerung nur Verachtung übrig, während ihrZiel die politische Verständigung mit dem erleuchteten Mönchsadel war, dem sie dasabsolute Recht zur brutalen Machtausübung zugestanden. So schreibt zum Beispiel Harrer:
">Es gibt keine Polizei in unserem Sinn, doch werden Übeltäter immer öffentlichabgeurteilt. Die Strafen sind ziemlich drastisch, aber in ihrer Art das einzig Richtigebei der Mentalität der Bevölkerung.< Einem Mann, der eine Butterlampe aus einem Tempelgestohlen hatte, wurden >öffentlich die Hände abgehackt und sein verstümmelter Körper ineine nasse Yakhaut eingenäht. Dann ließ man die Haut trocknen und warf ihn in die tiefsteSchlucht.<" (S. 83)
Schäfer berichtet angeekelt von der südtibetischen StadtPhari:
">So erstickt Phari förmlich im eigenen Auswurf, und nur die Härte desKlimas scheint seine Bewohner notdürftig gegen Pocken, Pest und Cholera zu schützen. InUnrat geschlagene Treppen führen zu den Eingangstüren der stallähnlichen Behausungenhinab, wo sich Menschen und Tiere in trauriger Gemeinschaft gegen die Unbilden derWitterung zu schützen suchen. Ich habe lange genug in Asien gelebt, um gegen Schmutzrecht unempfindlich geworden zu sein. In Phari aber kostet es mich doch einigeÜberwindung, in eine der lichtlosen, entsetzlich riechenden Behausungen hinabzukriechen,die gleichzeitig als Wohnraum, Schlafraum, Küche und Stall dient. Fenster existierennicht, der Boden besteht aus festgetretenen Kuhfladen, und die Wände glitzern von Ruß undReif.<" (S. 28)
So der Bericht eines Tibetbegeisterten aus den späten 30erJahren, der auszog, um seinen schwachsinnigen Rassenkonstrukten in der Praxisnachzuforschen – und dabei auf wenig erbauliches stieß:
"Im Gegensatz zuderlei menschenunwürdigen Lebensumständen erwartete Schäfer zivilisiertere Verhältnissein der Hauptstadt Lhasa, dem Regierungssitz des tibetischen Gottkönigs. In der Tat fander in der „Heiligen Stadt“ – zusammen mit seine Reisegefährten war erpersönlicher Gast des seinerzeitigen Regenten Reting Rinpoche – mit nachgeradeobszöner Pracht ausgestattete Klöster, Tempel, Paläste und Gärten vor (allein der Potala,Winterresidenz des Dalai Lama, verfügte über mehr als 1000 Prunkräume, die etwasaußerhalb Lhasas gelegene Sommerresidenz von Norbulingka über 500 Räume samt einer mehrals vierzig Hektar großen Parkanlage); jenseits der Tempel- und Palastbezirke zeigtensich ihm indes die gleichen elenden Lebensbedingungen, wie er sie überall in Tibetgesehen hatte: Die >heilige Stadt<, wie er schreibt, sei nichts als ein >häßliches Gewirrkleiner und winkliger Gassen und Gäßchen<, in dem die >Unhygiene keine Grenzen< finde(...)" (S. 29)
Die weiteren Beschreibungen aus Lhasa decken sich mit denbereits erwähnten Zuständen in Phari. Nun könnte man immerhin noch die Hoffnung hegen,der derzeitige Dalai Lama würde das alles ändern, wenn er in Tibet wieder an die Machtkäme. Zu dieser Hoffnung besteht allerdings wenig Anlaß. In seiner Exilresidenz führt erdas System, in dem er aufgewachsen ist, bruchlos fort, mit dem Unterschied, daß er unddie Seinen dort aufgrund der internationalen Spenden und nicht der Ausbeutung des eigenenVolkes in Geld schwimmen. Eklatanter werden schon die sozialen Unterschiede, wenn derJet-Set-Dalai-Lama auf den Rest der buddhistischen Welt trifft. So hat er sich zumBeispiel nicht entblödet, in Bodhgaya, dem Ort, an dem Buddha seine legendenhafteErleuchtung erlebte, den Bau einer größenwahnsinnigen, 152,4 Meter hohen Buddhastatue zuinitiieren, deren Kosten mit 100 Millionen US-Dollar veranschlagt werden (aktuellereSchätzungen gegen vom Anderhalbfachen aus) – dies in einer der ärmsten GegendenIndiens. Lokale Aktionsgruppen wie das „Bodh Gaya Forum of Village Republics“sprechen schon jetzt von negativen Auswirkungen des Projekts auf die Region, ohne daß derDalai Lama oder sonst wer in irgendeiner Weise sinnvoll darauf Bezug nähme.
Dievielleicht deutlichste Aussage über das Sozialgefüge des „alten Tibet“ machtdas „Justizsystem“, das in diesem so erleuchteten und vom sanften undtoleranten Buddhismus durchwirkten Land zur Anwendung kam. Es stammte in seinenGrundzügen aus der Zeit von Dschingis Khan und sah Strafen nach Art des Dschingis Khanvor:
Das tibetische Strafrecht leitete sich aus einem Gesetzeswerk DschingisKhans des frühen 13. Jahrhundert ab und zeichnete sich durch extreme Grausamkeit aus. Zuden bis weit in das 20. Jahrhundert hinein üblichen Strafmaßnahmen zählten öffentlicheAuspeitschung, das Abschneiden von Gliedmaßen, Herausreißen der Zungen, Ausstechen derAugen, das Abziehen der Haut bei lebendigem Leibe und dergleichen. Obgleich der 13. DalaiLama 1913 das Abhacken von Gliedern unter Verbot gestellt hatte, wurden derlei Strafennoch bis in die 1950er Jahre hinein vorgenommen. (...) Selbst die ansonsten gänzlichunkritische Autorin Indra Majupuria weist in ihrem Buch Tibetan Women auf historischeBelege dafür hin, daß im „alten Tibet“ eine Frau bei Ehebruch völlig legalvon ihrem Ehemann getötet werden konnte. (S. 24 f.)
Mir ist absolut unklar, wiedie westlichen Tibetfans bei diesen Befunden auf die Idee kommen können, eine erneuerteHerrschaft der Lamas in Tibet würde auch nur entfernt etwas mit Menschenrechten zu tunhaben. Für mich sieht das „alte Tibet“, das von ihnen so glorifiziert wird,wie eine Mischung aus dem christlichen Mittelalter und dem Taliban-Regime aus. Solangedas von wolkigen Scharaden über „Erleuchtung“ und„Spiritualität“ zugedeckt wird, habe ich nicht die geringste Hoffnung, einelamaistische Zukunft in Tibet könne wesentlich anders aussehen.
http://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/low_goldner.html