Antirussische Stimmung durch den Russland/Ukraine Krieg

Kasach87 schrieb:Es ist ein schwieriges Thema, nicht einfach zu beantworten. Als Russlanddeutscher mit einem russischen Nachnamen, fühlt man sich im Moment tatsächlich unwohl, obwohl man selber absolut gegen Putin ist. Dauernd kommen irgendwelche blöden oder scherzhaft gemeinten Sprüche oder Nachfragen. Ich lebe jetzt seit 25 Jahren in Deutschland und rückblickend betrachtet, wurde man immer als Russe bezeichnet, nicht mal negativ gemeint, aber es war und ist einfach so. Vllt. ist das tatsächlich so, dass ein großer Teil der hier lebenden Russlanddeutschen pro Putin ist. Meiner Einschätzung nach 50:50. Ich denke die Gründe dafür sind sehr vielschichtig. Russisches Fernsehen ist tatsächlich ein großer Faktor. Teilweise vllt. auch sowas wie Trotzreaktion auf dieses dauernde "bist du Russe?" Gerede. Manche haben sich dann wohl doch abgekapselt oder im Inneren damit abgefunden "Russe" zu sein.

Pro Putin gibt es auch in Afrika. Der entschiedene Punkt ist, dass allg. Russlanddeutsche pauschalisiert werden, weil diese entweder russisch sprechen oder allg. mit Russland irgendwelche Anhaltspunkte haben. Dass dein Nachname seit 25 Jahre ab und zu zur Geltung kommt, ist nicht ausgewöhnlich, aber dennoch freudlos. Denn die „vollständige“ Integration, werden wohl deine Kinder oder besser gesagt deine Enkelkinder ausleben können. Aber auch die, wie wird das jetzt schleichend mitverfolgen, werden nicht von den Vorurteilen und Generalisierung verschont bleiben.

@parabol

Bei vielen Geflüchteten habe ich im Laufe der Jahre den Eindruck gewonnen, dass sie sich bemühen, möglichst nicht "anzuecken", sie verhalten sich nach Möglichkeit politisch unauffällig.

Doors schrieb:@parabol

Bei vielen Geflüchteten habe ich im Laufe der Jahre den Eindruck gewonnen, dass sie sich bemühen, möglichst nicht "anzuecken", sie verhalten sich nach Möglichkeit politisch unauffällig.

Kann man sich "politisch unauffällig" verhalten?

Doors schrieb:Bei vielen Geflüchteten habe ich im Laufe der Jahre den Eindruck gewonnen, dass sie sich bemühen, möglichst nicht "anzuecken", sie verhalten sich nach Möglichkeit politisch unauffällig.

Wäre auch merkwürdig, ein politisches System zu verteidigen, vor dem man gerade geflüchtet ist und das System schlecht zu machen, bei dem man gerade Schutz gefunden hat. Da könnte man dann wirklich sagen, dass es besser gewesen wäre, wenn sie in ihrem alten Land geblieben wären.

Johnny1887 schrieb:Kann man sich "politisch unauffällig" verhalten?

Denke schon, indem man kein politisches Statement abgibt. Halte ich aber für gefährlich, wenn man dies tut weil man glaubt anzuecken.

Bambasik schrieb:Der entschiedene Punkt ist, dass allg. Russlanddeutsche pauschalisiert werden, weil diese entweder russisch sprechen oder allg. mit Russland irgendwelche Anhaltspunkte haben.

Das ist auch wieder eine Verallgemeinerung, die so nicht zutrifft.
Jedenfalls nicht in meinem Umfeld. Klar...wenn mir einer mit seiner politischen Meinung kommt, dass man Putin ja auch verstehen müsste und wie schlimm der Westen ist, kommt von meiner Seite entsprechender Gegenwind. Nachdem die "Fronten" geklärt sind, wird aber zur Tagesordnung übergegangen.
Wenn jemand von sich aus das Thema nicht anfängt, werde ich sicher auch nicht nach der Gesinnung fragen.

Wenn Russlanddeutsche das als Angriff oder Nichtakzeptanz sehen, kann ich denen leider auch nicht helfen.

Rasenmayer schrieb:Wenn Russlanddeutsche das als Angriff oder Nichtakzeptanz sehen, kann ich denen leider auch nicht helfen.

Genau das ist das Problem bei vielen. Sie denken jeder müsste ihre Meinung kritiklos akzeptieren, weil Meinungsfreiheit und so. Das dem nicht so it’s kriegen viele einfach nicht in ihren Kopf hinein, du darfst jede Meinung haben, aber ich darf das auch und ich darf auch deine Meinung kritisieren wenn ich es für richtig halte.

behind_eyes schrieb:Denke schon, indem man kein politisches Statement abgibt. Halte ich aber für gefährlich, wenn man dies tut weil man glaubt anzuecken.

Nun, es ist schon schwierig, Menschen aus Diktaturen dazu bewegen, beispielsweise an einer Unterschriften-Aktion oder gar einer Demo teilzunehmen - auch wenn ihnen hierzulande nichts passiert. Die Angst steckt eben drin.

