Zz-Jones schrieb:Und wie verrückt ist es da, der Ukraine vorzuwerfen, man müsse sie von den Nazis befreien.
Groteskerweise wird das trotzdem immer noch von einigen geglaubt.
Putin und seine Siloviki haben von Anfang an das Gefühl der Demütigung (über dem Zerfall der Sowjetunion) beschworen und innenpolitisch ausgeschlachtet. Aus einer Betrachtung über den Wandel und Instrumentalisierung des 9. Mai unter Putin.
Die unter Putin reaktivierte Weltkriegslosung "nach Berlin!" implizierte außerdem stets die Drohung, dass Russland mit dem Kriegsführen noch lange nicht fertig sei. Unter Putin trat neben der Verherrlichung des Krieges die Idee seiner Fortsetzung, um eine 1945 gewonnene und 1991 verlorene Größe wiederherzustellen. Das zeigte sich beispielsweise auch in Putins Essay zur ukrainischen Geschichte, der im Sommer 2021 erschien und in dem er rhetorisch den Angriffskrieg vorbereite. Putin bezeichnet hier Russland und die Ukraine als eine organische Einheit, die durch den Einfluss des Westens verloren gegangen sei, und die es auch mit militärischen Mitteln wiederherzustellen gelte.
Seit der großen Parade am 9. Mai 2015 dient der "Tag des Sieges" auch zur Legitimation des Krieges gegen die Ukraine. Die pauschale Behauptung, in Kiew regierten Nazis, rechtfertigte den Angriff von 2014 und wurde im Februar 2022 wiederholt, als die russischen Streitkräfte die gesamte Ukraine angriffen. So verschwand die historische Erinnerung fast vollständig hinter der politischen Instrumentalisierung für das neoimperiale Projekt der russischen Führung. Der Tag des Sieges ist zu einer Legitimationsfeier für Wladimir Putin und sein Regime geworden. Eine differenzierte Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg hat der russische Staat dagegen mit verschiedenen Gesetzen kriminalisiert. So ist es etwa seit 2021 in Russland verboten, die sowjetische und die nationalsozialistische Kriegführung zu vergleichen. Außerdem wurde festgelegt, dass die "Verteidiger des Vaterlandes" in der Geschichtsschreibung zu ehren seien. Mit diesen Gesetzen versucht das russische Regime ein Monopol in der Deutung des Zweiten Weltkrieges zu errichten. Die offizielle Erzählung ist nun die einzig zulässige, abweichende Perspektiven sind justiziabel.
Quelle:
https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/508049/die-bedeutung-des-9-mai-in-der-udssr-und-in-russland/#node-content-title-4Zudem, Putin weiß genau, was er tut. Reden, Putin sei pathologisch und lebe in einer alternativen Realität gehen an der Sache vorbei. Aber es ist auch so, dass es wohl leicher fällt, den Schrecken zu bewältigen, wenn wir die Täter als anormal pathologisieren.
Und dann, vielleicht hilft dir das ja auch, ich glaube ich hatte es schon einmal gepostet, ein gutes Stück von Robert Falter über Putins Leibphilosophen:
Putins brauner Philosoph
Putin Verstehen III. Ivan Iljin war ein Reaktionär, Bewunderer Hitlers und Mussolinis und Ideologe der „weißen“ Konterrevolutionäre. Für Putin ist er ein Prophet, und Iljins geistigen Nachkommen knüpfen rechtsextreme Netzwerke mit FPÖ und Co.
Ja, es wirkt abstrus.
Es wirkt auf dem ersten Blick geradezu absurd und verrückt: Da trommelt Putin in seinen Propagandareden andauernd, er kämpfe gegen „Nazis“ in der Ukraine und „Nazis“ im Westen – und dann verehrt er einen Philosophen, der seinerseits ein faschistischer Ideologe war? Ja, es ist auch auf dem zweiten Blick absurd, am dritten auch. Noch absurder ist nur, dass manche hiesige Linke Putin für einen bewundernswürdigen Antiimperialisten halten.
Quelle:
https://cms.falter.at/blogs/rmisik/2022/04/11/putins-brauner-philosoph/Aber nur auf den ersten Blick.
Abstrus ebenfalls freilich, dass sich eine Manuela Schwesig, neuerdings Bundesratspräsident und als solcher Stellvertreter des Bundespräsidenten, hinstellt und sagt, O-Ton, Putin habe uns alle getäuscht.