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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

336 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Grenze, Mauer, Fahndung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

04.10.2020 um 22:36
Zitat von WardenWarden schrieb:Realo schrieb:
Verfassung? Grundgesetz? Humanistische Werte? Nicht das Papier wert...
"Normative Kraft des Faktischen", wie unser Staatsrecht-Prof das so schön nannte.
Ja, nichts Unbekanntes. Ratlosigkeit wird dann durch Zynismus überdeckt und verborgen.

Andererseits, wenn schon Spezialisten ("Professoren") in diesem ihrem Metier so ratlos sind oder tun, was soll man dann noch sagen...


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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 00:28
Zitat von RealoRealo schrieb:Ja, nichts Unbekanntes. Ratlosigkeit wird dann durch Zynismus überdeckt und verborgen.

Andererseits, wenn schon Spezialisten ("Professoren") in diesem ihrem Metier so ratlos sind oder tun, was soll man dann noch sagen...
Was will man auch groß sagen?

Der Kontext war ferner eigentlich ein ganz anderer, nicht, dass man diesen als Fremder natürlich kennen könnte. Wenn ich mich recht entsinne: Es ging eigentlich beispielhaft um die Ukraine, und dass die ukr. Verfassung eine Abspaltung wie bei der Krim usw gar nicht vorsehen würde.

Ein Stück Papier (oder digitales Produkt, wenn digitale Version) sowie der verfassungsrechtliche und gesamtgesellschaftliche Wille der Ukraine konnten das nicht verhindern. Ggf. sogar größer gesehen, mit westlicher mentaler oder sonstiger Unterstützung.

Man kann das alles auch als "höhere Gewalt" subsumieren. Verfassungsrechtliche Aspekte sind etwas was man anpeilen kann oder will. Aber wenn höhere Gewalt sich darauf maßgeblich auswirkt, dann kann es ab einem gewissen Level halt nichtig oder unpraktikabel, also nicht mehr effektiv umsetzbar sein. Dann schafft die Realität neue Fakten.

Da kann man jetzt mal wieder moralisch argumentieren - soweit ok. Aber wenn man eine Schwelle erreicht, dann erreicht man sie eben.

Im milden Fall muss eine Verfassung schlicht angepasst oder ergänzt werden weil neue Rahmenbedingungen auftreten, die nicht abgedeckt sind. So ungefähr beispielhaft, wie das im Islam durch die Rechtsschulen geschieht, wo Dinge neu bewertet werden die man damals gar nicht hätte bewerten können - wie moderne Technik oder soziale Normen die früher nicht denkbar waren.

Im Extremfall könnten Teile bis hin zu Kernaspekte einer Verfassung schlicht obsolet bzw. nicht umsetzbar werden.

Lange Rede, kurzer Sinn: Manchmal wird Rechtsprechung durch die Realität überholt. Dann muss man eben schauen wie man damit umgeht, weil man Dinge die vorgeschrieben sind praktisch nicht mehr im erdachten Sinne umsetzen kann.

Praktischer: Ich kann nur so lange etwas anbieten, wie es verfügbar / finanzierbar / umsetzbar bleibt. Die Maxime sollte sein, dass man die Werte die man sich gibt und setzt auch möglichst kompromisslos verteidigt und anwendet - solange es eben möglich ist. Wenn das aber irgendwann nicht mehr gehen sollte, muss man umschwenken oder das reduzieren.

Sich der Realität beugen, wenn alles versucht wurde bzw. anderes nicht möglich oder umsetzbar ist.

Man muss sich für die Werte die man vorbetet einsetzen, sonst sind sie wenig wert. Aber ich bin da auch pragmatisch: Wenn größere Umstände eine Änderung erzwingen bzw. etwas nicht mehr wie vorher möglich machen, dann muss man sich anpassen.


