@Fedaykin Ich gebe dir insofern Recht, dass du unterschiedliche nationale Mentalitäten in Betracht ziehst.
@Realo dagegen hat Recht, wenn er bemängelt, dass hier einseitig von Deutschen die deutsche über die französische Weltsicht gestellt wird. Dass er nationale Mentalitäten und Identitäten ohnehin fälschlicherweise als "Modeerscheinung" ansieht, ist uns allen hier doch hinlänglich bekannt, tut in dieser Frage aber nichts zur Sache. Es geht hier aber keineswegs um besser oder schlechter, denn das ist tatsächlich nirgendwo evident. Als eigenständige Nationen sind beide Staaten doch ziemlich erfolgreich, auch wenn jeder so seine Schwächen haben mag. Man sollte jedoch tunlichst davon absehen, beide auf eine Leiste zu ziehen, dazu sind sie halt eben doch zu unterschiedlich. Genau das tut Macron jedoch – selbstredend unter gewaltigem, kaum enden wollenden Beifall der Deutschen. Offenbar glaubt er wirklich auch, Franzosen könnten zu Deutschen werden. Aus meiner Sicht eine wahrhaft monströse Vorstellung.
Du lehnst Eurobonds ab, das tue ich auch, erstaunlicherweise verteidigst du dennoch andauernd vehement den Euro, obwohl eigentlich klar sein dürfte, dass ohne dessen Existenz eine Vergemeinschaftung der Schulden völlig unterschiedlicher Staaten doch überhaupt gar kein Thema wäre. Stattdessen faselst du irgendwas davon, dass es egal sei, mit welcher Währung gewirtschaftet wird, wo ich klar widersprechen würde. Das hat auch nichts mit Real- und Nominalwert zu tun, was du hier immer als Scheinargument zu etablieren versuchst. Ich habe bereits angemerkt, dass es geradezu eine massive Wettbewerbsverzerrung darstellt, wenn ein Staat mit einer Währung wirtschaftet, die nicht seiner Wirtschaftskraft entspricht.
Deutschland z. B. bräuchte eine viel härtere Währung, dann würde es mehr importieren, seine massiven Außenhandelsüberschüsse abbauen und die Beggar-your-neighbour-Politik gegenüber Frankreich hätte auch ein Ende. Griechenland dagegen braucht eine weiche Währung, um wettbewerbsfähig zu sein, es seinem Nachbarn Türkei gleichzutun, der in seiner Eigenschaft als Weichwährungsland zweifelsohne beachtliche wirtschaftliche Ergebnisse erzielen konnte, bevor sein "Präsident" endgültig übergeschnappt und nun dabei ist, diese zarten Pflänzchen in seinem Cäsarenwahn in Grund und Boden zu stampfen, das ist aber ein anderes Thema, hat aber offenbar auch etwas mit Mentalitäten zu tun.
Die Gegensätze zwischen Deutschland und Frankreich bestehen zu guter Letzt auch in den Unterschieden protestantisch und katholisch geprägter Mentalitäten. Die deutsch-protestantische Weltsicht, der Mensch habe in Härte und Entbehrungen sein Erdenwerk zu leisten und sich von jedwedem Müßiggang tunlichst fernzuhalten, um seinen Lohn vor Gott zu rechtfertigen, ist nun einmal nicht die allein selig machende, wenn überhaupt. Schon gar nicht unbedingt die erfolgreichere, auch wenn es momentan oft so dargestellt wird; immerhin haben die lebensfrohen katholischen Zivilisationen so ziemlich alles von dem erschaffen, was unser heutiges westliches Selbstverständnis prägt.
So entwickelten die Italiener die Grundlagen des modernen Kapitalismus (Die Begriffe "Konto", "Skonto" und "Giro" sind schließlich nicht ohne Grund aus ihrer Sprache entlehnt), die Portugiesen und Spanier waren die ersten Völker, die über alle Kontinente hinweg Handel betrieben und Frankreich war ein Jahrtausend lang die machtvollste Nation des europäischen Kontinents und schließlich Auslöser für dessen Demokratisierung. Der hier so leidenschaftlich gescholtene Sozialismus ist übrigens das Werk des deutschen Protestanten Karl Marx.