Russland das Buhland... aber warum?

Ahmose schrieb:Zum Märtyrer taugen weder Prigoschin noch Utkin. Sie waren bei Teilen der Ultranationalisten beliebt, aber andere wie z.B. Girkin standen ihnen ablehnend gegenüber.

Die Ultranationalisten interessieren hier gar nicht.
Da wären zum einen die Wagner-Söldner (Beavus and Butthad, auch die bereits schon entlassenen) sowie gar einige Teile der russischen Armee. Zum anderen aber war Prigoschin vor allem aber auch ein Blitzableiter für Teile der Bevölkerung (hier besteht die Parallele zu den Ultranationalisten).
Der Kreml hat ja gar kein eindeutiges Narrativ mehr. Er läßt verschiedene Varianten köcheln und jeder greift sich das Stück, welches ihm am besten gefällt.
Ohne Prigoschin fehlt da jetzt halt ein Stück.

Ich habe leider noch keine gute Quelle gefunden, aber die Erzählung geht wohl so:

Es fand ein Drohnenangriff auf Moskau statt. Daher hat der Pilot des Privatjets aus Sicherheitsgründen seine Transponder abgeschaltet. Deswegen hat ihn die russische Flugabwehr leider leider mit einer Drohne verwechselt.

Also alles nur ein peinliches Missverständnis...

Kannste dir nicht ausdenken, sowas :)

Schnapspraline schrieb:Ich finde man sollte Menschen als Menschen anerkennen. Das gebietet die Moral. Egal was sie schreckliches getan haben - es bleiben Menschen. Wenn wir Menschen das Mensch-Sein absprechen, dann sind wir moralisch gesehen nicht besser.

Das sehe ich etwas anders ...
Zwar sind wir per definitionem alle "Homo sapiens, sapiens", was soviel wie verständiger, einsichtiger Mensch bedeutet, aber m. M. n. haben nicht alle Individuen die gleichen Entwicklungen durlaufen bzw. (noch) nicht die gleiche Entwicklungsstufe erreicht, um den Anspruch, den o. g. Definition bedingt, vollends zu erfüllen ...
Sie sind nach meiner Auffassung auf einer anders gelagerten, faktisch einer tieferen Entwicklungsstufe stehen geblieben also unterhalb der eines "verständigen und einsichtigen Menschen" ...
Ein Blick in die unmenschlichen Abgründe diverser Massenmörder der Geschichte zeigt bspw. was bzw. wen ich damit meine ...

alhambra schrieb:Ich habe leider noch keine gute Quelle gefunden, aber die Erzählung geht wohl so:

Es fand ein Drohnenangriff auf Moskau statt. Daher hat der Pilot des Privatjets aus Sicherheitsgründen seine Transponder abgeschaltet. Deswegen hat ihn die russische Flugabwehr leider leider mit einer Drohne verwechselt.

Das ist doch super, dann ist am Ende die Ukraine schuld ... Also Rache für Prigoschin, wieder alle Wagners an die Front

Wäre ich Prigoschin, was wäre mein Grund, mich mit meinem echten Namen auf eine Passagierliste setzen und direkt in den Tod fliegen zu lassen?

Ich frage mich - wenn er wirklich tot ist, was machen die Wagners? Vergeltung? Wenn ja, in welcher Form?

Für mich ist's völlig unverständlich, dass es offenbar immer noch möglich ist, unbequem gewordene, ehemalige Gefolgsmänner und Frauen, nach Stalinmanier, wie die Schafe zur Schlachtbank zu führen ...
Bisher dachte ich, dass sich "evolutionstechnisch" dsbzgl. einiges in diesem Land geändert hätte, und ein Mafioso-Habitus, nach dem Motto: Wie werde und bleibe ich Capo di tutti i capi (Mafiastudium: Erstes Semester) nicht mehr funktionieren würde ...
So kan man sich irren ... ;-))

Photographer73 schrieb:Ich frage mich - wenn er wirklich tot ist, was machen die Wagners? Vergeltung? Wenn ja, in welcher Form?