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05.10.2020 um 01:05
Zitat von WardenWarden schrieb:Im milden Fall muss eine Verfassung schlicht angepasst oder ergänzt werden weil neue Rahmenbedingungen auftreten, die nicht abgedeckt sind. So ungefähr beispielhaft, wie das im Islam durch die Rechtsschulen geschieht, wo Dinge neu bewertet werden die man damals gar nicht hätte bewerten können - wie moderne Technik oder soziale Normen die früher nicht denkbar waren.

Im Extremfall könnten Teile bis hin zu Kernaspekte einer Verfassung schlicht obsolet bzw. nicht umsetzbar werden.
Und du meinst die normative Kraft des Faktischen - in diesem Fall eine völlig andere Flüchtlingssituation, die die Väter des Grundgesetzes damals nicht antizipieren konnten - könnte die Zuständigen (in diesem Fall das Parlament) dazu zwingen, Teile des Grundgesetzes - in diesem Fall Artikel 16 - umzuschreiben, neu zu fassen oder den Artikel im schlimmsten Fall aufzuheben?

Das ist das Spiel mit dem Feuer, das dann sehr schnell auch die Demokratie verbrennen könnte. Zumindest momentan siehts nicht danach aus, als ließe sich für so ein wahnwitziges Unterfangen eine Zweidrittelmehrheit finden. Allenfalls 20%: AfD und einige Abweichler aus CDU/CSU, Linke und FDP.

Aber man muss auch immer wieder sagen: noch. Ich bleibe diesbezüglich wohl bis an mein Lebensende in permanenter Alarmbereitschaft.
Zitat von WardenWarden schrieb:Praktischer: Ich kann nur so lange etwas anbieten, wie es verfügbar / finanzierbar / umsetzbar bleibt. Die Maxime sollte sein, dass man die Werte die man sich gibt und setzt auch möglichst kompromisslos verteidigt und anwendet - solange es eben möglich ist.
"Solange es eben möglich ist." Das berühmte Hintertürchen für eine potenzielle spätere Devianz.
Zitat von WardenWarden schrieb:Sich der Realität beugen
So kann man die Devianz sich dann natürlich sehr "pragmatisch" schön zu reden versuchen. Gewissen war was für Vorgestrige, oder, um es mit deinen Worten zu sagen:
Zitat von WardenWarden schrieb:Aber ich bin da auch pragmatisch: Wenn größere Umstände eine Änderung erzwingen bzw. etwas nicht mehr wie vorher möglich machen, dann muss man sich anpassen.



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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 01:29
Zitat von RealoRealo schrieb:Das ist das Spiel mit dem Feuer, das dann sehr schnell auch die Demokratie verbrennen könnte.
Oder halbwegs bewahren, indem man sich an die Lage anpasst und nicht bis zur Selbstaufgabe an etwas kompromisslos festhalten will bis gar nichts mehr geht.
Zitat von RealoRealo schrieb:"Solange es eben möglich ist." Das berühmte Hintertürchen für eine potenzielle spätere Devianz.
Sinngemäß: Wenn ich Feuerwehrmann bin und einen Brand lösche der sich immer mehr ausbreitet, alles steht in Flammen und das Feuer droht mir den Boden durch Zersetzung / fehlende strukturelle Integrität wegzureissen ... dann sollte ich überlegen irgendwann den Ort zu verlassen und von woanders löschen. Und wenn gar nichts geht, kann ich im Innern das Löschen einstellen und schaue nur noch von aussen, dass sich nichts ausbreitet - statt stoisch zu verweilen bis man untergeht.

Der Zeigefinger ist nachvollziehbar, aber irgendwann sollte man ihn runternehmen wenn eine Lage - das ist noch Zukunftsmusik - aussichtslos wird.

Aber das ist eben die Sache: Die Realität oder höhere Gewalt forciert Dinge. Ob die am Ende mir oder dir passen ... ist eigentlich im großen Ganzen irrelevant.

Ich will auch vieles nicht. Ich will den relativen Frieden den ich in diesen Breitengraden genießen kann möglichst lange erleben, nicht nur für mich sondern nachfolgende Generationen. Und das wünsche ich möglichst auch anderen Personen in anderen Breitengraden. Aber nichts ist perfekt, nichts hält ewig, nichts geht immer gut.

