Xsaibotx schrieb (Beitrag gelöscht):Du wirst mir wohl verzeihen das es mir scheiss egal ist was irgendjemand vor 200 Jahren gesagt hat :) sorry for not sorry :)
Naja, du fragtest nach dem moralischen Missstand, der durch den Status Quo und seine Institutionen (wie der Polizei) geschützt wird.
Und heutige Moral ist 80% Aufklärung, 20% abendländisch und Herder, einer der Vertreter der Aufklärung, hat vor sehr langer Zeit schon die Widersprüche erkannt, die in unseren Gesellschaften heute noch schwelen.
Gerechtigkeit wird eben nicht abschließend erreicht durch Niederschrift als Gesetzt.
Letztendlich geht es hier in Stuttgart im Einzelfall um Randalierer denen man wohl keinerlei überlegte politische Motivation zuschreiben kann, aber am ehesten noch den Ausdruck von Ohnmacht im Lichte der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft.
Wenn ihr mich fragt gibt es da genau zwei Ansätze die uns weiter führen und die sind fast gleich: Das ist einmal die kritische Theorie und einmal der Poststrukturalismus.
Beide sagen vor allem eines aus: Seid skeptisch gegenüber den Kategorien zur Wahrnehmung der Welt.
Gutes Beispiel dafür ist immer die Tatsache, dass viele der bekanntesten Moralphilosophen ganz selbstverständlich extrem rassistisch waren, schließlich waren sie noch an Kategorien gewöhnt, die Menschen trennten.
Aus heutiger Sicht erscheint es völlig abstrus bspw. Menschenrechte nur Weißen zuzusprechen, da eben jene Kategorie der Rasse inzwischen dekonstruiert wurde. Niemand der selbst als moralischen Menschen versteht würde heute nicht-Weiße derartig abwerten, aber eben jene Menschen die unsere Moral formuliert haben taten es noch.
Letztendlich ist der Trick die Linsen (Kategorien) durch die wir die Welt betrachten, verstehen und beschreiben, zu erkennen und die besondere Art ihrer Verzerrung heraus zu stellen.
Ob es der Wachstumszwang, die kapitalistische Rationalisierung, die Institutionalisierung von Werten und Gesellschaftssystemen oder die fehlenden Trennschärfe zwischen Gerechtigkeit, Ordnung und Sicherheit ist, unser Blick auf die Welt ist alles andere als klar und unsere historische Situation ist alles andere als stabil.
Nicht das Randalieren sondern die Verweigerung von Kritik und das Festhalten an bestehender Ordnung ist in unserer Situation meiner Meinung nach die Spitze der Radikalität.
Deswegen kann ich mich nicht über die Randalierer aufregen, habe keine Sympathie für die Polizei und finde generell, dass dieses Event maßlos überschätzt wird.
So viel Aufregung hätte ich mir nach Hanau erwünscht, oder für den Klimawandel, oder für ertrinkende Flüchtlinge im Mittelmeer, oder für die Tatsache, dass die liberal-demokratische Ordnung, die seit dem 2. Weltkrieg bestand und das Fundament deutschem Wohlstands ist, gehörig bröckelt.
Wir stehen am Anfang eines historischen Umbruchs an dessen Ende womöglich nichts mehr von dem was wir mal Moral nannten übrig sein wird. Diese künstliche Aufregung über ein bisschen Sachbeschädigung wirkt dagegen komplett weltfremd.