PEGIDA
02.01.2015 um 11:40
Meine Meinung zum Thema Pegida
Ich fühle mich bemüßigt, zum Thema Pegida mal einen etwas umfangreicheren Text zu schreiben, da mir wieder einmal auffällt, wie, nicht (nur) hier, vorschnell Meinungen über diese Bewegung gefasst und ihr entweder undifferenziert zugejubelt oder sie pauschal als rechtsextrem/faschistisch bezeichnet wird.
Beides führt auf gefährliche Wege und löst kein Problem.
Wofür steht Pegida?
Um jetzt hier keine großen, facettenreichen, wissenschaftlichen Diskussionen anzufangen - Pegida steht für:
-Skepsis bzw. Ablehnung des Islams
-Skepsis und Ablehnung gegenüber Ausländern/Migranten und Asylbewerbern
-,,Lügenpresse", die Medien werden als manipuliert und manipulierend bezeichnet
-von den gewählten Volksvertretern in den Parlamenten fühlen sich die Aktivisten nicht mehr vertreten
Sind das alles Nazis bei Pegida?
Nein. Zweifellos gibt es Neonazis in dieser Bewegung und auch an ihrer Spitze.
Die meisten Menschen, die sich in dieser Bewegung engagieren, sind meiner Ansicht nach vor allem von drei Dingen getrieben:
-Unwissenheit
-Angst
-Überforderung
Angst und Überforderung basieren auf der Unwissenheit. Es ist eine natürliche, menschliche Reaktion, erstmal auf neue Erfahrungen mit Skepsis zu reagieren und sich in altbewährte Muster zu flüchten.
Die echten Neonazis nutzen diese Situation natürlich gerne aus, vor allem, da bisher die selbsternannten, aufgeklärten Bildungseliten aus Gesellschaft und Politik mehrheitlich der Meinung waren, man könne das Problem einfach mit ,,haltet die Fresse, ihr Idioten" lösen.
Eine derartige Haltung treibt die Menschen in die Arme der Neonazis, denn diese geben ihnen zumindest das Gefühl, sich um sie zu kümmern.
Und Gefühle sind ein zentraler Punkt und tatsächlich sogar mächtiger, als reine Bildung.
Islamverbände, Politiker und Co. nehmen an bzw. erwarten, dass alle Menschen praktisch sofort von selbst merken, dass die Religion Islam eigentlich kein Problem ist und Asylbewerber und Zuwanderer eigentlich alle ganz toll und man über ,,kleine Problemchen" eben hinwegsehen müsse.
Das ist aber nicht der Fall, das darf man nicht als selbstverständlich annehmen.
Und es ist die Pflicht genannter Institutionen und Gruppen, aktiv auf Skeptiker zu Islam, Migranten und Asylbewerbern einzugehen, sie mitzunehmen und aufzuklären.
Sie müssen ihre jahrzehntelangen Versäumnisse aufholen und Fehltritte korrigieren.
Ein arrogantes:,,Haltet die Klappe, ihr Nazis", führt nur zu einer Stärkung der Konflikte.
Was kann man tun?
Ich habe eben von jahrzehntelangen Versäumnissen und Fehltritten gesprochen.
Diese Versäumnisse und Fehltritte wurden von unterschiedlichen Seiten unterschiedlich begangen.
Politik, Islamverbände, Medien
Die Politik hat insbesondere in ihrer legislativen Funktion im Bereich von Integration und Aufklärung über den Islam versagt.
Es begann mit der Gastarbeiterzeit in Westdeutschland, als unter anderem auch muslimische Gastarbeiter vornehmlich aus der Türkei kamen.
Der ,,Plan" war eigentlich, dass diese hier ein wenig arbeiten, Geld verdienen und nach Ablauf ihrer Arbeitsverträge wieder nach Hause zurückkehren. Es wurde kein Gedanke auf Integration verschwendet.
Doch es lief nicht nach Plan, vielen Gastarbeitern gefiel es mit der Zeit in Deutschland.
Die Verdienste waren vergleichsweise ordentlich, es war vergleichsweise sicher im Hinblick auf Kriminalität und Versorgung und auch der Staat und die Polizei waren weniger autoritär und brutal.
Man holte Familien nach, Freunde kamen, man lies sich nieder in Deutschland.
