@kiki1962Der nachfolgende Beitrag ist mir persönlich zwar zu wenig politisch und zu sehr feministisch-esoterisch, aber trotzdem finde ich, dass er das, was hinter der Angst der Männer vor der bissigen Vagina steckt - oder stecken könnte. Ich kopiere ihn mal in voller Länge - auch wenn die MTV-Generation nach fünf Zeilen schon wieder das "Overload" blinken hat:
Vagina dentata
Vagina steht für die Frau in allen ihren Aspekten. Es ist ein sehr reduziertes Symbol und deshalb nicht so einfach zu erkennen, wenn die Merkmale dieser Aspekte nicht zum Allgemeinwissen gehören.
Vagina steht für Frau, so wie in patriarchal-abwertender Sprache der Ausdruck "Fotze" für ein Mädchen oder eine Frau von Männern gebraucht wird. So negativ dieser Ausdruck klingt, führt er uns aber auch auf den Weg, die Symbolik der Vagina dentata zu erfassen.
Die Reduktion der Frau auf ihr Geschlechtsteil macht Sinn, um einem Symbol Kraft zu geben, ist es doch ganz eindeutig der Teil, der sie vom Mann unterscheidet. Und wird so ein Begriff nicht abwertend, sondern respektvoll verwendet, klingt er keineswegs vulgär, und betont eher die Besonderheit der Frau und wertet sie auf.
Dentata bedeutet "mit Zähnen"; Vagina dentata bedeutet folglich "eine Frau, die zubeißen kann, eine mit Biss".
Vagina hat hier keinerlei sexuelle oder biologische Bedeutung, es ist nicht das Organ selbst gemeint. Es symbolisiert die Fähigkeit der Frauen, eine authentische Haltung einzunehmen und damit das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern in der Gemeinschaft auszubalancieren.
Wir wissen alle, dass es in einer weiblichen Scheide niemals Zähne gibt oder gegeben hat, aber die Vagina dentata wird seit Beginn des Patriarchats so dargestellt.
Und die patriarchalen Männer haben Angst vor ihr.
Die patriarchalen Wissenschaftler, (Psychologie, Altertumsforschung u.a.) legen diese Angst als Kastrationsangst aus.
Das hat zwei Gründe:
Der wirkliche Ursprung des Symbols ist verschüttet gegangen oder will nicht mehr gewusst werden, weil damit
zweitens die Frauen verunglimpft werden können, wenn es gerade gebraucht wird: Die bösen Weiber, die Männern den Penis abbeißen.
Die Angst vor der Rache der Frauen ist im Patriarchat durchaus berechtigt. Aber deshalb einen Körper zu verstümmeln ist die patriarchale Projektion von Männern auf Frauen und spiegelt nicht nur das, was sie selbst tun würden, sondern ist für männlich-patriarchales Denken typisch.
Was hat es also mit dieser Angst auf sich?
Schauen wir uns an, was für eine Frau diese Vagina dentata ist; die Sprache gibt uns Aufschluss.
Mit den Zähnen beißen und zerbeißen wir. Beißen ist eine sehr aggressive Handlung, ist Ausdruck des Zupacken-Könnens, des Anpacken-Könnens und des Angreifen-Könnens. So wie der Hund seine Zähne fletscht und dadurch seine aggressive Gefährlichkeit dokumentiert, reden wir auch davon, dass die Vagina dentata "ihre Zähne zeigt". Es heißt: bis hierhin und nicht weiter – nimm dich in acht!
Die Entschlossenheit, uns zur Wehr zu setzen, wird deutlich und wir zeigen Durchsetzungsvermögen (sich durch-beißen).
Patriarchale Frauen dürfen nicht aggressiv sein, sie lernen nicht, sich selbst durchzubeißen, geschweige denn "ihre Zähne zu zeigen".
Aggression ist in allen westlichen Ländern zu einem zentralen Problem geworden: sie wird nur den (jungen) Männern zugestanden und viele sind nicht in der Lage sie zum Wohl der Gemeinschaft einsetzen, jedoch in zerstörerischer Weise.
Von Frauen wird "soziale Anpassung" gefordert, was im Klartext heißt: "Verdränge deine Aggressionen".
Aber die Vagina dentata ging nicht verloren, das zeigen die Frauenbewegungen. Sie haben Frauen hervorgebracht, die sich über das Tabu hinweggesetzt und dem gesellschaftlichen System "die Zähne gezeigt" haben.
Sie haben sich mit ihren Kindern allein "durchgebissen" und sich vom Mann wegbewegt, der ihnen nur Nachteile brachte.
Und das ist, was Frauen tun, wenn der Gemeinschaft ein Ungleichgewicht droht. Sie balancieren aus, indem sie dem Unheil die Zähne zeigen, es weg beißen wenn nötig und das Gewicht auf die andere Seite, nämlich zu sich selbst, verlagern.
