Fellatix schrieb:Im Kern frage ich mich, wo die außenpolitischen Experten in der SPD auf einmal herkommen sollen. Ich sehe sie nicht.
Das ist leider kein SPD-spezifisches Problem - außenpolitische Kompetenz gibt es in Deutschland nicht mehr, das ist alles unheimlich vulgarisiert worden und in Boulevardpresse-Beliebigkeiten versumpft. Die Befassung mit dem Ausland findet in Deutschland leider hauptsächlich dadurch statt, dass man vollkommen irrelevant irgendwelche mitte-links-liberalen Standpunkte zur US-Innenpolitik - Rassenfrage, Polizeigewalt, Abtreibung usw. - rezipiert und kommentiert, dann kommen mit weitem Abstand die Frankophilen, wobei da der Standpunkt - gegen "Rechts", pro EU - auch klar vorgegeben ist, und dann kommt lange nix mehr. Alle paar Jahre tut man bei den Europawahlen ein bisschen EU-begeistert, ansonsten hört für deutsche Politiker die Welt ungefähr dort auf wo in Strophe eins des bösen Liedes die Grenzen liegen: Maas bis Memel, Etsch bis Belt, dahinter liegt entweder ein Urlaubsland oder der böse Feind. Selbst schon EU-Länder wie Polen oder Ungarn, aber auch z.B. Portugal oder Malta sind praktisch terra inkognita, dass sie existieren weiß man gerade noch so, aber wer da an der Regierung ist und wie das einzuordnen ist weiß der durchschnittliche Deutsche einfach nicht, außer es ist gerade wieder mal Zeit für eine Ansprache nach dem Motto
Die Demokratie ist in Gefahr oder
Rechtsstaatlichkeit in Polen. Fähiger Nachwuchs wird leider kaum qualifiziert und herangezogen: nach dem Mauerfall hat man die länderkundlichen Institute speziell mit Osteuropa-Bezug leider vorschnell abgeschafft, weil man meinte sie nicht mehr zu brauchen, so dass aus dieser Richtung nichts mehr nachwächst - selbst wenn es einem heute gelingt einen
Experten zu rekrutieren hat der in der Regel keine realweltlichen Bezüge mehr zu dem Land, sondern allenfalls irgendeine -istik, d.h. eine Sprach- und Kulturwissenschaft, Literaturwissenschaft und dergleichen, studiert; sicherlich nicht verkehrt, aber eben doch nicht das was früher mal ein Länderexperte auf den Tisch gebracht hat.
Und so ist das leider schon im öffentlichen Dienst der da noch ganz gut zahlt und attraktiv ist; dass sich in einer Partei da ein ausgewiesener Experte findet kommt so gut wie gar nicht mehr vor.