Etwas OT aber auch wieder nicht ;-)
Eine Kritik von Danisch zur medialen Berichterstattung und dem Klageartikel in der FAZ.
Die FAZ jammert über Journalisten-Schelte
Oh. Regt sich so ganz langsam was im Journalismus? Oder nur die Prinzessin auf der Erbse?
In der FAZ gab es einen bemerkenswerten Artikel. Die Journalistin Andrea Diener heult sich darüber aus, wie gemein doch die Leser mit ihren Kommentaren sind.
Es würde nicht mehr kritisiert, es würde nur noch bekämpft.
Stellen Sie sich vor, Sie sind Bäcker. Und jeder Kunde, der Ihren Laden betritt, teilt Ihnen in ziemlich deutlichen Worten mit, dass Ihre Brötchen nun wirklich das Letzte seien, dass jedes Kind bessere Brötchen hinbekäme, dass Sie unqualifiziert seien, für diese Arbeit ganz und gar ungeeignet, die Preise vollkommen überzogen, dass Sie ja ohnehin Mitglied der Bäckermafia seien und sich alle Bäcker verschworen hätten, das Volk mit miesen, pappigen, gesundheitsschädlichen, überteuerten Brötchen zu vergiften, weshalb das gesamte Bäckerhandwerk es verdiene, gefälligst unterzugehen.
Sorry, wenn ich das mal so direkt sage, aber: Würden Bäcker solche Brötchen backen, wie Journalisten Artikel schreiben, dann würden Bäcker genau das zu hören bekommen. Der Unterschied ist nämlich, dass Bäcker Waren anbieten müssen, die schmecken und gekauft werden. Es gibt keine Sammelwerke, in denen man sie wohl oder übel mitkaufen muss, es gibt keine Abos, es gibt kein öffentlich-rechtliches Bäckertum, und es gibt keine Bäcker, die sich mit Werbung finanzieren und auf die Kundschaft pfeifen. Da muss das Brötchen jeden Morgen in Ordnung sein, sonst ist der Kunde weg. Außerdem gibt es zwischen Bäckern (wenigstens noch so ein bisschen) Wettbewerb. Die verprügeln sich nicht gegenseitig wie Journalisten, damit alle denselben Einheitsmüll verbrechen.
Ich bin Journalist. Das bedeutet, dass so ungefähr jeder meiner Leser glaubt, meinen Job fünfmal besser erledigen zu können als ich, es aber nicht tut, weil er das Gehalt zu mickrig findet.
Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber: Ein gewisser Teil der Leser hat mit dieser Auffassung Recht. Die Qualität des Journalismus ist in den letzten Jahren massiv abgestürzt. Was nicht nur an einer Verschlechterung der Journalisten liegt, sondern auch an der finanziellen Situation. Qualität wurde früher von den Externen geliefert. Die Verlage haben die aber weitgehend gefeuert.
Und da bleibt ihm nur eins: Beschimpfung. Ein freundlicher Briefeschreiber schickte der Online-Redaktion vor einigen Tagen folgende Mitteilung: „Hallo Zensor-Arschloch. Schreib doch die Kommentare selbst. Du kleiner Flach-Wichser.“ Ein anderer merkte an: „Stalin, PolPot, die Kims sind Waisenknaben gegen Ihre Zensur. Die FAZ ist ein WIDERWÄRTIGES MANIPULATIONS- und AGITATIONSINSTRUMENT!!!“
Ein typischer journalistischer Denkfehler. Ich halte zwar den Begriff der Zensur (wie schon so häufig erläutert, ich wärm’s jetzt nicht nochmal auf) hier für verfehlt. Leute, die diesen Vorwurf in Bezug auf Leserbriefe erheben, haben nicht verstanden, was der Begriff bedeutet und sollten besser die Schnauze halten. Das Problem sind aber eben jene Journalisten (und es scheint fast nur noch solche zu geben), die sich ihre Welt nach ihrem Weltbild bauen, indem sie alles wegklicken, was nicht passt. Wie sollte man jemanden mit sachlicher Kritik noch erreichen, wenn er alles weggklickt, was kritisch ist? Was bleibt da noch, außer scharfen persönlichen Beleidigungen?
Der Vorwurf ist deshalb dumm. Journalisten haben sich heute einen massiven dicken Ignoranz- und Ideologiepanzer zugelegt (oder angepasst bekommen, weil die Ausbildung längst zur Ideologisierung und Indoktrination verkommen ist), dass sie nur noch durch Anwendung scharfer Stichwaffen zu erreichen sind. Kommen mir vor wie Leute, die in der Stadt die lauten Kopfhörer aufhaben, und sich beschweren, weil sie angestubst werden, nachdem sie auf normale Ansprache nicht mehr reagieren.