Noch immer aber verschwendeten die Politiker keinen Gedanken an Integration. Sie standen vielmehr in erschreckender Hilflosigkeit da und fragten sich, was sie tun sollten - ein Verbot des Zuzugs von Familienangehörigen? Ansiedlungsverbot? Verbot der Ausübung des Islams?
Das ging alles - glücklicherweise! - nicht, nicht nach den Erfahrungen der Zeit des Nationalsozialismus.
Also verbot man all dies zwar nicht, förderte aber auch keine Integration. Es gab Ausländerklassen und die Ausländer (,,Migranten" waren das damals noch nicht) sollten sich auch möglichst irgendwo gemeinsam ansiedeln. Es gab kaum Förderung des Spracherwerbs, kaum Ausbildungsförderung etc.
Wenn, dann mussten die Ausländer eher selbst dafür sorgen.
Warum war das so? Weil sich unter den Politikern vergangener Jahrzehnte immer noch viele, harte Konservative fanden, die glaubten, man könne es der deutschen Bevölkerung nicht zumuten, dass so viele, neue Mitglieder von außerhalb hinzukämen.
Ähnliches gilt natürlich auch für spätere Wellen von Asylbewerbern, auch hier war das Ziel nicht Integration, sondern Separation.
Erst mit der ersten Bundesregierung Schröders zusammen mit den Grünen änderten sich diese Verhältnisse.
In der Union behauptete man ja dagegen noch vor wenigen Jahren, aus heutiger Sicht, dass Deutschland gar kein Einwanderungsland sei.
Der springende Punkt an dieser Stelle ist aber, dass es natürlich auch in Hinsicht auf Bildung und Aufklärung versäumt wurde, frühzeitig zu erläutern, was die Besonderheiten der Religion Islam sind.
Darüber herrscht heute noch eine große Unwissenheit bzw. Halbwissen bei vielen Menschen in Deutschland. Und nach dem Motto:,,Was der Bauer nicht kennt, mag er nicht", resultiert elementar aus diesem Un- und Halbwissen die Ablehnung dieser Religion.
Was weiss der der Durchschnittsdeutsche schon darüber? Koran, Verschleierungen, Beschneidung, Scharia, viel mehr Wissen besteht oft nicht.
Unter anderem führte dies dazu, dass die Deutungshoheit darüber, was Islam sei, an radikale, muslimische Strömungen fiel.
Vor allem Politik und Islamverbände müssen sich vorwerfen lassen, dass sie zu lange zu wenig die gewöhnlichen Bürger wahrgenommen haben und zu lange einfach gehofft haben, Integration und Akzeptanz verschiedener Religionen würden einfach so funktionieren und die Menschen würden schon einfach so lernen, dass der Islam sehr vielfältig sein kann und nicht nur aus radikalen Kräften besteht.
Speziell die achselzuckende Reaktion zusammen mit der Aussage, was islamistische Terroristen und Salafisten täten und predigten, habe nichts mit dem Islam zu tun, ist zu wenig.
Von zentraler Bedeutung für den Umgang mit Pegida und generell für den Erfolg der Integration, sprich das Zusammenleben der Menschen in Deutschland, ist es, auf die Unwissenden und die Ängstlichen einzugehen, sie ernst zu nehmen und schließlich ihre Unwissenheit und Skepsis zu überwinden durch Aufklärung!
Die mediale Seite muss sich andere Versäumnisse, vor allem zwei, vorwerfen lassen.
Wie man jüngst sehr exemplarisch am Ukraine-Konflikt sehen konnte, bestand bei vielen Journalisten eine Tendenz nicht einfach zum Bericht, sondern zur Erziehung und Bevormundung ihrer Leser.
Es sollte den Lesern erklärt werden, was sie zu glauben haben.
In Zeiten, in denen das Internet mit Blogs, Twitter, FB, Nachrichtenseiten, Foren, Videoseiten etc. jedoch zahllose andere, mögliche Quellen bietet, im Gegensatz zu früher, wo es nur Radio, ein paar Fernsehsender und ehrwürdige Zeitungen/Magazine gab, kann eine Erziehung von Lesern aber nicht mehr in einem bevormundenden Stil funktionieren.
Der (potenzielle) Leser wurde nicht mehr für voll genommen in seinen Ansichten und Bedürfnissen, was sich nun in einer verbreiteten Skepsis gegenüber dem führt, was in den traditionelleren Medien steht.
