Die Krim wird bald in einem Referendum über die Loslösung von der Ukraine abstimmen. Anschliessend könnte die ukrainische Halbinsel von Russland aufgenommen werden. Wäre ein solches Vorgehen mit dem Völkerrecht vereinbar und gewissermassen ein Anwendungsfall des sogenannten «Selbstbestimmungsrechts der Völker»?
Nein. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker verschafft kein Recht zur Abspaltung eines Gebietsteils. Das muss man klar sagen. Es räumt Minderheiten, die als Völker bezeichnet werden können, gewisse Autonomierechte ein. Etwa Rechte auf politische Partizipation sowie auf Autonomie im Kultur- und Bildungsbereich. Andernfalls würde das Selbstbestimmungsrecht ja ein Recht vermitteln, multiethnische Staaten aufzusprengen, das stünde im Widerspruch zu Stabilitätsidee, die der UNO-Charta zugrunde liegt. Von einem Recht auf Sezession geht man nur in der absolut aussergewöhnlichen Situation aus, dass Minderheiten in ihrer physischen Existenz bedroht sind. Das ist hier klar nicht der Fall.
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In der Debatte um die Zukunft der Krim wird immer wieder auf der Kosovo verwiesen. Kosovo durfte sich ja auch von Serbien lösen. Wie unterscheiden sich die beiden Fälle?
Der Kosovokonflikt war Teil eines Grosskonfliktes, in dem es über Jahre zu schwersten Menschenrechtsverletzungen kam, unter anderem in Srebrenica zu einem Massaker, das vom internationalen Gerichtshof 2007 als Völkermord eingestuft wurde. Auch im Kosovo kam es zu dramatischen Menschenrechtsverletzungen, die mit der Situation der Russen auf der Krim nicht vergleichbar sind. Dennoch ist selbst im Fall Kosovo äusserst umstritten, ob die Sezession völkerrechtlich zulässig war. Der Internationale Gerichtshof tat sich mit dem Problem schwer. Er liess die Frage, wie die Vorgänge im Licht des Selbstbestimmungsrechts der Völker einzustufen sind, im Grunde offen.
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Kann man damit sagen, dass der Fall Kosovo ein gefährliches Präjudiz geschaffen hat?
Ja. Ich sehe das so.
Oliver Diggelmann ist Professor für Völker- und Staatsrecht an der Universität Zürich und Leiter der Instituts für Völkerrecht und ausländisches Verfassungsrecht
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Die-Aggression-wird-zur-Schutzaktion-umgedeutet/story/26983664Der Rest des Interviews ist auch sehr interessant
Man kann also sagen, dass es völkerrechtlich nicht abgesegnet ist, präventiv einzuschreiten.
Man darf nicht in ein Land und ein Teil der Bevölkerung in Schutzhaft nehmen, weil die Gefahr eines Massakers droht.
Es muss erst zum Massaker kommen, damit es völkerrechtlich vertretbar ist, dass sich die Krim abspaltet. Und selbst dann und das zeigt Kosovo, ist es noch äusserst fragwürdig.
Von daher gesehen verstösst das Vorgehen Russlands nunmal gegen das UN Völkerrecht.
Auch wenne s moralisch nachvollziehbar ist.
Aber die UN ist halt in erster Linie auf Stabilität ausgerichtet. Das kann man nun schlecht finden, ändert aber nichts am Umstand.
Deswegen ja auch die seltsamen Verhältnisse in Syrien. Darum argumentiert Russland und China immer mit dem UN Artikel der die Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten.
Was halt eben erst der Fall ist wenn man offizielle Truppen reinschickt.
Weshalb die Milizen auf der Krim auch ungekennzeichnet sind um damit einen eindeutigen Verstoss zu umgehen.
Auch ist klar dass:
Der Sicherheitsrat fällt als Akteur aus, da mit Russland ein ständiges Mitglied involviert ist, das über ein Vetorecht verfügt.
Die UN kann also praktisch nichts tun.
Das ist ein Ding dass die involvierten Parteien unter sich ausmachen müssen.
Und nur weils gegen das Völkerrecht verstösst heisst es ja nicht, dass es nicht trotzdem getan wird.
Wer will denn Russland abmahnen, wenn die UN es ja in sich nicht kann?
Die UN hat also mehr so ne Art Statistenrolle in diesem Konflikt und man kann einmal mehr nicht auf sie zählen.
@lawine Siehe oben... was für Russland gilt, gilt auch für die Türkei.. die Leute sollten mal die UN Charta lesen oder halt aus dem Verein austreten und die UN Charta zerreissen.
;)