Doors schrieb:Bei vielen Geflüchteten habe ich im Laufe der Jahre den Eindruck gewonnen, dass sie sich bemühen, möglichst nicht "anzuecken", sie verhalten sich nach Möglichkeit politisch unauffällig.

Die Migranten aus Russland sind doch keine Geflüchteten, Antragsteller für Asyl aus Russland sind irgendwo im Promillebereich, oder meinst Du die Tschetschenen?

@parabol

Das bezog sich nicht unbedingt nur auf Geflüchtete aus Teilstaaten der ehemaligen UdSSR, sondern ganz generell auf Geflüchtete aus Ländern, die weniger demokratisch verfasst sind als die BRD. Es ging mir auch nicht explizit um Menschen, die aus Verfolgungsgründen einen Asylstatus haben. Ich sehe auch durchaus wirtschaftliche Fluchtgründe für Menschen als "gute Gründe" an. Schliesslich waren da ja auch hierzulande die Motive unterschiedliche, wenn beispielsweise Menschen die DDR verliessen.

Tschetschenen kenne ich persönlich keine, daher kann ich mich zu deren politischen Einstellungen und Engagement nicht kompetent äussern.

parabol schrieb:Asyl aus Russland sind irgendwo im Promillebereich, oder meinst Du die Tschetschenen?

Unter diesen gibt es auch prorussische Agenten.

https://www.derstandard.at/story/2000134202372/tschetschenische-influencer-als-kriegstreiber-in-wien?ref=article

Da in Russland heute Facebook und Instagram verboten wurden, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, wann auch die nächsten internationalen Medien geblockt werden. So langsam wird das ja wie in Nordkorea dort.

Wann folgt youtube? Das wird ziemlich hart für viele Russen, denn YT ist wohl ziemlich beliebt. Zumindest findet man massenweise russische Kommentare unter z.B. Musikvideos aus den 80ern.

Stan_Marsh schrieb:Wann folgt youtube? Das wird ziemlich hart für viele Russen, denn YT ist wohl ziemlich beliebt. Zumindest findet man massenweise russische Kommentare unter z.B. Musikvideos aus den 80ern.

Wenn sie es Merken was grade abgeht dürfte es zu spät sein.

An dieser Stelle an die Russischen Bürger: Willkommen im Faschismus.

abberline schrieb:Da in Russland heute Facebook und Instagram verboten wurden, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, wann auch die nächsten internationalen Medien geblockt werden. So langsam wird das ja wie in Nordkorea dort.

Weiß nicht was ich dazu sagen soll, aber die Russen sind fleißig am Posten und manche waren sogar noch vor 10 min online, wie beängstigend das doch alles ist …

Stan_Marsh schrieb:Wann folgt youtube? Das wird ziemlich hart für viele Russen, denn YT ist wohl ziemlich beliebt. Zumindest findet man massenweise russische Kommentare unter z.B. Musikvideos aus den 80ern.

Genauso wie mit Intergram und Co., sehr hart. Das wird sie verzweifeln lassen. Ganz bestimmt.

Fedaykin schrieb:Wenn sie es Merken was grade abgeht dürfte es zu spät sein.

An dieser Stelle an die Russischen Bürger: Willkommen im Faschismus.

Es wird nicht in Erfüllung gehen. Probiere es weiter. :D

Bambasik schrieb:Genauso wie mit Intergram und Co., sehr hart. Das wird sie verzweifeln lassen. Ganz bestimmt.

Es wirft Russland halt zurück in die 90er und nach und nach dann auf das Niveau Nordkorea. Gut, da leben auch knapp 26 Mio. Menschen ihr Leben, keine Ahnung, wie verzweifelt die tatsächlich sind.

Stan_Marsh schrieb:Es wirft Russland halt zurück in die 90er und nach und nach dann auf das Niveau Nordkorea. Gut, da leben auch knapp 26 Mio. Menschen ihr Leben, keine Ahnung, wie verzweifelt die tatsächlich sind.

Verzweiflung kommt von Zweifel und den muss man erstmal haben. Eine "gute" Diktatur erstickt jeden Zweifel in Keim, Nordkorea kann das gut.
Mit Russland haben wir aber ein Land, welches große Teilhabe am westlichen Lebensstil hatte, das bekommt man nicht so einfach aus den Köpfen raus.
Insta, Facebook und Co sind gerade für die junge Generation identitätsstiftend und ich habe etwas die Hoffnung das ein Verbot von Insta mehr in den Köpfen anrichtet als der Krieg an sich, also ich sehe das als Chance.

behind_eyes schrieb:und ich habe etwas die Hoffnung das ein Verbot von Insta mehr in den Köpfen anrichtet als der Krieg an sich, also ich sehe das als Chance.

Zunächst werden sie noch weiter von möglichen Informationsquellen abgeschnitten und man wird versuchen, die Enttäuschung und den Zorn der wegfallenden Annehmlichkeiten Richtung Westen zu kanalisieren. Daher bin ich mir nicht so sicher, ob das wirklich eine Chance sein kann.
Aber die Hoffnung darf man nicht aufgeben.