Phantomeloi schrieb:Natürlich "verstehen" wir das.
Dann auch das folgende:
( wenn man akzeptiert, dass es hier noch nicht einmal um das Herrschen eines irrationalen Prinzips geht, sondern dass eine Realität schlichtweg nicht vorhanden ist. Jean Baudrillard sprach 1995 in diesem Zusammenhang von einem "perfekten Verbrechen": es sei nicht aufzudecken, weil im herkömmlichen Sinne weder ein manifester Täter noch eine ihm zuschreibbare Tat existiere.)
> "Das perfekte Verbrechen ist das einer uneingeschränkten Realisation der Welt durch Aktualisierung aller Daten, durch Transformation all unserer Handlungen, aller Ereignisse in reine Information.
Die vorzeitige Auflösung der Welt durch Klonung der Realität und Vernichtung des Realen durch sein Double.
Die Abwesenheit der Dinge von sich selbst, die Tatsache, dass sie nicht stattfinden, obwohl sie so tun als ob, die Tatsache, dass alles sich hinter seinen eigenen Schein zurückzieht, und deshalb nie mit sich selbst identisch ist, darin liegt die materielle Illusion der Welt.":
"Klonung der Realität - ganz von der Hand zu weisen scheint das nicht zu sein. Vor allem, wenn man sich ansieht, was am Beginn der Wirtschaftskrise in den USA geschah.
Es wurden Kredite an Menschen vergeben, die definitiv nicht in der Lage waren, sie zurückzuzahlen.
Diese Schuldverschreibungen - Collateralized Debt Obligations, kurz CDOs, oder Credit Default Swaps - CDS - wurden dann von den Kreditgebern an Interessenten weiterverkauft.
Und von diesen wiederum in Pakete geschnürt, die nochmals weiter veräußert wurden - bis schließlich die Blase irgendwann platzte.
Das Verschwinden der handfesten Wirklichkeit wird in dieser Krise besonders deutlich.
Schätzungsweise werden pro Tag an die fünfzig Billionen US-Dollar rund um den Globus geschickt - wovon noch nicht mal ein Prozent gebraucht wird, um reale Rechnungen zu bezahlen.
Wir operieren also mit etwas, dass gleichzeitig existent und nicht existent ist.
Und das geschieht auch in einem größerem Maßstab:
Aus Anlass des Griechenland-Dramas wetten Spekulanten immer noch auf die Komplettpleite des griechischen Staates, statt alles zu unternehmen, dies zu verhindern.
Ein Ereignis, das noch nicht eingetreten ist und vielleicht auch gar nicht eintreten wird, bewegt also Milliarden von Euro, die nie jemand mit aufgedrucktem Zahlenwert, Wasserzeichen oder Seriennummer zu Gesicht bekommt.
Paul Virilio äußerte in einem 1990 erschienenen Essay einen Gedanken, den er als "rasenden Stillstand" bezeichnete.
Wegen der ungeheuren Beschleunigung sozialer und ökonomische Vorgänge wird die Welt zunehmend unkontrollierbar. Die hohe Geschwindigkeit, mit der wir leben, täuscht darüber hinweg, dass wir uns in einem Stillstand befinden, wir reagieren nur noch auf die Beschleunigung, statt sie zu kontrollieren.
Virilio bezog sich damals auf die Einführung des computerisierten Börsenhandels, des sogenannten Program Tradings, das im Jahr 1987 einen Aktiencrash nach sich zog."
http://www.deutschlandfunk.de/technologie-wie-kommt-das-neue-in-die-welt-1-2.1184.de.html?dram:article_id=270039