Mir ist nicht klar, wie man sich in Deutschland eine Waffe besorgen kann.
Allerdings wirkt es auf mich nicht unbedingt so, als hätte jemand anderes, der leichteren Zugang zu Waffen hat, den Jungen für sich instrumentalisiert.
Terrorakte mit politischem Hintergund beispielsweise ergeben nur Sinn, wenn sich hinterher jemand dazu bekennt und die Öffentlichkeit über die Motive und/oder seine Forderungen informiert. Sollte die Öffentlichkeit hinterher zu dem Schluss gelangen, es sei ein verwirrter Einzeltäter, dann hätte die gesamte Arbeit und das Geld keinen Sinn gehabt.
Zudem denke ich, dass genau dieser Täter hier viel zu schlecht kontrollierbar ist für so eine Tat. Da gäbe es durchaus geeignetere Menschen und es finden sich ja auch regelmäßig welche, die lange Zeit instrumentalisiert werden und dann planvoll handeln.
Wer noch könnte einen psychisch labilen Jungen für sich instrumentalisieren? Jemand der einen konkreten Mord plant. Jemand der selber Amok laufen möchte?
Natürlich kann ihm die Waffe jemand besorgt haben. Man muss sich nicht im kriminellen Millieu aufhalten, um kriminelle Menschen zu kennen. Die Wahrscheinlichkeit ist nur geringer.
Aber wie hoch ist denn andererseits die Wahrscheinlichkeit, dass man Amoklaufen möchte und der Vater ist zufälligerweise Jäger und besitzt einen Waffenschrank, der zufälligerweise nicht richtig gesichert ist? Genau, die Gelegenheit wird bei solchen Dingen eine Rolle spielen.
Weiterhin würde ich davon ausgehen
@Rick_Blaine dass ein psychischer Zustand, der einen Menschen dazu bringt, möglichst viele seiner Mitmenschen umzubringen, kein affektiver Zustand eines gesunden Menschen ist, sondern dem zu Grunde liegt eine schwere psychische Erkrankung, die einen enormen Leidensdruck verursacht. Den Menschen als schüchtern zu charakterisieren wäre fatal und sehr viel zu kurz gefasst. Ich weiß Psychologie ist nicht so dein Thema, aber versuch dich da mal rein zu denken. Eine Gedankenwelt die primär daraus besteht, dass es anderen Menschen besser geht. Dass man keine Freundin abkriegt, dass man hässlich ist mit der Gehbehinderung, dass man kein Deutscher ist. Dass alle anderen das alles haben.
Dass man noch nicht einmal Grund hat, sich zu beklagen, weil man aus einer behüteten Gegend kommt.
Ich habe im Zuge der Berichterstattung auf N24 einen Experten zu dem Thema gehört, der dargelegt hat, dass Amoklauf eine extreme Form der Rache ist. Täter gehen zu ihren ehemaligen Schulen oder wie in diesem Fall, sie laden die Opfer zum Tatort ein.
Dabei geht es nicht darum bestimmte Menschen zu treffen, sondern um das sozio-kulturelle Umfeld des Täters, das für das Leiden verantwortlich gemacht wird. Dabei geht es auch nicht darum, ob der Täter wirklich gemobbt wurde, sondern darum, wie es sich für ihn dar stellt.
Das alles entwickelt sich nicht innerhalb von Wochen. Das sind jahrelange dysfunktionale Sozialstrukturen, die sich in einer ernst zu nehmenden Krankheit manifestieren und dann eine Gelegenheit finden, in die sich hineingesteigert wird.
Dabei kann auch Breivik ein Vorbild sein. Allerdings nur in der Tatausführung, nicht in der Motivation. Bei ersterem ist ein übergeordnetes Motiv erkennbar, was zunächst mit seiner Person nichts zu tun hat. Bei letzterem wirkt es so (die Untersuchungen sind ja nicht abgeschlossen) als sei seine Person das Hauptmotiv, zumindest redet er, als er Gelegenheit bekommt, nur von sich selbst.
Und auch diese Ansprache äußerst interessant: zunächst einmal geht es nur um ihn. Es ist eine Opferhaltung erkennbar (ich habe nichts getan) was ja in dem Zusammenhang irrsinnig klingt. Es ist Zynismus erkennbar (ich bin in einer Hartz4 Gegend aufgewachsen) Er will also deutlich machen, dass man gute Voraussetzungen haben kann und trotzdem durchs Raster fällt (ich war in [XYEinrichtung?] ) Und letztendlich, was ja andere auch schon bemerkt haben, die Betonung darauf, dass er deutscher ist mit dem Nachsatz, dass er hier geboren ist. Ich bin auch deutsche und muss nicht erwähnen, dass ich hier geboren wurde. Fast als würde das untermauern, welche Nationalität er hat, als müsse er seinen Gesprächspartner beweisen, dass er deutsch ist.
Ich sehe da keine Radikalisierung in irgendeiner Form, ich sehe da keine Instrumentalisierung, also insgesamt keine Tatbeteiligung dritter.
Die Tat macht so als Einzeltat sehr viel Sinn.