@Balthasar70 Dieses ganze Geschwafel von wegen Ideale der Aufklärung und so im Zusammenhang mit dem Burkaverbot geht mir sowas auf den Senkel. Weil es extrem heuchlerisch ist.
Über 200 Jahre lang hat niemand so argumentiert, Über 200 Jahre lang war es offenbar mit unseren gesellschaftlichen Grundfesten vereinbar, wenn eine verschleierte Frau vereinzelt die Blicke auf sich zog – sicherlich mehr aus Neugier denn aus Ablehnung.
Und dann kommt GW Bush und verkündet den „Kampf gegen den Terrorismus“. Plötzlich fällt uns ein, daß das Tragen einer Burka die Frau unterdrückt und es sowieso nicht mit unseren gesellschaftlichen Werten vereinbar sei, wenn jemand sein Antlitz verhüllt. Das und nur das seien die einzigen Gründe für das Befürworten eines Burkaverbotes.
Nie und nimmer käme es uns in den Sinn, die Burka verbieten zu wollen, weil wir seit ca. 2001 Angst haben, hinter jeder Burka könne sich in Wirklichkeit ein radikalisierter Jungfrauengeilo in den Jungfrauenhimmel sprengen und dabei gleich die Einzelteile von ein paar verhassten Westlern auf die Reise ins Jenseits mitnehmen. Nein, nein, DAS kann und darf unter den (hier bitte ein Äquivalent für das mittlerweile stark verpönte „Gutmenschen“ denken) nicht die Motivation sein.
Und daß wir dieses Burkaverbot mit dem Aufkommen des IS und seinen zunehmenden Gräueltaten nur noch vehementer einfordern, das ist zwar ein komisch wirkender zeitlicher Zufall, in Wirklichkeit aber der zunehmenden Dringlichkeit, dem Hineingedrücktwerden von islamischen Frauen ins Ganzkörpergewand endgültig Einhalt gebieten zu müssen, geschuldet. Richtig? Alleine der renaissancistische Gedanke der Aufklärung reitet uns und nicht die (vielleicht berechtigte!?) Hosenscheißerei.
Wenn wir – die Guten – die Burka verboten sehen wollen, dann aus hehren Gründen.
Die anderen – Afd-ler und all die anderen Neurechten (die wie die Jungfrau zum Kind manchmal über Nacht zu ihrer Etikettierung kommen) – die fordern ein Burkaverbot, weil sie Nazis oder so aber mindestens fremdenfeindlich sind. Wieder richtig!?
Sagen wir mal so, wenn ich die Burka verboten sehen wollte, dann wäre mir dabei die angebliche Unterdrückung der islamischen Frau relativ egal – nicht weil mir diese Frauen nicht leid täten, sondern weil ich nicht glaube, daß man solche über Generationen verwurzelten Gebräuche (mir fällt grad kein besseres Wort ein) per Gesetz amputieren kann, ohne daß das nach hinten los geht. In zweierlei Hinsicht: Du bringst damit die Burkaträgerin in eine klassische Doppelbindungssituation - sie wird es nicht dem Staat und dem Mann/der Familie zugleich Recht machen können. Wenn sie nicht schon unterdrückt war, dann wird sie es auf jeden Fall jetzt sein.
Und der zweite Punkt ist die Befürchtung (für mich persönlich eine Gewissheit), daß Prediger/Dschihadisten so ein Burkaverbot instrumentalisieren, um noch mehr (junge) Leute zu rekrutieren/radikalisieren.
Die Befreiung der islamischen Frau (so sie denn überhaupt gefangen war/ist) muss innerhalb der Strukturen der islamischen Welt stattfinden, und so zu tun, als gäbe es diese Strukturen nicht in unserer Gesellschaft, würde ich ziemlich blauäugig nennen.
Aus den genannten Gründen bin ich auf jeden Fall gegen ein Burkaverbot, auch wenn ich es auf einer prinzipiellen Ebene befürworte.