Das zweite Versäumnis der Medien oder besser der Boulevardmedien, wie BILD, besteht darin, dass sie oftmals dem finanziellen Erfolg alles untergeordnet haben.
,,Unfall auf der A3 - BILD sprach zuerst mit den Leichen" ist zwar eine Erfindung, aber gar nicht so weit von der Wirklichkeit entfernt.
Derartige Revolverblätter tun alles, um ihren Profit zu steigern und manipulieren damit (bewusst?) die öffentliche Meinung.
Nun bringt der bärtige, kalaschnikowschwingende Islamist auf der Titelseite, der damit droht, alle Ungläubigen auszurotten und die Scharia einzuführen, ganz einfach mehr Verkäufe, weil ein solcher Bericht die potenziellen Leser emotional anspricht.
Sie denken sich:,,Was?! Was ist das denn für ein Verrückter? So ein Drecksack, muss ich gleich mal lesen, was da steht!"
Ein Bericht über ein gelungenes, gemeinsames Fest der örtlichen, muslimischen Gemeinde, des türkischen Vereins, christlicher Kirchen und Kindergärten ist eben leider nicht so interessant, dass jeder den Artikel unbedingt lesen möchte.
Die mediale Berichterstattung trägt eindeutig eine gravierende Mitschuld am negativen Bild des Islams in Deutschland.
Dementsprechend ist es elementar, dass der Journalismus eine Veränderung seiner Berichterstattung anstrebt, Ziel darf nicht mehr nur der höchste Gewinn sein.
Asylbewerber und Überforderung
Auch an diesem Punkt haben Medien entscheidenden Anteil an der Ablehnung seitens Pegidas.
Es wird suggeriert, dadurch, dass Flüchtlingsboote, Flüchtlingscamps, überquellende ,,Zigeunerhäuser" plakativ in Szene gesetzt werden, zusammen mit den passenden Berichten, dass Europa und Deutschland regelrecht überrannt werden von armen Menschen, die man auf einmal alle mitversorgen muss, die nichts können und nur zum Abzocken herkommen.
Der Durchschnittsdeutsche denkt sich, wenn er schon zum fünften Mal innerhalb kurzer Zeit liest, dass wieder ein Boot mit 400 afrikanischen Flüchtlingen in Italien gelandet ist, nicht:
,,Ach, naja, 2000 Leute insgesamt, das kriegen wir doch als reiches, stabiles Land ohne weiteres hin, die zu versorgen und zu bilden".
Sondern für den Durchschnittsdeutschen bedeutet das:,,Was? Oh Gott, schon wieder hunderte neue Flüchtlinge...Was das alles kostet. Und was, wenn die hier kriminell werden, kennt man doch aus dem Fernsehen, die Berichte aus dem Umfeld von Flüchtlingsheimen...".
Daraus entsteht ein Gefühl von Überforderung und letztlich Ablehnung, nicht nur gegenüber Asylbewerbern, sondern gegen Menschen mit ausländischen Wurzeln allgemein.
Daraus entstehen dann auch so seltsame Ansichten darüber, dass Ausländer entweder kommen und uns die Arbeit klauen oder faul sind und kommen, um abzuzocken (ja was sollen sie denn nun tun? Arbeiten oder nicht arbeiten?).
Oder etwa die Meinung, dass Ausländer/Asylbewerber nicht alle zentral angesiedelt werden sollten, aber gleichzeitig niemand will, dass die Betreffenden bei einem selbst in der Nähe wohnen.
Daraus entsteht schließlich echter Rechtsextremismus.
Die mediale Berichterstattung sollte nicht einfach unterschlagen, wenn neue Flüchtlinge auftauchen oder wenn es Probleme mit Asylbewerbern gibt.
Oder mit kriminellen Migranten.
Aber sie muss beachten, wie sie berichtet, sie muss beachten, dass die Art und Weise sich darauf auswirkt, wie die Deutschen über Asylbewerber denken. Und ohne eine aufnehmende Bereitschaft der deutschen Bevölkerung kann ein positiver Umgang mit Asylbewerbern nur schwer funktionieren.
Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass ,,wir überrannt werden".
Auch die Politik ist hier gefragt durch entsprechende, aufklärende Kampagnen pro Flüchtlinge wie auch die Versicherung, dass man echten Betrug nicht zulassen werde.
Ich könnte vermutlich noch weiter über dieses Thema schreiben, aber beschließe hiermit erstmal meine Ausführungen über Pegida.