Und es geht weiter.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-zusammenstoesse-zwischen-polizei-und-demonstranten-in-istanbul-a-903192.html Zusammenstöße in Istanbul: Tausende Türken widersetzen sich der Polizei
Istanbul - Die türkische Polizei hat am Samstag erneut Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten in der Millionenmetropole Istanbul eingesetzt. Die Einsatzkräfte gingen gegen Demonstranten vor, die in einer Einkaufsstraße eine Barrikade errichtet hatten. Die Auseinandersetzungen entwickelten sich in der Nähe des Taksim-Platzes, wo es auch am Freitag bereits Zusammenstöße gegeben hatte.
Der Einsatz gegen die Barrikaden erfolgte in der Istiqlal-Straße, einer Fußgängerzone im nordwestlichen Stadtzentrum. Zusammenstöße mit der Polizei wurden auch aus dem Stadtviertel Besiktas gemeldet. Viele Demonstranten seien am Morgen von der asiatischen Seite der Stadt aus in einem Fußmarsch über die Bosporus-Brücke in Richtung des Taksim-Platzes unterwegs gewesen, berichteten türkische Medien.
Die aktuellen Proteste in Istanbul gehören zu den stärksten seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor mehr als zehn Jahren. In der Nacht gab die Polizei die Zahl der Festgenommenen mit 63 an. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von mehr als hundert Verletzten. Von diesen wurden nach offiziellen Angaben zwölf im Krankenhaus behandelt, darunter eine Frau mit einem Schädelbruch.
"Tayyip, schau, wie viele wir sind"
Seit Tagen hatten sich immer mehr Menschen im Zentrum von Istanbul versammelt, um den Erhalt des Gezi-Parks zu fordern und gegen ein dort geplantes Bauprojekt zu demonstrieren. Der Protest richtet sich auch allgemein gegen Großprojekte der Regierung, etwa die neue Brücke über den Bosporus und einen dritten internationalen Flughafen für Istanbul.
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Auch in anderen türkischen Städten kam es zu Protesten. Sie entzündeten sich an der gewaltsamen Räumung eines Protestcamps, richten sich inzwischen aber zudem grundsätzlich gegen eine als autoritär kritisierte Politik von Erdogans islamisch-konservativer Regierung.
Die größte türkische Oppositionspartei hat die Regierung nach der gewaltsamen Räumung des Protestlagers zur Deeskalation aufgefordert. Die Polizei müsse vom zentralen Taksim-Platz abgezogen werden, zitierten türkische Medien am Samstag den Vorsitzenden der Republikanischen Volkspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu. Er forderte Erdogan auf, ein umstrittenes Bauprojekt in einem Park am Rande des Taksim-Platzes zunächst auf Eis zu legen, wie es ein Gericht in Istanbul angeordnet hatte. Für das Bauprojekt im Gezi-Park sollten Bäume abgeholzt und Grünflächen zerstört werden.
"Tayyip, schau, wie viele wir sind", riefen die Demonstranten im Wohnviertel Cihangir nahe des Taksim-Platzes, wo die Proteste ihren Ausgang nahmen. In der Nacht widersetzten sich Tausende Demonstranten der Polizei und zogen in kleinen Gruppen durch die Straßen. Dabei schlugen sie auf Kochtöpfe, vielfach ermutigt von den Bewohnern. Mehrere Straßen waren mit Pflastersteinen und Tränengashülsen übersät, andere von improvisierten Barrikaden blockiert.
Hunderte Demonstranten suchten in Büros von Gewerkschaften Zuflucht, Ärzte richteten ein Notfallzentrum zur Behandlung der Verletzten ein. Aktivisten versuchten von einem Krisenzentrum aus, den Überblick zu wahren und Inhaftierten Anwälte zu vermitteln.