Denke nicht dass die irgendwas machen würde. Dann rückt ein anderer nach und weiter gehts mit dem gewohnten Tagesgeschäft. Die werden keine Vergeltung üben

Schnapspraline schrieb:weiter gehts mit dem gewohnten Tagesgeschäft

Sehe ich ähnlich. Wobei ich mir vorstellen kann, dass es innerhalb der Wagner-Armee vereinzelt radikale Köpfe gibt, immerhin war der Gründer ein solcher und hat eventuell Gleichgesinnte angezogen, für die Geld nicht alles ist und die jetzt Anschluss bei anderen Gruppierungen suchen.

Zz-Jones schrieb:Die Ultranationalisten interessieren hier gar nicht.
Da wären zum einen die Wagner-Söldner (Beavus and Butthad, auch die bereits schon entlassenen) sowie gar einige Teile der russischen Armee. Zum anderen aber war Prigoschin vor allem aber auch ein Blitzableiter für Teile der Bevölkerung (hier besteht die Parallele zu den Ultranationalisten).

Doch, schon. Die Ultranationalisten sind die einzige Gruppe, die in Russland noch eine "Stimme" neben der allgegenwärtigen Staatspropaganda hat. Jegliche demokratische oder auch nur liberale Opposition wurde ja schon unterdrückt. Bisher stehen die Ultranationalisten auf Putins Seite. Er muss schon aufpassen das sich dies nicht ändert.

Zz-Jones schrieb:Der Kreml hat ja gar kein eindeutiges Narrativ mehr. Er läßt verschiedene Varianten köcheln und jeder greift sich das Stück, welches ihm am besten gefällt.
Ohne Prigoschin fehlt da jetzt halt ein Stück.

Ja, aber das ist ja für Diktaturen wie auch für Mafiaclans nicht ungewöhnlich. Vor allem geht es um Machterhalt und um die Bewahrung des Systems. Wer das System in Gefahr bringt wird beseitigt, egal wie nützlich er ansonsten auch ist.

Photographer73 schrieb:Ich frage mich - wenn er wirklich tot ist, was machen die Wagners? Vergeltung? Wenn ja, in welcher Form?

Ich glaube nicht das die irgendetwas machen. Jedenfalls nicht, solange sie weiterhin beschäftigt und bezahlt werden. Was sollten sie auch tun? Für ihre toten Anführer in den sicheren eigenen Tod marschieren? Das wird meiner Ansicht nach nicht passieren. Das sind Söldner und keine Fanatiker.

Schnapspraline schrieb:Denke nicht dass die irgendwas machen würde. Dann rückt ein anderer nach und weiter gehts mit dem gewohnten Tagesgeschäft.

Naja so einfach wird es nicht sein. Um so ein Unternehmen zu führen bedarf es weltweiten Kontakten. Je nachdem wer da jetzt alles abgeschossen wurde muss man die Lücken erstmal mit brauchbaren Leuten füllen.
PMC ist ja nicht Militär, im klassischen Sinne, dass ist Business.

Photographer73 schrieb:Ich frage mich - wenn er wirklich tot ist, was machen die Wagners? Vergeltung? Wenn ja, in welcher Form?

Die gehören doch alle zur Meuterei-Gruppe. Wieso sollten die verschont bleiben? Leben die denn alle noch?

https://www.spiegel.de/ausland/jewgenij-prigoschin-wladimir-putin-bestaetigt-tod-von-wagner-chef-a-f95978da-27fd-48b9-bb20-e8252343585b?sara_ref=re-so-app-sh

Der Tod scheint bestätigt.
Jetzt ist es wohl offiziell. Also ich weine dem Herrn keine Träne nach.

Ahmose schrieb:Vor allem geht es um Machterhalt und um die Bewahrung des Systems. Wer das System in Gefahr bringt wird beseitigt, egal wie nützlich er ansonsten auch ist.

Prigoschin hat das System doch gar nicht in Gefahr gebracht, bestenfalls hat er seine Grenzen ausgelotet.
Putin ist er auch nie wirklich persönlich angegangen.
Da es jedoch kein System-Schoigu gibt (aus Putins Sicht), muss dieser die an ihn gerichteten Breitseiten dann eben halt auch wegstecken können.
Jemand der Trollfabriken unterhält, ist tief im System eingebunden. Ich vermute daher, dass sein Rumgepoltere auch einfach ein Teil seiner ihm zugeteilten Aufgabe war.