Letztlich wird hier das immer stärkere Versagen des Journalismus auf die Leser projiziert.
Und einer steigert sich eher langsam aus einer Aufzählung, was „die Medien“ seiner Ansicht nach alles als Populismus bezeichneten, in folgenden Monolog: „Ach, was ermüdet Ihr mich, wie erbärmlich ist das, was Ihr schreibt. Ihr Neunmalklugen Journalisten, die ihr NICHTS zur realen Wertschöpfung dieses Landes beitragt, sondern immerzu nur dummes Zeug redet, schreibt und verfilmt. Ihr habt abgewirtschaftet allesamt. Ihr wisst es nur noch nicht. Ihr missbraucht Eure Rolle als Vierte Macht im Staate – und die Populismuskeule ist Eure einzige Waffe. Jämmerlich, erbärmlich. Ich schäme mich für Euch.“
Wäre die Autorin des Artikels tatsächlich Journalist, wie sie für sich beansprucht, hätte sie diesem Kommentar mal zugehört, mal drüber nachgedacht. Ich halte den Kommentar nämlich für zutreffend. Umso lächerlicher, dass eine Journalisten auch noch einen Artikel drüber schreibt, um den Kommentar lächerlich zu machen.
Denn nichts anderes ist der Journalismus heute: Ein erbärmliches Durchprügeln von Mainstream und ein Einprügeln auf alle Abweichler. Das sage ich nicht nur so, das habe ich live erlebt (Jahrestagung Netzwerk Recherche). Man merkt es beispielsweise daran, dass alle einseitig in Richtung Genderismus und links schreiben, und wenn überhaupt, dann nur noch zaghafte Kritikchen kommen, für die der Verfasser umgehend zusammengetreten wird.
Jeder Fehler wird mit dem Gestus der Herablassung aufgezeigt, nebenbei ein Autor beleidigt, und das Ganze gipfelt meist in der Feststellung, dann könne man ja auch gleich die „Bild“-Zeitung lesen.
Welches geringere Mittel würde noch durchdringen?
Ich kenne nur ganz wenige Journalisten, mit denen man ein normales Gespräch führen kann. Viele sind gleichzeitig einfältig, borniert und arrogant, und spielen sich als allwissender Richter auf. Wer so hoch zu Ross sitzt, den kann man nicht mehr normal erreichen. Den erreicht man nur noch, indem man ihn per Hellebarde vom Gaul holt.
Doch auf Dauer geht es nicht spurlos an einem vorüber, so sehr man sich bemüht, sie greifen einen an.
Na, Gott sei Dank. Nachdem ja alle geringere Kritik „spurlos” bleibt, wirkt wenigstens das. Sonst müsste man ja noch weiter aufrüsten.
Weniger egal ist, dass es anscheinend als normal angesehen wird, Redaktionsmitgliedern gegenüber eine verbale Aggressivität an den Tag zu legen, die einen immer wieder kalt erwischt.
Welcher Bäcker würde es so weit kommen lassen? Bei einem Bäcker würde es reichen, wenn man normal sagt, dass einem die Brötchen nicht schmecken und man sie heute nicht kaufen möchte. Dann fängt der schon an, seine Qualität zu prüfen.
Journalisten tun das nicht. Die hauen immer stärker drauf, weil sie sich immer stärker im Recht fühlen.
Was ist denn mit der „verbalen Aggressivität”, die sich im Journalismus breit gemacht hat, nämlich alles und jeden, was nicht exakt auf linker und feministischer Linie ist, als rechtsradikal, rechtspopulistisch zu verdammen? Wenn wundert es da, wenn die, die sich dadurch angegriffen fühlen, entsprechend zurückschlagen? Hätte sich je ein Journalist gefragt, ob sich der Leser durch deren verbale Aggressivität „kalt erwischt” fühlt?
Schon mal drüber nachgedacht, dass der Dialog nicht beim Leserkommentator, sondern beim Journalisten anfängt, und dass der damit den Ton vorgibt?
Gehen wir mal einige Zeit zurück und erinnern uns an die Brüderle-Affäre. Da hat der Journalismus mit einer nie gekannten verbalen Gewalt und grenzenloser Dümmlichkeit auf alles Männliche eingehauen. Unbeirrbar, unbelehrbar. Was soll man darauf noch anderes antworten, als „Arschloch!” ? Wie oft habe ich mir den feministischen Schlachtruf an den Kopf werfen und mich mit „Sexistische Kackscheiße!” niederbrüllen lassen müssen. Und das ging ja nicht nur mir, sondern auch anderen so. Mir ist das relativ wurscht, ob mir Journalisten zuhören, weil ich Journalisten das schlimmste antun kann und antue, was man ihnen antun kann: Ich schreibe über sie. Das können die gar nicht ab. Andere haben diese Möglichkeit so nicht. Die wehren sich dann eben so.