Daher bleibt am Ende nur eine gewisse Adaptivität, Anpassung an neue Rahmenbedingungen, und ein Anpassen der gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten mit Blick auf die Realität und eben die Werte die man hochhalten will. Dann schaut man, wie man am Ende damit umgeht.

Gen Topic: Wenn das am Ende etwas mehr Grenzsicherung (auch EU-Grenze) notwendig macht oder Anpassungen in der Migration oder im Asylrecht - ohne es über Bord zu werfen - dann möge das so sein.


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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 04:44
Zitat von RealoRealo schrieb:Das ist das Spiel mit dem Feuer, das dann sehr schnell auch die Demokratie verbrennen könnte.
Wenn Rechtsextremismus und Islamismus das Feuer sind in dem die Demokratie verbrennt, dann ist die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen welche den Rechten die Wähler scharenweise zutreiben und der Islamismus selbst der mit ihnen kommt, die größte Gefahr für die Demokratie.


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05.10.2020 um 07:46
Treiben nach diesem Selbstverständnis nicht auch Linksextremisten "innerhalb des Zaunes" Rechtsextremisten Wähler zu?
Was also machen?
@Jaime ?


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05.10.2020 um 09:08
Zitat von JaimeJaime schrieb:Wenn Rechtsextremismus und Islamismus das Feuer sind in dem die Demokratie verbrennt, dann ist die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen welche den Rechten die Wähler scharenweise zutreiben und der Islamismus selbst der mit ihnen kommt, die größte Gefahr für die Demokratie.
Ja, das kommt natürlich hinzu. Wenn alles für viele schlimmer wird und man als Staat und System nicht adäquat erklären aber auch gegenlenken kann oder will, so suchen vermehrt Menschen im Extremismus Halt bzw. Lösungen. Wenn alles im Staate oder System aussichtslos erscheint könnte man sich denken: "Was habe ich noch zu verlieren, kann ja höchstens besser werden." (was natürlich tückisch ist).

Von den Wechselwirkungen unter den Extremismen ganz zu schweigen.

Dann geht Demokratie bzw. Freiheit wie wir sie hier kennen oder schätzen unter, weil man untätig war oder nicht vom unhaltbaren Kurs abweichen wollte. Ja, im Extremfall könnte sich sogar Geschichte wiederholen. Kann es denn wer ausschließen? Wirklich?

Sinngemäß so, als würde ich mit Vollgas die Strasse runterbrettern und immer mehr beschleunigen weil das als alternativlos verkauft wird und das Bremsen keine Option sei. Dass man dann irgendwann den Karren dann absehbar an die Wand fährt, ist klar.

Ich will die Standpunkte von beispielsweise Realo nicht mal verteufeln oder als schlecht betiteln. Ich schrieb ja bereits, dass die Werte die man sich gibt nicht viel Wert haben, wenn man nicht dafür einstehen will. Das muss man also versuchen.

Aber ich finde halt, dass einen das bei höheren Mächten nicht in den Untergang reißen darf, wenn dann nichts mehr geht.

Daher präferiere ich den adaptiven zeitnahen Wandel, damit man im worst case überhaupt irgendwas bewahren kann, als quasi alles zu verlieren.

Also sage ich: Kämpfen wir für die Werte solange wir können, aber passen wir uns auch den Normen entsprechend an, wenn es nicht mehr anders geht bzw. geboten erscheint. Möglichst im Sinne der Werte, nicht komplett zuwiderlaufend.