Die Sache ist halt auch die, dass ich bereits schon den Marsch nach Moskau wenig überzeugend fand.
Wenn man da nicht Meldungen über abgeschossene Piloten gehört hätte, könnte man annehmen Wagner wurde mit Blumen empfangen. Dann soll man noch ein paar Wege unpassierbar gemacht haben und ... Prigoschin gab auf. Lukaschenko auf eigene Faust...
Naja.

SKlikerklaker schrieb:Der Tod scheint bestätigt.
Jetzt ist es wohl offiziell

Die Quelle könnte allerdings besser sein:

Putin bestätigt indirekt Tod von Wagner-Chef Prigoschin

Am Ende bekommt der Beitrag dann aber doch noch die Kurve:

Eine offizielle Identifizierung der zehn Absturzopfer durch die russischen Behörden steht noch aus.

Quelle: s. o.

Wegen der Diskussion, ob man einem Prigozhin nach seinem Tode mit Wertschätzung begegnen sollte, weil er ja ein Mensch war, da hat Putin für sich eine Antwort, indem er schonmal der Familie kondoliert… er verspricht eine komplette Aufklärung.

spherehere schrieb:er verspricht eine komplette Aufklärung.

Oh, da sind wir ja alle total aufgeregt. Das Ergebnis dürfte doch irgendwo auf dem Niveau von Grimms Märchen sein...

Zz-Jones schrieb:Prigoschin hat das System doch gar nicht in Gefahr gebracht, bestenfalls hat er seine Grenzen ausgelotet.
Putin ist er auch nie wirklich persönlich angegangen.

Das glaube ich nicht. Ich denke der Putsch war echt und zielte gegen Putin. Aber selbst wenn es anders war, also wenn Prigoschin gar nicht den "Boss" beseitigen wollten sondern lediglich zwei "Capos", kann ihn der Mafiaboss damit nicht durchkommen lassen. Und selbst wenn Prigoschin das System an sich nicht beseitigen wollte, sondern vielleicht "nur" innerhalb des Systems aufsteigen wollte, so haben seine Aktionen das gesamte System dennoch in Gefahr gebracht. Verrat wird innerhalb der Mafia nicht verziehen, ebensowenig wie in Diktaturen.

spherehere schrieb:Wegen der Diskussion, ob man einem Prigozhin nach seinem Tode mit Wertschätzung begegnen sollte, weil er ja ein Mensch war, da hat Putin für sich eine Antwort, indem er schonmal der Familie kondoliert… er verspricht eine komplette Aufklärung.

Na, dann kann ja nix mehr schiefgehen. ... :D

Ahmose schrieb:Sie haben wahrscheinlich nicht mit einem Abschuss am Tag durch ein russ. Luftabwehrsystem über Kernrussland gerechnet. Mit anderen Attentaten, Mordanschlägen, Vergiftungen, usw, haben sie sicher gerechnet. Aber ein Abschuss am hellen Tag? Das ist schon ziemlich spektakulär

Es muss ja kein Abschuss sein. Es reicht eine Manipulation der auf russischen Boden stehenden Maschine - insofern nach wie vor unverständlich warum er das glasklare Risiko samt Vize eingeht..wenn das keine Täuschung war könnte man annehmen das er das forciert hat weil seine Zukunft möglicherweise ohnehin kaputt war.

behind_eyes schrieb:Es muss ja kein Abschuss sein. Es reicht eine Manipulation der auf russischen Boden stehenden Maschine - insofern nach wie vor unverständlich warum er das glasklare Risiko samt Vize eingeht..wenn das keine Täuschung war könnte man annehmen das er das forciert hat weil seine Zukunft möglicherweise ohnehin kaputt war.

Möglichkeiten gibt es viele: Bombe an Bord, Manipulation der Flugsysteme, echtes Systemversagen, Unfall, Pilotenfehler, usw. Denkbar ist da viel. Aber ich gehe erstmal von einer Boden-Luft-Rakete aus. Es kann natürlich anders gewesen sein.

Das sowohl Prigoschin und Utkin an Bord waren mag dumm erscheinen, aber andererseits müssen sie sich sicher gefühlt haben. Sonst wären sie meiner Ansicht nach da gar nicht herumgeflogen. Man darf auch nicht vergessen das sie sich zwei Monate frei bewegen durften und nicht behelligt wurden. Ein Abschuss über Russland ist ja auch ziemlich spektakulär. Mit so etwas haben sie meiner Meinung nach nicht gerechnet.