Die Amazonen sind ein realistisches Beispiel dafür. Frauen beißen keinen Penis ab, auch nicht im bildlichen Sinn, denn dann würden sie seine Energie in sich aufnehmen und das macht nur in einer konstruktiven Beziehung Sinn.
Stattdessen weisen sie den "Penis" ab, ziehen sich von ihm zurück, der genauso für Mann steht wie Vagina für Frau.
Und davor haben die patriarchalen Männer Angst: die Angst ausgeschlossen zu werden.
Diese Angst ist viel bedrohlicher als Kastrationsangst.
Die Operationen an Transsexuellen zeigen uns, dass ein Mann ohne Penis leben kann, aber Menschen brauchen die Gruppe, die Gemeinschaft (nicht unbedingt sexuelle PartnerInnen), um sich geborgen und sicher zu fühlen.
Von Anbeginn der Menschheit bilden Frauen zusammen mit den Kindern Gemeinschaften, und akzeptieren Männer in der Gruppe, solange diese keinen Schaden anrichten; was heißt, zu ihren eigenen Gunsten zu taktieren auf Kosten der anderen. Wenn sie das tun, bekommen sie die Zähne gezeigt – die Vagina dentata. Und das nicht, weil die Frauen sich ärgern oder genervt sind, sondern weil das Leben aller auf dem Spiel steht.
Matriarchale Stammesgesellschaften setzen sich ein, um die Ansammlung von Macht zu verhindern oder andere Verhaltensweisen, die ihr Verständnis von Egalität untergraben könnten. Diese Gesellschaften sind sich bewusst darüber, wie leicht die Balance der sozialen Ordnung aus den Fugen geraten und zerbrechen kann.
Patriarchale Strukturen entstehen nur durch lang anhaltende, extreme Notsituationen, durch Auslöser von außen (Naturkatastrophen, Dürren etc.). Von innen heraus kann eine egalitäre Gemeinschaft nicht wirklich oder auf Dauer gestört werden, weil ein ständiger Aufwand betrieben wird, um die Balance zu halten. Vor allem von den Frauen, mit Hilfe der Vagina dentata.
Seltsamerweise sind Menschen, die in Kulturen ohne formale politische Institutionen leben, sehr viel politischer als andere. Das liegt daran, dass jedes einzelne Mitglied selbst sicherstellen muss, dass das System funktioniert. Ja mehr noch: zu garantieren, dass das System überhaupt weiter und überlebt.
(Übrigens ist ein typisches Merkmal bei Naturvölkern deren gesunde und kräftige Zähne. Das ist nicht auf die natürliche Ernährungsweise zurückzuführen, sondern auf den gänzlich anderen Umgang mit den Aggressionen.)
Die Vagina dentata symbolisiert aber neben dem "kräftigen Biss" noch eine weitere Eigenschaft.
Die Zähne stehen ebenso für unsere Vitalität, unsere Lebenskraft. (Aggression und Lebenskraft sind nur zwei verschiedene Aspekte derselben Kraft.)
Dem Gaul schaut man ins Maul, um Alter und Vitalität einschätzen zu können, beim geschenkten Gaul tut man das besser nicht...
Menschen mit schlechten Zähnen fehlt Vitalität und damit auch die Fähigkeit, zuzupacken und sich durchzubeißen. Sie werden daher an Problemen "schwer zu kauen" oder auch "schwer zu beißen" haben.
Damit sich patriarchale Frauen sicher fühlen sollen, wird ihnen ein Mann zur Seite gestellt, der ihre Probleme lösen soll, zumindest die materiellen. Aber er muss auch darauf achten dass die Vagina dentata unter Verschluss bleibt, denn sonst würde der Mann ja überflüssig; zumindest hat er Angst davor.
Es gilt also, dass die Frauen ihre Vagina dentata revitalisieren, und indem sie "die Zähne zeigen" und "sich durchbeißen", um das System wieder ins Gleichgewicht bringen.
In den patriarchalen Mythen und alten Schriften wird nicht nur penetrant die "Angst vor Abwendung" mit "Kastrationsangst" ersetzt, sondern auch noch die Symbolik der Zähne (lat. dentata: gezähnt) mit dem Verschlingen, der Mund-Symbolik oder mit der Vulva/dem Schoß durcheinander gebracht.
Geschichten von der verschlingenden Mutter sind überall in den Mythen zu finden, aber sie haben nichts mit der Vagina dentata zu tun.
Mund und Vulva werden beispielsweise in ägyptischen Mythen gleichgesetzt, was wiederum nichts mit der verschlingenden Mutter zu tun hat, auch nicht mit der Dentata, allerdings zu dem Grundsatz "Am Anfang war das Wort" führte, den sich später das Christentum aneignete.
Aber das ist eine andere Geschichte...
(
http://hannelore.org/grossegoettin/vagina_dentata.htm (Archiv-Version vom 26.06.2009))