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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 10:13
Zitat von RealoRealo schrieb:Optimist schrieb:
Hat man doch damals bei den Griechenlandhilfen zB auch gesehen, wo Merkel als Nazi dargestellt wurde usw.
Das ist was anderes, da ging es um Griechenlands Reparationsforderungen von einigen hundert Milliarden Euro, die von der Regierung als indiskutabel abgelehnt wurden.
@Realo

Das fing eigentlich eher an, als bei den Greichenlandhilfen die Geberseite die Frechheit besaß Bedingungen zu stellen. Das hatte sich angesichts der aussichtslosen Reparaturforderungen als innenpolitische griechisches Signal lediglich wiederholt.
Zitat von RealoRealo schrieb:Und du meinst die normative Kraft des Faktischen - in diesem Fall eine völlig andere Flüchtlingssituation, die die Väter des Grundgesetzes damals nicht antizipieren konnten - könnte die Zuständigen (in diesem Fall das Parlament) dazu zwingen, Teile des Grundgesetzes - in diesem Fall Artikel 16 - umzuschreiben, neu zu fassen oder den Artikel im schlimmsten Fall aufzuheben?
Mein Lösung wäre ja, den Art 16 GG einfach wortgetreu zu befolgen, bin ich dabei. Allerdings war seit 2015 noch mehr als vorher das Gegenteil der Fall. Die politische Verfolgung als relativ unbestimmter Rechtsbegriff wurde immer weiter ausgedehnt. Und das mit dem sicheren Drittland hat man weitgehend 'ruhen lassen'.

Von daher wäre anzudenken, entweder den Artikel wieder so anzuwenden, wie er gedacht war, was ich bei Weitem favorisieren würde oder ihn abzuändern in 'ganz egal ob w/m/d sich vorher schon in einem sicheren Land befand', was ich nicht zielführend finde. Den Artikel aber so zu lassen und weiterhin in Teilen zu ignorieren ist ja auch keine Masterlösung.

Ein Zaun ist natürlich eine nicht praktikable Lösung. Unabhängig von den Kosten wäre das für die meisten Einwohner von Grenzregionen eine echte Katastrophe. Für das Wild wäre es gar nicht günstig. Und es wäre ein Symbol für Einschränkung von Freiheit. Da bin ich gar nicht für.
Wenn man illegale Migration steuern will, dann an den EU Außengrenzen und mit nachdrücklichen Rückführungen.


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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 11:01
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Ein Zaun ist natürlich eine nicht praktikable Lösung. Unabhängig von den Kosten wäre das für die meisten Einwohner von Grenzregionen eine echte Katastrophe.
Ich bin unmittelbar an einer Grenze aufgewachsen (in Westdeutschland), und in meiner Jugend hat es noch Grenzkontrollen gegeben. Aber nicht einmal damals war die Kontrolle so streng, wie es sich anscheinend manche wünschen würden. Einen Zaun hat es nie gegeben, höchstens mal an einigen wenigen Stellen. Und für die Grenzbewohner war es schon immer etwas aufwändig gewesen, bei jedem Grenzwechsel immer an den Kontrollstellen auf die Abfertigung zu warten. Ich persönlich vermisse diese Grenzkontrollen nicht.


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05.10.2020 um 11:05
@martenot

Man hat ja schon anlässlich der Corona Grenzschließungen gesehen, was für gewaltige EInschränkungen das für die Bewohner mit sich brachte. Es ist ja nun nicht mehr unüblich, in Deutschland zu wohnen und in Belgien zu arbeiten oder umgekehrt. Ich kenne mich gerade in der Eupener Grenzregion aus familiären Gründen gut aus. Das Thema Grenze ist da eigentlich lange überwunden. Das führt ja überhaupt nur dazu, dass diese Grenzregionen lebendig bleiben. Wen ein kleiner Ort plötzlich an einer aufwändige zu überquerenden Grenze leigt, dann wird es den vielleicht bald gar nicht mehr geben. Man müsste nur mal die Nordeifeler Bevölkerung fragen. Da würde einem jeder einen Vogel zeigen, wenn wir zu Belgien wieder Verhältnisse hätten wie 1952.


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05.10.2020 um 11:30
Zitat von WardenWarden schrieb:Aber das ist eben die Sache: Die Realität oder höhere Gewalt forciert Dinge. Ob die am Ende mir oder dir passen ... ist eigentlich im großen Ganzen irrelevant.
Selbst wenn unsere Analyse zu ein und demselben Schluss kommt: Es kommt eben darauf an, wie man damit umgeht. Ich komme gleich in deinem Extremismus-Teil noch mal darauf zu sprechen.

