Libertin schrieb am 07.06.2019:Gerichtsurteile werden aber nicht über das Wählervolk bestimmt. Auch da müsste man sich schon über Novellierungen direkt an das Rechtssystem zu schaffen machen wenn darin eine allgemeine Unzufriedenheit vorherrscht. Bei gewählten Politikern erwartet man dagegen schon, daß sie auch Politik für die Grundsätze machen, für deren Umsetzung sie auch gewählt wurden. Die Gründe dafür, warum diese in der Realität aber bei weitem nicht immer oder zumindest nicht wie vorgegeben umgesetzt werden wurden hier ja schon reichlich diskutiert. Ich glaube aber nicht, daß transparente Expertengruppen bei ihren Wählern auf wirklich mehr Verständnis stoßen, wenn sie aus welchen Gründen auch immer ihre Zielvorgaben revidieren müssen. Bei der nächsten Wahl wäre die logische Konsequenz, daß man diese dann einfach abstrafen und stattdessen anderen Experten bzw. Grundsätzen und ihren Versprechungen vertrauen würde.
Naja, eigentlich erwartet man das nicht. Es ist ja nicht so, als hätte eine Regierung irgendwelche klaren Aufträge von den Wählern bekommen oder irgendwelche Grundsätze. So interpretiert eine Regierung das gern, wenn es ihr gerade in den Kram passt, aber wirklich indizieren, was sie wollen, das können die wähler nicht. Höchstens indirekt darüber, wen sie wählen, das ist aber oft gar nicht so schrecklich viel wert.
Wenn du SPD wählst kannst du die Agenda bekommen, wenn du die CDU wählst kannst du eine millionen Flüchtlinge bekommen.
Wenn due die Grünen wählst kannst du dir das 'nie wieder krieg' in die haare schmieren. Wenn du in Griechenland Syriza wählst bekommst du noch lange nicht linke Politik.
WArum? Weil heute Zwänge wesentlich bestimmender sind in der POlitik als die Grundsätze und Ausrichtung der Partei, die wir wählen.
Ein expertenteam muss deutlich seltener seine Meinung revidieren. Wenn ich als Politiker antrete und sage 'ich will ein großes reformpaket schnüren' hab ich viele, sehr viele unsicherheiten. Machen da die anderen PArteien mit? Macht da meine eigene Partei mit? Ist meine Forderung vllt ein bisschen zu populistisch, weil ich gewählt werden will, und darum gar nicht machbar?
Solche Probleme hätte ein expertengremium nicht. Die können dann einen PLan schnüren der nicht nur in die nächste legislaturperiode reingeht sondern der dann (sollte es keine konterindikatoren geben,d ie man aber durchaus auch schon vorher mit überlegen kann) eventuell auch mal 20 Jahre lang bis auf anpassungen weitestgehend ungestört verfolgt wird und nicht von der nächsten regierung so einfach wieder (aus rein ideologischen gründen) einkassiert werden kann.
Libertin schrieb am 07.06.2019:Und, daß selbst freie Wahlen bis zur Umsetzung politischer Zielvorgaben nunmal keine Wunschkonzerte sind sehe ich sowohl bei unserem derzeitigen Partei- und Regierungssystem gegeben, wie auch in einer Expertokratie, bzw. sehe ich hier noch immer nicht, wo da jetzt bei Letzterem realiter die wirklichen Vorteile liegen sollen.
Und warum ich darin ebenso eine große Gefahr für Machtgeplänkel und eine "Anpassung" bei der Umsetzung der gewählten Grundsätze zum Erhalt persönlicher Machtbefugnisse sehe, hatte ich ja schon erläutert. Wie gesagt, selbst die Bestimmungen richterlicher Entscheidungsgremien, die in letzter Instanz über eine "erfolgreiche Umsetzung" der gewählten Grundsätze "im Sinne der Bürger" durch Experten entscheiden sollen können allgemeine Unzufriedenheit in der Bevölkerung auslösen.
Ja, daß Aufassungen über bestimmte Soll- und Istzustände zwischen Bürger und Staat divergieren können liegt wohl auch irgendwo in der Natur der Sache, aber ich sehe da, wie gesagt noch immer nicht, wo da eine "Herrschaft von Experten" die vorteilhaftere Alternative is
Es geht nicht um 'Wunschkonzert'. Es geht darum, dass man realistischer wählt. Wenn ich z.b. wählen lasse, was die größten Probleme der wähler sind, dann kommen sagen wir mal 10 Prioritäten auf den Plan.
Da steht dann z.b. bei den top 3 Kriminalität, Gesundheitswesen und Bildungspolitik.
Das wären dann themen, zu denen sich der Staat äußern muss, wie da genau die lage ist und wie er gedenkt, dort verbesserungen zu erreichen udn was das kostet (also eventuell auch anderweitig kosten würde an staatlichen investitionen).
Er stellt dann zu jedem dieser Themen Pakete vor, wie man si angehen könnte, die so auch wirklich durchgerechnet und in ihrer (wenigstens erwarteten) effektivität von einem Expertengremium überprüft worden sind.
Die wähler können sich dann über eine Wahlphase hinweg für die einzelnen Pakete entscheiden. Der Klare Vorteil hier ist, dass jedes dieser Pakete dann Hand und Fuß hätte und kein blinder Aktionismus und keine blinde scheinlösung ist. Die haben unterschiedliche Ausprägungen (z.b. mag eines teuer aber sehr effektiv sein, ein anderes nur moderat effektiv aber billig genug, um bei einem anderen Thema mehr auszugeben). Es wird dann auch nur über ernsthafte reformvorschläge die so von leuten, die ahnung von dem thema haben, abgesegnet worden sind, diskutiert und nicht über irgendwelche pseudolösungen wie 'wir bauen eine mauer' oder sonstigen populismus.
NAtürlich sollte es den klageweg geben dürfen: Wenn jemand denkt, da wurde eine mögliche Lösunge gar nicht beachtet und zur wahl gestellt, darf er klagen und ein unabhängiges Gutachtergremium überprüft, ob das nicht auch ein weg wäre, der zur wahl gestellt werden muss.
Libertin schrieb am 07.06.2019:Hier würde sich aber das System selbst Lügen strafen, wenn Experten eingesetzt werden, die die gewählten Grundsätze aber letztlich gar nicht so umsetzen können/ wollen, wie es sich die Grundatzwähler bei ihrer Wahl gewünscht hatten, wo doch eigentlich die neuen strukturellen Gegebenheiten die Bürger zufriedener stellen sollen um sie gleichzeitig im Werdegang zum "Politikexperten" zu entlasten.
Wie gesagt könnte das aber ja einklagbar sein. Wenn in einem transparenten gerichtsprozess über jeden zweifel erhaben von unabhängigen gutachtern festgestellt wird, dass die Handlungen der Experten absolut im Rahmen ihres Handwerks liegen und da keine schnitzer passiert sind, dann gibt es kaum noch raum, dagegen irgendwie aufbegehren zu wollen.
Vorallem, wenn man so, wie ich es oben erläutert habe, die einzelnen pakete zur wahl stellt, die leute also nur über rationale lösungen diskutieren und streiten und nur eine kleine minderheit über populismus.