wonderhalou schrieb:sollte die AfD bis 2017 erfolgreich immer weiter dumme Stimmen fangen, dass sich ähnliches auch hier in Deutschland wiederholen wird. Dann gibt es da auch noch inhaltlich vermeintlich Linke mit einer großen Reichweite, die dazu auffordern nicht wählen zu gehen, was dann wieder nur dazu führen wird, dass eben die rechten Parteien einen prozentualen, relativen Zuwachs erhalten werden. Eine Koalition aus CDU/CSU und AfD ist dann auch nicht mehr ausgeschlossen, egal was momentan diese vorgetäuschten Streitigkeiten innerhalb der CDU besagen.
Die Gefahr besteht; ich halte sie zurzeit noch jedoch eher gering. Zumindest die westdeutschen Wähler erscheinen mir doch etwas abgeklärter und demokratisch gefestigter als die ostdeutschen und die polnischen, für die das auch nach einem viertel Jahrhundert immer noch relativ neu ist. Und für CDU/CSU wäre eine Koalition mit der AfD die letzte mögliche Kombination, die erst in dem Fall akut werden könnte, dass eine Große Koalition aus unvereinbaren Positionen nicht mehr möglich sein sollte, dass die FDP erneut an der 5%-Hürde scheitert oder selbst eine Koalition mit der FDP keine absolute Mehrheit bringt, und dass der Flüchtlingsstrom weiter geht, es erste Tote gibt und die Rechte extrem erstarkt und die AfD in die Nähe einer Volkspartei kommt (>15%). Zu viele Wenns und Abers, als dass es ein eher realistisches Szenario wäre.
wonderhalou schrieb:In meinen Augen ist dieser rechtsruck sogar politisch gewollt, da es ja immer noch neoliberale Parteien sind, die der Wirtschaft schön nahe stehen und somit nichts am derzeitigen neoliberalen Kurs verändern müssen. Doch da sich immer mehr Widerstand gegen diesen Kurs erhebt, muss man halt entsprechend repressiv-faschistisch werden, um dem Widerstand entgegen zu wirken. Unsere Medien betreiben jedenfalls durch ihre Berichterstattung seit Jahren diesen rechtsruck voran.
Gefährliche These, die ich zwar auch nicht für absurd halte, aber sehr dicht an einer VT ist. Zumal ein "neoliberaler Faschismus" ein Widerspruch in sich selbst zu sein scheint - bislang. Die Nationalisten spekulieren natürlich auf weiter stark steigende Flüchtlingszahlen und entsprechendes Chaos, aber erstens scheinen die Flüchtlingszahlen zumindest saisonbedingt zurückzugehen, zweitens werden massiv nicht anerkannte Asylsuchende abgeschoben (bisher weit über 100.000), und drittens scheint sich möglicherweise inzwischen herumgesprochen zu haben, dass Deutschland doch nicht das Eldorado für Flüchtlinge ist. Zudem steht die AfD möglicherweise vor einer erneuten Spaltung.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-konrad-adam-fordert-bjoern-hoecke-zum-austritt-auf-a-1069365.htmlAlle diese Aspekte könnten der Bundesregierung ein paar Monate Atempause geben, und sobald die Situation nicht mehr als unhaltbar und überfordernd erscheint, wird auch der Einfluss von Rechtsaußen vermutlich zurückgehen. Auch Pegida tritt auf der Stelle und die wöchentlichen Wiederholungen des stets Gleichen ermüden allmählich selbst die treuesten Anhänger, so dass ich glaube, dass das mit den "Montagsspaziergängen" früher oder später mangels Masseninteresse einfach von selbst verpufft. Optimist hatte mir ja angeboten, die Avatare auszutauschen, denn inzwischen bin ich selbst wieder ein klein wenig optimistischer, dass die Sache doch noch zu deichseln ist.
wonderhalou schrieb:Anstatt die Sozialausgaben zu erhöhen, die Unternehmen und die Reichen härter zu besteuern und Steuerflucht zu bekämpfen, nutzt man die Angst der Menschen vor medial verursachten Problemen - die erst durch eine verfehlte Sozialpolitik und eine katastrophale, selektive Berichterstattung der Medien entstanden ist - um nichts am derzeitgen Kurs ändern zu müssen und bedient lieber diese Ängste durch reaktionäre Politik, anstatt wirklich mal sich mit den Problemen zu beschäftigen.
Richtig. Aber auch wenn jetzt ein paar Wochen Feiertage vor uns liegen, reicht die Verschnaufpause nicht aus, um jetzt über politische Grundsätze nachzudenken, deren Horizonte viele Jahre in der Zukunft liegen, solange die "Flüchtlingskrise" und der damit verbundene Rechtsruck noch nicht gelöst ist. Viel wichtiger erscheint mir die EU zu überzeugen, dass es ein europäisches und nicht allein ein rein deutsches Problem ist, und die diplomatische Kunst zu erlernen, die anderen EU-Regierungen zu überzeugen, dass es auch in ihrem eigenen Interesse (Stabilität der Demokratien, denn fast überall erringen rechtspopulistishche Parteien gigantische Erfolge) liegt, das Flüchtlingsproblem zu lösen, das nur aktuell noch allein oder erstrangig ein deutsches zu sein scheint. Da hängt zu viel zusammen,. als dass irgendwer das Gegenteil behaupten wollte, denn am Ende müssen sie ja doch alle Kontingente aufnehmen, oder Europa zerbricht, und das wollen alle noch viel weniger, weil sie dann weniger von Deutschland profitieren würden. Sollte es gelingen, dass sich die EU doch noch zusammenrafft und die anderen Mitglieder entsprechende Kontingente übernehmen, wird diese EU extrem gestärkt aus der Krise herauskommen und schneller als wir jetzt noch ahnen auch zu einer politischen Einheit zusammenwachsen. Und dann könnte man erstarkt daran gehen, endlich auch die sozialen Probleme anzugehen und vielleicht erstmalig etwas mehr von oben nach unten zu verteilen statt immer nur andersrum.