Vorher wollte ich noch eins herausstellen: Aufgabe der Politiker ist es, auf demokratischem Weg zivilisatorische Mindeststandards aufrecht zu erhalten. Ich glaube, so weit besteht zwischen uns noch Konsens.
Zitat von WardenWarden schrieb:Lange Rede, kurzer Sinn: Manchmal wird Rechtsprechung durch die Realität überholt. Dann muss man eben schauen wie man damit umgeht, weil man Dinge die vorgeschrieben sind praktisch nicht mehr im erdachten Sinne umsetzen kann.
Ich weiß nicht, was du beruflich machst, aber wenn ich dich so lese, glaube ich du bist Anwalt. Du hast ein Rechtsverständnis, Situationen zu begreifen, Probleme und Spannungen nachzuvollziehen und bist der richtigen Meinung, wenn sich ein gesellschaftlich starker Trend herausstellt, dass die Politik einen anderen Weg einschlagen muss, um gesellschaftliche (oder wirtschaftliche) Spannungen nicht anwachsen zu lassen, sondern Dampf aus dem Kessel zu nehmen, damit uns der ganze Laden nicht um die Ohren fliegt, müssen sich die Gesetze der neuen Situation anpassen, um unkontrollierbaren Schaden zu verhindern. Auch so weit gehe ich noch mit dir.

In der Frage der Flüchtlingspolitik betreten wir aber (nicht erst seit heute,. sondern eigentlich schon seit Jahrzehnten, aber zunehmend von einem großen Teil der Bevölkerung als kritisch bis nicht hinnehmbar empfunden) einen neuen Bereich, in dem nicht Gesetze, sondern gesellschaftliche und staatliche Grundlagen zur Disposition gestellt werden. Hier geht es nicht um Gesetze, sondern um das Fundament unseres Staatswesens und die Staatsform, die wir Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nennen, die auf dem Prüfstand steht.

Einige Jahre nach dem Krieg animierten die Alliierten einige führende und aus ihrer Sicht denazifizierte deutsche Politiker (wie z.B. den Kölner OB Konrad Adenauer), die sie für einflussreich hielten, den Deutschen eine demokratische Verfassung zu geben als ersten wichtigen Schritt, um ihnen die Souveränität zurückzugeben. Diese sollte so formuliert sein, dass so etwas wie die 12 Jahre davor nie wieder passieren kann. Dazu gehörten, als rechtsstaatliche nicht hinterfragbare, nicht hintergehbare Grundwerte die Grundrechte, die jeder Mensch hat und die staatlich geschützt werden müssen, also die Menschenrechte, die mit allen Mitteln des Rechtsstaats für alle hier Lebenden verteidigt werden müssen (worauf auch der viel zitierte Amtseid beruht, gleich ob bei Soldaten oder Beamten). Doiese grundrechte waren in den Artikeln 1 - 20 zum Ausdruck gebracht worden, quasi als "ewige Rechte").

Heißt: Einige dieser Artikel - allerdings nicht Art. 16 - sind unveränderbar und müssen notfalls mit Waffengewalt verteidigen werden. Hier ist auch selbst militärische Gewalt zulässig, um diese Rechte zu schützen, also im schlimmsten Fall, um einen Putsch abzuwenden. Und: Das GG unterscheidet hier nicht zwischen Deutschen und Ausländern. Die Grundrechte von allen, die auf dem Staatsgebiet leben, müssen geschützt werden.

