Hier ein gutes Video über die Entwicklung des EU-Skeptizismus in GB:
How Brexit Snuck Up On Everyone
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@nickellodeon@mx nickellodeon schrieb:Recht hat er mit seinem Video oder etwa nicht?
Gehen wir es doch mal durch...
1. Demokratie = "Bevölkerung entscheidet - Punkt"
Nicht ganz. Es ist eher so: "Bevölkerung entscheidet*******"
*= Einschränkungen wie Minderheitenschutz, Verfassungspunkte, internationale Verträge etc.
Desweiteren kapiert er ja hier gar nicht den Kern der Aussage. Es geht nicht darum zu ergründen was in einer Demokratie gemacht werden sollte, sondern ob das was gemacht wurde klug war.
Letztendlich hat hat man uninformierte Leute eine entscheidung treffen lassen und wundert sich jetzt, dass eine schlechte Entscheidung getroffen wurde.
2. Ist eine Volksabstimmung richtig, gerecht und der richtige Weg herauszufinden was das Volk will. Antwort: "Ja, Ja, Ja".
Das ist Unsinn. Die Volksabstimmung wäre nur dann richtig, wenn das Volk ausreichend informiert ist über die Folgen der beiden Optionen die man ihnen gibt. Das war nicht der Fall.
Ist es gerecht? Da würde ich auch ja sagen. Es war zwar dumm, aber ungerecht war an der Abstimmung nichts.
Ist es der richtige Weg herauszufinden was das Volk will? Das ist schwierig, weil das Volk selbst nicht weiß was es will. Ich denke mal man kann dem Volk unterstellen, dass es Wohlstand will. Eine Mehrheit hat nun aber für eine Option gestimmt die ihren Wohlstand signifikant verringern wird.
3. "Antidemokraten blockieren Volksentscheide."
Das ist natürlich auch Unsinn, denn Ergebnisse von Volksentscheiden sind sehr oft selbst völlig antidemokratisch. Siehe: Minarettverbot in der Schweiz.
Ein Volksentscheid ist kein demokratisches Mittel sondern ein ochlokratisches Mittel. Ein Mittel der Herrschaft des Mobs.
Wikipedia: Ochlokratie4. Traut man sich das[Entscheidungen zu komplitzierten Themen wie TTIP treffen] als Einzelner wirklich zu?
Antwort: "Politiker sind auch dumm und zusätzlich korrupt und ausserdem ist die Schwarmintelligenz toll."
Schwachsinn.
Politiker selbst mögen nicht alle die gesamten Verträge von TTIP etc. gelesen haben, aber dazu haben sie Berater, wissenschaftliche Dienste und Expertenräte. Was am Ende übrig bleibt bedarf immernoch mehrere Stunden täglicher Auseinandersetzung über Monate hinweg, aber Politiker sind ungleich besser informiert als der Durchschnittsbürger.
Das Politiker korrupt sind ist zumindest in Deutschland eine unhaltbare Aussage. Auf dem Korruptionsindex finde sich keine Anzeichen für ein tiefgreifendes Korruptionsproblem in Deutschland.
Ich denke was der Herr hier meint ist die Einmischung der Wirtschaft in die Verhandlungen. Ein grandioses Missverständniss davon worum es bei TTIP und ähnlichen Verhandlungen eigendlich geht. Es geht hier um Handelsverträge und die betreffen nunmal in erster Linie Konzerne. Der Spagat den man hier versucht ist, dass man Verträge so schließt, dass Konzerne erfolgreicher sind was letztendlich auch den Menschen hilft da mehr Jobs geschaffen werden, auf der anderen Seite versucht man die eigenen Regulationen nicht zu sehr aufzuweichen.
Interessant übrigens, dass so viele Brexit "Fans" so sehr gegen TTIP wettern, da es zwischen TTIP und Brexit eigendlich viele Gemeinsamkeiten gibt. Beiden wollen EU Regulationen aufweichen bzw. abschaffen oder ihnen entgehen.