Normale Kritik – habe ich vielfach probiert und sachlich begründet. War ja auf vielen Veranstaltungen. Kam nie an. Die Schädel völlig zubetoniert. Vor zwanzig oder dreißig Jahren zählte ich Journalisten noch zu den intelligentesten Leuten, heute zu den dümmsten. Viele bewegen sich nur noch auf Twitter- und Ideologieniveau. Und lehnen daraus alles ab, was nicht in den Kram passt. Aber beschweren sich, wenn die Leser dickere Kaliber auflegen.
Mittlerweile haben sich die Verhältnisse umgedreht. Höflichkeit gilt dem konservativen Kommentartroll als „Gutmenschengetue“, jegliche Standards gepflegten Umgangs lehnt er ab.
Ja. Weil man die „Höflichkeit” lange missbraucht hat, um jeden missliebigen Kommentar abzutun. Man schaue nur mal in die Leserforen, in denen „Höflichkeit” das Dauerargument gegen alle abweichenden Meinungen ist. Diese Inflation hat man selbst angezettelt.
Eine Gemeinschaft gilt ihm nur dann etwas, wenn sie aus Gleichgesinnten besteht, alles Abweichende wird ausgeschlossen.
Moment mal. Das ist doch genau die Political Correctness Masche, die der deutsche Journalismus immer stärker betreibt. Gerade beim Feminismus merkt man das: Alles Abweichende wird ausgeschlossen.
All das betreibt der beleidigende Kommentator aber nicht verschämt unter dem Schutz der Anonymität, wie man annehmen könnte, sondern öffentlich, unter Klarnamen. Er versteht sich als dringend notwendigen Korrektor einer gleichgeschalteten Presse und möchte Aufklärung leisten. Er ist stolz auf seine Arbeit. Einige archivieren ihre Kommentare gar auf einem eigenen Blog. Der beleidigende Kommentator dominiert jedes Forum gnadenlos. Widerspruch lässt er nicht zu, deshalb ist er auch für andere, moderater gestimmte Leser, die nicht seiner Meinung sind, so unerträglich.
Wisst Ihr auch, wo ich exakt solches Verhalten schon mal beobachtet habe? Beim Journalisten-Verband „Pro Quote”. Nur glauben die, das Monopol darauf zu haben. Wenn sie das machen, ist es gut, wenn Leser das machen, ist es schlecht.
„WENN DIE MEINUNG DER LESER STÄRKER UND DIE LÜGEN DER REDAKTEURE DREISTER WERDEN GEHT JEDE ZEITUNG KAPUTT!!!“, schreibt uns ein Leser und regt an, wir sollten uns diesen Satz ausdrucken und an die Tür heften.
Der Leser hat Recht. Und wisst Ihr auch warum? Weil es so ist wie beim Bäcker. Der geht auch pleite, wenn er nur noch Mist anbietet. Und deshalb geht es den Zeitungen ja auch immer schlechter. Aber sie schieben es auf’s Internet. Weil solche gemäßigten Kommentare, wie der Artikel belegt, ja intellektuell nicht ankommen. Die Autorin beweist ja geradezu, dass sie nicht kapiert und nicht akzeptiert, was die Leser ihr schreiben. Und dass die deshalb immer härter schießen, ist klar.
Es ist mittlerweile salonfähig, auf „die Journaille“, auf „die Schreiberlinge“ zu schimpfen, die verlogen, hirnlos und ahnungslos hinschrieben, was ihnen Geldgeber, Meinungsmacher oder Lobbyisten vorkauten.
So sieht’s aus. Selbst schuld.
Der Journalismus jammert.
Er meint, er jammert über seine Leser. Tatsächlich jammert er über sein Spiegelbild, die Fratze, die er sieht.
Immerhin zeigt es, dass da etwas „wirkt”.
Man wird sehen, ob die sich nochmal bessern oder einfach pleite gehen wie in Bäcker mit lausigen Brötchen.
Apropos Bäcker: In München wurde kürzlich eine Großbäckerei von den Behörden geschlossen, weil sie verdreckt war und verschimmeltes Brot ausgeliefert hat.
Irgendwer sollte dieser Journalistin schreiben, dass ihr Artikel dumm ist. So oft und so heftig, dass sie es merkt.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/troll-kommentare-meine-tage-im-hass-13038925.htmlhttp://www.danisch.de/blog/2014/07/15/die-faz-jammert-ueber-journalisten-schelte/