Du sagst jetzt: Wenn wegen einem starken Andrang von Flüchtlingen die innenpolitische Situation so kritisch wird, dass sie nicht mehr länger so zu halten ist, sollten auch Grundrechte notfalls aufgehoben werden können, wenn anders der innere Frieden nicht mehr realisierbar ist. Das willst du mit Gesetzen erreichen. Damit stellst du doch gegen das GG und bist mit dieser Einstellung eigentlich ein Verfassungsfeind. Aber es gibt einen anderen Weg dieses Dilemma zu lösen, und den nannte ich auch: Eine politische Zweidrittelmehrheit zu beschaffen. Dann darfst du Artikel 16 nicht nur umändern, sondern ganz abschaffen. Aber ich sagte eben auch: Diese Zweidrittelmehrheit kriegst du nicht. Eigentlich ist bereits Seehofers Obergrenze 200.000 pro Jahr verfassungswidrig. Ich weiß nicht einmal, ob diese Sache in Karlsruhe überhaupt schon erörtert wurde, aber wo kein Kläger, da kein Urteil. dabei kommen seit 2016 gerade mal gut die Hälfte von der "erlaubten" Höhe an Flüchtlingen zu uns, aber viele rechte Kräfte, auch hier, schreien unaufhörlich so laut, als stünde der Bestand des Abendlands auf dem Spiel. Ich finde diese Situation, wie wir sie in einer ersten Hysteriewelle bereits vor 1
Jahren erleben durfte, als Sarrazin sein Hetzwerk veröffentlichte und damit auf rieseigen Zuspruch auch aus der Mitte der Gesellschaft stieß, unerträglich und frage mich, woran es liegt, dass das gros der Bevölkerung immer noch nicht bereit ist sich zivilisatorisch zu benehmen und Flüchtlinge wir Invasoren ansieht. Da muss auch in der Erziehung und im Schulunterricht grundsätzlich was falsch gelaufen sein, denn niemand ist von Geburt an rassistisch und xenophob. Hier sind wir aus meiner Sicht aber im Zentrum der Problematik, denn seit Sarrazin hat sich rein gar nichts verändert, die Sache ist nur sichtbarer geworden durch die neue Rechtspartei, die sich zwischenzeitlich gebildet hat. Ich muss da an Bert Brecht denken: Die politische Führung kann sich ihr Volk nicht aussuchen und es gegen ein anderes austauschen, wenn es ihr nicht mehr passt.
Zitat von WardenWarden schrieb:Sinngemäß: Wenn ich Feuerwehrmann bin und einen Brand lösche der sich immer mehr ausbreitet, alles steht in Flammen und das Feuer droht mir den Boden durch Zersetzung / fehlende strukturelle Integrität wegzureissen ...
Ich mag keine Analogien, besonders nicht in Zentralfragen der politischen Moral, wenn sie nur den Geist verwirren.
Zitat von WardenWarden schrieb:Ich will die Standpunkte von beispielsweise Realo nicht mal verteufeln oder als schlecht betiteln. Ich schrieb ja bereits, dass die Werte die man sich gibt nicht viel Wert haben, wenn man nicht dafür einstehen will. Das muss man also versuchen.

Aber ich finde halt, dass einen das bei höheren Mächten nicht in den Untergang reißen darf, wenn dann nichts mehr geht.
Und da führst du als Zentralproblem die Gefahr des Extremismus an:
Zitat von WardenWarden schrieb:Wenn alles für viele schlimmer wird und man als Staat und System nicht adäquat erklären aber auch gegenlenken kann oder will, so suchen vermehrt Menschen im Extremismus Halt bzw. Lösungen. Wenn alles im Staate oder System aussichtslos erscheint könnte man sich denken: "Was habe ich noch zu verlieren, kann ja höchstens besser werden." (was natürlich tückisch ist).

Von den Wechselwirkungen unter den Extremismen ganz zu schweigen.
Wir sollten uns aber einig sein, dass hier Rechtsextremismus gemeint ist, der sich federführend fühlt für die hetze gegen Flüchtlinge. früher sprach man von Ausländerhetze. Wir sie eine gruppe wie die NPD schon über ein halbes Jahrhundert betreibt ("Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!") konnte man auch schon in den frühen 1960er Jahren in Form von proto-Graffiti an den Hauswänden lesen.