Und zur Schwarmintelligenz: Das ist ein Begriff aus der Biologie. Hat in der Politik keinerlei Anwendung. Viele schlecht informierte Menschen sind nicht plötzlich besser als die schlecht informierte Meinung einer einzelnen Person.
Unser aktuelles System, die repräsentative Demokratie, versteht sich so, dass Politiker sich anhören welche Anliegen Bürger haben und versuchen diese dann konstruktiv in der politischen Debatte einzubringen.
Ausländerhass ist kein valides Anliegen. Angst vor Chlorhühnern die keiner kaufen muss ist kein valides Anliegen. Angst vor aufweichung von Umweltschutzrichtlinien, Steuerschlupflöchern, Arbeitnehmerausbeutung - das sind validen Anliegen. Nun ist es die Aufgabe der Politiker die paar hundert Paragraphen rauszusuchen die mit diesen Themen zu tun haben und sie so zu verhandeln, dass eben jene Bedenken ausgeräumt werden können.
5. Reschkes Geschichte von der Hambuger Schulreform hat der Mann falsch verstanden.
Sie sagt "das war auch nicht die Mehrheit" (ca. 200.000 von 1,2Mio). Die 200.000 waren die Mehrheit derer die abgestimmt haben, aber 200.000 von 1,2MIo sind keine Mehrheit.
"Auch" sagt sie deshalb, weil bei Brexit nur 52% von 72% der Wahlberechtigen für den Brexit gestimmt haben, dass ist keine Mehrheit. Genau wie bei der Hamburger Schulreform.
Das Video ist reinster Populismus. Dieser Typ redet von Antidemokraten, Eliten, Korruption und Propaganda.
Er ignoriert die Funktionsweise des aktuellen Systems und applaudiert einer Entscheidungen die der britischen Mittelschicht und Unterschicht mehr Schaden wird als alles seit dem 2. Weltkrieg.
Natürlich hat das Volk diese Entscheidung selbst getroffen, aber nicht besten Wissens. Das Volk angestachelt von Populisten wie Farage die mit Feindbildern wie Flüchtlingen Arbeiten, unhaltbare Versprechungen gemacht haben und nicht über die Folgen des Brexit aufgeklärt haben.
Was sind die Folgen des Brexit?
-Wird es weniger Immigranten geben? Nein.
-Wird GB unabhängiger von EU Regulationen? Nein, nur dass GB nun kein Mitspracherecht mehr hat in der EU.
-Werden mehr Jobs für Briten bleiben? Nein, im Gegenteil.
-Wird die britische Wirtschaft aufblühen nun, da sie nicht mehr unter der EU Fuchtel steht? Nein, die EU war der Grund warum GB ein attraktiver Wirtschaftsstandort war. Die britische Wirtschaft wird einen Crash erleben, gegen den der von 2008 Kinderkram war.
-Wird GB zu früherem Glanz zurück finden? Nein. GB wird zerfallen. Mindestens Schottland, evtl. auch Nordirland werden sich abspalten um in der EU bleiben zu können.
Die Brexit-Kampagne hat Dinge versprochen die nicht möglich waren. Sie hat Probleme der Bevölkerung die multiple Ursachen haben heruntergebrochen auf Feindbilder wie Immigranten und die EU. Da weder die Einen noch das Andere für die Probleme der britischen Arbeiterschicht verantwortlich sind bringen diese falschen Feindbilder niemanden auch nur einen Schritt näher an eine Lösung.
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Briten aus der kollossalen Dummheit, die sie da begangen haben, lernen werden.
Und Leute wie den Typ aus dem Video, die es auch noch gut finden, wenn Leute die von Demagogen ausgenutzt werden, sich selbst schaden, kann man nur bemitleiden. Entweder dumm wie Brot oder absichtlich bösartig.