shionoro schrieb:Du bist ja schließlich der, der parteiisch ist. Darum wirfst du dem Gericht vor, dass es "Denkfehler" hatte. Das ist schlicht antidemokratisch, denn zur Demokratie gehört, Urteile des Verfassungsgerichtes zu akzeptieren.
Du bringst da was durcheinander. Ich akzeptiere das Urteil des Verfassungsgerichtes, aber ich kritisiere es dennoch. Ist das in deiner Demokratie denn nicht erlaubt? Ich denke schon. Nur weil ein Gericht urteilt, soll ich automatisch mit dem Denken aufhören? Dann hätten wir die DDR wohl lieber mit der BRD fusionieren sollen und nicht umgekehrt.
SvenLE schrieb:Dann bitte ich um Erklärung, wo ein Gericht anhand von Fakten hier Denkfehler produziert:
Also schön. Bitte: (Quelle:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-069.html)
1. Die Rundfunkfreiheit dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Dabei wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden. Dies gilt gerade in Zeiten vermehrten komplexen Informationsaufkommens einerseits und von einseitigen Darstellungen, Filterblasen, Fake News, Deep Fakes andererseits.
Im Grundgesetz Art. 5 Abs. 1 Satz 2 steht:
"Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet."
Das Bundesverfassungsgericht nimmt an dieser Stelle einfach mal an, dass die Rundfunkfreiheit eingeschränkt oder gar zensiert wäre, würde die Erhöhung des Beitrags nicht stattfinden. Gründe? Fehlanzeige. Wenn einer sagt, dass 8 Mrd jährlich nicht reichen, dann wird das schon stimmen, so nach dem Motto.
Es betont sogar ausschließlich die Wichtigkeit der vermeintlichen journalistischen Glanzleistungen des ÖRR, obwohl jorunalistische Beiträge nicht mal die Hälfte der Inhalte des ÖRR wiederspiegeln und ohne zu Quellen heran zu ziehen, die nachweisen ob die voran gegangene Annahme in irgend einer Form die Wirklichkeit abbildet.
Der Gesetzgeber hat durch materielle, prozedurale und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Beitragsfestsetzung die Rundfunkfreiheit nicht gefährdet und dazu beiträgt, dass die Rundfunkanstalten durch eine bedarfsgerechte Finanzierung ihren Funktionsauftrag erfüllen können.
Auch wird gar nicht geprüft oder hinterfragt, was bedarfsgerecht ist. Man übernimmt einfach das, was man ihnen vorgekaut auf den Tisch gelegt hat. Einen Nachweis, warum man mit 8 Mrd euro jährlich den Staatsauftrag nicht wahrnehmen kann, bleibt das Gericht schuldig.
Man muss sich mal vorstellen. Die Bevölkerung oder deren demokratische Vertreter sagen. "Das ist zu viel. Bitte konzentriert euch auf eure Kernaufgabe." und der ÖRR sagt "Nö, wir entscheiden selbst, wie viel wir euch bieten wollen." und wenn dann bei Antrag der Beitragserhöhung die Finanzierungsfrage aufkommt, entscheidet der ÖRR darüber und nicht der Minister/Landtag, was man der Bevölkerung zumuten kann? Wie gesagt, das ist völlig bescheuert, denn damit darf der ÖRR ab sofort alles finanziert bekommen, was immer er für notwendig hält.
Diese Kontrolle darf sich allerdings nicht auf die Vernünftigkeit oder Zweckmäßigkeit der jeweiligen Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten beziehen, sondern allein darauf, ob die Programmentscheidungen sich im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrags halten und ob der aus den Programmentscheidungen abgeleitete Finanzbedarf zutreffend und im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt worden ist.
Mit solchen Sätzen könnte man sich ein 8 Mrd. teures Testbild für 24/7 leisten. Aber jetzt mal abseits davon, ein rechtliche umgrenzter Rundfunkauftrag - was genau soll das sein? Es gibt doch gar keine Grenzen bei der Ausgestaltung des Rundfunkauftrags Seitens des ÖRR. Das ist komplett herbei fantasiert und an der Realität vorbei gedacht. Der ÖRR legt doch selbst fest, wo er wie auftritt und welche Reichweite er haben will.
b) Das gestufte und kooperative Verfahren schließt Abweichungen von der Bedarfsfeststellung der KEF nicht aus. Programmliche und medienpolitische Zwecke scheiden in diesem Zusammenhang jedoch aus. Als Abweichungsgrund kommt gegenwärtig etwa noch die angemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer in Betracht. Die daraus folgende Begrenzung lässt sich jedoch nur dann wirksam sichern, wenn für solche Abweichungen nachprüfbare Gründe angegeben werden.
Hier wird das Bundesverfassungsgericht dann leicht schizophren. Sachsen-Anhalt sagt, für das Geld müsste der Osten stärker representiert werden. Wenn der Preis steigt wäre das sonst für die dortige Bevölkerung nicht zumutbar.
Und genau das, also eine nicht angemessene Belastung der Bevölkerung würde das Bundesverfassungsgerecht als Grund gelten lassen? Weil keine Gründe erkennbar wären? Haben die in den letzten 2 Jahren in Karlsruhe nicht aus dem Fenster geschaut und gemerkt, wie viel Schaden, auch bei den Einkommen der Menschen, allein Corona angerichtet hat?
Wieso fallen euch solche Denkfehler nicht auf?
Insgesamt wirkt es auch etwas irritierend, dass das Bundesverfassungsgericht den Einstimmigkeitszwang der Länder einführt, der im Grunde darauf hinaus läuft, dass so lange abgestimmt wird, bis das Ergebnis stimmt. Diese Art der Auslegung von Demokratie hätte ich zugegebenermaßen auch nicht von einem Verfassungsgericht erwartet. Gleichzeitig zeigt es aber auch, wie kaputt allein das Vertragskonstrukt mit dem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk ist. Denn auch der umgekehrte Fall, 1 Land ist für die Erhöhung, 15 andere dagegen, würde schlussendlich damit enden, dass die Erhöhung kommt, weil der ÖRR ja am Ende seine Rundfunkfreiheit gefährdet sieht und es vor dem Bundesverfassungsgericht so einklagen kann.
Klopft euch ruhig auf die Schulter und freut euch über solche Urteile. Ich halte das für kurzsichtig und einfältig.