Und hier verwechseln viele besorgte Bürger rechtsextreme Einstellungen mit "Bürgereinstellungen". Das geht so weit, dass ihnen nicht Verfassungsverteidiger ("Kommunisten!") als die loyalsten Vertreter von Rechtsstaatlichkeit erschein, sondern die Braunen, denn die vertreten ja offenbar die Stimme des Volkes, und hier reichen sie sich wieder mit Sarrazin die Hände. Man könnte überspitzt und im politisch inkorrekten Straßenjargon sagen: Wenn das Volk keine Flüchtlinge will, dürfen auch keine mehr kommen. das wäre dann allerdings der Sieg der Antidemokraten und der Anfang vom Ende der Rechtsstaatlichkeit.


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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 11:42
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Man hat ja schon anlässlich der Corona Grenzschließungen gesehen, was für gewaltige EInschränkungen das für die Bewohner mit sich brachte.
Mein ursprünglicher Heimatort liegt direkt an der Grenze, und wegen Corona war ja der Grenzübergang wochenlang komplett dicht gewesen, mit aufgestellten Bauzäunen und quergestellten Polizeiautos etc. Ein Grenzübertritt war nur noch mit Bescheinigung und unter bestimmten Bedingungen möglich. Das hatte schon etwas von "Berliner-Mauer-Feeling" muss ich sagen. Da die Grenze zwei dicht beieinander liegende Städte trennt, fühlte es sich fast so an, als ob man innerhalb einer Stadt nicht mehr ins andere Stadtviertel dürfte.

Mich wundert es schon immer ein wenig, wieso sich das jetzt plötzlich so viele Leute zu wünschen scheinen.


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05.10.2020 um 11:50
@martenot

Welche Vorteile hätte denn ein Zaun?

Man könnte ihn beim Wandern als Oientierungspunkt verwenden, wenn man sich ernsthaft verlaufen hat.

Einige Krankheiten von Wildtieren würden sich nicht so schnell verbreiten.

Welche Nachteile hätte ein Zaun?

Man kann nicht mehr grenzübergreifend wandern.

Die Reviere von Wildtieren würden nicht respektiert und der Arterhalt würde noch schwieriger.

Man macht es den Einwohnern der Grenzregionen sehr schwer und hängt diese Regionen wieder ab.

Die Vorteile der EU Freizügigkeit wären ad absurdum.

Welche Vorteile hat ein Grenzzaun nicht?

Er verhindert keine illegale Migration. Man kann einen Zaun für viele Millionen mit ner Leiter vom Discounter übersteigen.

Er verhindert keine Drogenimporte. Die laufen meist doch eher über Häfen oder Flugzeuge ab.


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05.10.2020 um 12:26
Zitat von juvenileajuvenilea schrieb:Also ich kann nur schreiben, dass es historisch betrachtet immer schief gegangen ist, sich abzuschotten.
Ok Beispiele? Und definiere bitte "abschotten".


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05.10.2020 um 12:39
Zitat von Myth_HunterMyth_Hunter schrieb:Und definiere bitte "abschotten".
Abschotten bezieht sich auf das Wort "Schott", was eigentlich eine raumabschließende Einrichtung meint (meistens aus Feuerschutzgründen oder zum Schutz gegen Wassereinbrüche). Im übertragenen Sinne meint "abschotten" meistens sowas wie "stark abgrenzen". Ob es eine eindeutige offizielle Definition des Verbs gibt, weiß ich nicht. Ich denke, es wird meistens umgangssprachlich gebraucht.


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05.10.2020 um 12:51
Zitat von martenotmartenot schrieb:Abschotten bezieht sich auf das Wort "Schott", was eigentlich eine raumabschließende Einrichtung meint (meistens aus Feuerschutzgründen oder zum Schutz gegen Wassereinbrüche). Im übertragenen Sinne meint "abschotten" meistens sowas wie "stark abgrenzen". Ob es eine eindeutige offizielle Definition des Verbs gibt, weiß ich nicht. Ich denke, es wird meistens umgangssprachlich gebraucht.
Kann man Japan dann als Abschottend bezeichnen?

