todesstrafe wegen bibel?
23.03.2006 um 11:17
moin
normalerweise hätte ich nur den link angeführt
aber nur allzuoft wirddiese funktion nicht genutzt,
deshalb hier ein kommentar von spiegel.de
Die Freiheit des Abdul Rahman
Von Claus Christian Malzahn
ZwölfKarikaturen in einer dänischen Zeitung waren für radikale Muslime Grund genug für blutigeKrawalle. Jetzt droht einem zum Christentum konvertierten Mann in Afghanistan dieTodesstrafe. Der Westen soll sich raushalten, meinen die Afghanen. Wie bitte?
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Die Freiheit der Bundesrepublik werde auch am Hindukuschverteidigt, hat der ehemalige Verteidigungsminister Peter Struck im Herbst 2001 erklärt,als man ihn danach fragte, was die Bundeswehr in Afghanistan zu suchen habe. Anschließendverjagte die Nato die Taliban aus Kabul. Ein mörderisches Regime brach in sich zusammen,das die eigene Bevölkerung, vor allem die weibliche, jahrelang auf das Übelsteterrorisiert hatte. Nach einem Vierteljahrhundert Krieg schien Afghanistan zum ersten Malwieder Aussicht auf bessere, friedlichere Zeiten zu haben.
Gefährlicher Prozess:Ansarullah Mawlavezada, Richter am Obersten Gerichtshof Afghanistans, hält im Verfahrengegen Rahman eine Bibel hoch.
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AFP
Gefährlicher Prozess:Ansarullah Mawlavezada, Richter am Obersten Gerichtshof Afghanistans, hält im Verfahrengegen Rahman eine Bibel hoch.
Doch die Freiheit der Bundesrepublik ist amHindukusch natürlich nicht eingekehrt. Das war auch nicht zu erwarten. Die Taliban habensich zwar in den Süden und die Grenzregion nach Pakistan zurückgezogen. Doch der radikaleIslam ist geblieben. Auch heute noch kann sich in Kandahar keine Frau ohne Burka auf dieStraße wagen. Tatsächlich sind diejenigen Frauen, die man dort auf der Straße in einerBurka sehen kann, sogar privilegiert: Die wenigsten dürfen das Haus überhaupt verlassen.Frauen werden in Afghanistan wie in vielen anderen Ländern der islamischen Weltexistentielle Menschenrechte vorenthalten, und die Präsenz der Bundeswehr in Kabul hatnichts daran geändert.
Afghanistan ist ein von archaischen Traditionendurchdrungenes Land. Und die von der Loya Jirga, der großen Ratsversammlung, in Kabulbeschlossene islamische Verfassung war gegenüber der mörderischen Unrechtssprechung derTaliban sicher ein Fortschritt. Aber Afghanistan ist kein demokratischer Rechtsstaat.Wenn nun einem Muslim die Todesstrafe droht, weil er sich zum Christentum bekennt, zeigtdas nur, wie weit entfernt dieses Land noch von selbstverständlichen rechtlichenStandards ist. Im Nachbarland Pakistan, einem Verbündeten im Kampf gegen den Terror, istdie Lage nicht besser. Dort leben die Christen - zwischen fünf und zehn Prozent derBevölkerung immerhin - in Ghettos; in ständiger Gefahr von Anschlägen. Viele Christen inislamischen Ländern leben in religiöser Apartheid.
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Ihre Meinung:Bundeswehr aus Afghanistan abziehen?
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von Old Abe
Wenn nun die Kritik an dem drohenden Todesurteil in Kabul als "Einmischung in innereAngelegenheiten" zurückgewiesen wird, ist es wohl höchste Zeit, noch deutlicher zuwerden. Es geht nicht nur um Abdul Rahman, der sich aus Gründen, die nur ihn etwasangehen, zum Christentum bekennt. Es geht auch um die Frauen, die in afghanischenGefängnissen schmachten, weil sie des Ehebruchs angeklagt worden sind. Es geht um jungeMädchen, die gegen ihren Willen an alte Männer verschachert werden. Es geht umStudentinnen, die nicht wagen können, allein auf die Straße zu gehen, weil sonst ein paarmännliche Analphabeten auf die Idee kämen, ihnen Gewalt anzutun. Und es geht um dievielen hunderttausend Frauen in Afghanistan, die ihr Leben hinter Mauern verbringenmüssen; ohne Bildung, ohne das Recht auf Freude. Darum geht es, nicht nur um AbdulRahman. Der hat nach einer Verurteilung gute Aussichten, von Präsident Karzai begnadigtzu werden - so wie die Frauen, die in den Gefängnissen hocken, weil sie angeblich ihrenMann betrogen haben (oft übrigens nur ein Vorwand, um sie loszuwerden). Doch es gehtnicht um Gnade, sondern um Recht. Auf nichts weniger sollte der Westen bestehen.
Denn wir verhandeln hier keine inneren Angelegenheiten sondern die Frage derGültigkeit internationaler Menschenrechte. Als eine dänische Tageszeitung ein paar mehroder weniger dämliche Karikaturen veröffentlichte, brannte einige Monate später derislamische Zorn. Jetzt, wo es um Menschenleben und Grundrechte geht, hören wir Sprüchewie im Kalten Krieg: Mit der Floskel von "inneren Angelegenheiten" hat auch dasSowjetimperium noch jedes Mal westliche Kritik an Menschenrechtsverletzungen abgelehnt.Abdul Rahmans Angelegenheiten, die Angelegenheiten der Frauen von Afghanistan - das sindunsere Angelegenheiten. Und wenn die Bundeswehr diese Freiheit am Hindukusch nichtverteidigen kann, dann sollte sie abgezogen werden. Es gibt keinen Grund, auf dasGrundgesetz vereidigte Soldaten zu Operettenkriegern zu machen.
quelle :www.spiegel.de
buddel