Japan nimmt fast keine Flüchtlinge aus Syrien auf. Trotz internationalem Druck wird die Asylpraxis sogar noch verschärft. DW-Korrespondent Martin Fritz hat einen von sieben getroffen, die dauerhaft bleiben dürfen.
Quelle: https://www.google.com/amp/s/amp.dw.com/de/asyl-f%25C3%25BCr-nur-sieben-syrer-in-japan/a-42198763

Und wo sind dann die unweigerlich auftretenden Nachteile von denen @juvenilea sprach, die Japan jetzt hat weil es 2018 nur 7 Syrer aufnahm?


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Bedingunglose Grenzkontrollen und/oder Zaun um Deutschland

05.10.2020 um 13:29
Zitat von Myth_HunterMyth_Hunter schrieb:Kann man Japan dann als Abschottend bezeichnen?
An wen ist die Frage gerichtet? Wie kommst du gerade auf Japan, gibt es einen speziellen Grund dafür?


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05.10.2020 um 13:50
Zitat von eckharteckhart schrieb:Treiben nach diesem Selbstverständnis nicht auch Linksextremisten "innerhalb des Zaunes" Rechtsextremisten Wähler zu?
Was also machen?
Nein. Tatsächlich ist es die politischen Mitte, die Regierung und deren Handlungen die ausschlaggebend ist. Trotz RAF und den Sozialismus in Form der DDR vor unserer Haustür haben die Rechten, die NPD nie wirklich einfluss gewinnen können. Das lag eben m.E. daran das sich die politische Mitte, die Regierung damals, sich dem entgegengestellt hat, nicht pro kommunistisch war, nicht versucht hat die BRD der DDR anzuschließen und die SED Herrschaft auf ganz Deuschland auszuweiten. Mit so einem Kurs damals hätten sich entweder die Rechten durchgesetzt und die Demokratie ausgehölt/abgeschafft oder die BRD wäre mit dem Anschluss an die DDR und der Ausweitung der SED Herrschaft auf ganz Deutschland auch keine Demokratie mehr gewesen.


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05.10.2020 um 14:01
Zitat von JaimeJaime schrieb:Das lag eben m.E. daran das sich die politische Mitte, die Regierung damals, sich dem entgegengestellt hat, nicht pro kommunistisch war, nicht versucht hat die BRD der DDR anzuschließen und die SED Herrschaft auf ganz Deuschland auszuweiten.
Das klingst so, als wäre es jetzt anders, was natürlich völliger Quatsch ist.
In dem Thead hier verzeihlich.
Nichts für ungut.


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05.10.2020 um 14:31
Zitat von JaimeJaime schrieb:Das lag eben m.E. daran das sich die politische Mitte, die Regierung damals, sich dem entgegengestellt hat, nicht pro kommunistisch war, nicht versucht hat die BRD der DDR anzuschließen und die SED Herrschaft auf ganz Deuschland auszuweiten.
@Jaime

Ich verstehe, was Du meinst. Damals wäre es undenkbar, dass SPD oder CDU mit einer SED koalieren. Heute regiert die SPD als Partner von Die Linke. Selbst die CDU macht irgendwelche seltsamen Spielchen mit Übergangsregierungen und Tolerierung.

Damals hat man die RAF einfach bekämpft. Heute gäbe es Schallwerfer, die ernsthaft fragen, ob die Polizei nicht vielleicht provozierend aufgetreten sei und aus herzensguten Menschen mittels Verfolgung beinharte Terroristen gemacht hätte.


Mit Zäunen hat das nichts zu tun. Die einizge Partei, die einen Mauer samt Selsbtschussanlagen errichten ließ, hat eine Nachfolgepartei, mit der SPD und Grüne ausgerechnet in berlin fröhlich zusammen regieren, wenn man dieses Seltsamkeitenansammlung Regierung nennen möchte.

Ich würde sagen: Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen, diesmal aber in echt.


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