@KlaraFallKlaraFall schrieb:Da kommen wir auf die anderen Anklagepunkte.
Kannst du mir vielleicht erklären, warum sie ( Ausnahme Tasha und Schuss durch das sunroof ) nicht thematisiert worden sind.
Ich spreche von der Muntion des Vaters ( was dieser ja nicht als seine unterschrieben haben soll ).
Hat es vielleicht damit etwas zu tun, dass er als Vater nicht gegen seinen Sohn aussagen muss???
Bei diesem Anklagepunkt ist der Sachverhalt so eindeutig, dass sich keine umfassende Auseinandersetzung damit rentiert.
Selbst wenn die Angabe, dass OP die Munition nur für seinen Vater verwahrte, stimmt, würde dies nichts an der strafrechtlichen Bewertung ändern, da dies in jedem Fall illegal war. Es spielte damit im Grunde für die strafrechtliche Bewertung in Bezug auf OP keine Rolle, ob sein Vater seine Angaben bestätigt oder nicht. Wie du schon richtig sagst, hätte der Vater vor Gericht ohnehin ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Gleich an Tag 19 im Kreuzverhör wurde dieser Anklagepunkt ja von Nel besprochen und OP hat erneut eindrucksvoll bewiesen, dass er für rein gar nichts bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Seine Angaben haben zudem auch bei diesem Anklagepunkt seine Glaubwürdigkeit beschädigt, da er erneut in ziemliche Erklärungsnot geriet.
Damit hat die Einbeziehung der drei weiteren Anklagepunkte insgesamt einen dreifachen Zweck erzielt: Sie zeigt den rücksichts- und verantwortungslosen Umgang OPs mit Waffen. Seine Glaubwürdigkeit hat erheblich gelitten und es wurde deutlich, dass OP sich stets weigert, selbst die Verantwortung für „Fehler“ zu übernehmen.
@AhnungsloseAhnungslose schrieb:Haben wir aber hier unbedingt mit einer neutralen, gesunden Logik zu tun?
Und falls nicht, dann gibt es schon Möglichkeiten, manche Fakten etwas anders zu bewerten.
Du hast Recht, gerade unbestimmte Begriffe wie „angemessen“ können natürlich grundsätzlich unterschiedlich ausgelegt werden. Allerdings wurde durch die Rechtsprechung schon in einigen Fällen präzisiert, was darunter zu verstehen ist. Auch wenn jeder Einzelfall für sich zu bewerten ist, ergibt sich daraus eine gute Orientierung. Erforderlich bzw. angemessen ist nach deutschem Recht die Verteidigungshandlung, die einerseits zur Abwehr oder jedenfalls Erschwerung des Angriffs geeignet ist und andererseits das – hinreichend sichere – mildeste Mittel darstellt.
Dabei gelten gerade für die Schussabgabe als Verteidigungshandlung besondere Regeln. Der lebensgefährliche Einsatz einer Schusswaffe kann nur das letzte Mittel der Verteidigung sein. Vor Abgabe gezielter Schüsse auf den Körper des Angreifers muss - wenn eine bloß verbale Androhung von vornherein aussichtslos erscheint - der Einsatz der Waffe grundsätzlich zunächst angedroht werden, insbesondere etwa durch einen Warnschuss. Maßgebend ist dabei eine nachträgliche Betrachtung aus der Sicht eines besonnenen Dritten in der Position des Angegriffenen. Genügt bereits ein Warnschuss oder jedenfalls ein Schuss in das Bein des Opfers, um den Angriff abzuwehren, so darf der Angegriffene nicht auf den Kopf oder den Oberkörper des Angreifers schießen.
Ein ähnlicher (möglicher Weise sogar noch strikterer) Maßstab gilt offenbar auch im südafrikanischen Recht. Wenn man der drohenden Gefahr (Bedrohung) entkommen kann, ohne das eigene Leben zu gefährden, muss man es tun. Schon diese Möglichkeit hat OP nicht genutzt. Er hätte ohne weiteres aus dem Schlafzimmer fliehen können. Wenn man eine Person tötet, müssen so gravierende Umstände vorliegen, dass es eigentlich (praktisch) keinen anderen Weg gab, um das eigene Leben zu schützen. Die Umstände sahen allerdings so aus, dass der vermeintliche Einbrecher in dem kleinen Raum in der Falle saß. Es hätte für OP diverse mildere Mittel zur Verfügung gestanden. Er hätte vorher mündlich eine Warnung aussprechen können, er hätte einen Warnschuss abfeuern können, er hätte tiefer zielen können, er hätte es bei einem Schuss belassen können… Das alles wären Alternativen gewesen. Er hat viermal geschossen. Des weiteren hat er Munition benutzt, deren Verwendung für Verteidigungszwecke schon ganz generell fraglich erscheinen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Vorgehen von der Richterin als in der Situation aus Sicht einer objektiven vernünftigen Person als angemessene Abwehrreaktion bewertet wird.
Hier heißt es z.B.:
http://citizen.co.za/129328/reasonable-reaction/ (Archiv-Version vom 30.03.2014) “Subjectively he could have foreseen that his life was in danger, but that is not the test. The test is, if that subjective belief was objectively reasonable and if he could have taken other preventative steps.
“The law is quite clear. If you can escape the imminent danger without putting your life in danger you have to do it. If you kill a person it must be in such severe circumstances that there’s virtually no other way open to protect your life.”
http://www.ctvnews.ca/world/oscar-pistorius-to-return-to-public-spotlight-briefly-at-trial-hearing-1.1308268"I do not see how Oscar Pistorius could have concluded that a closed door constitutes danger to such an extent that his life is in danger, bearing in mind that he had gone into that situation," leading firearm lawyer Martin Hood said. "So, it begs the question, why did he go looking for trouble?"
"I do not see how Oscar Pistorius could have concluded that a closed door constitutes danger to such an extent that his life is in danger, bearing in mind that he had gone into that situation," leading firearm lawyer Martin Hood said. "So, it begs the question, why did he go looking for trouble?"
OP hat im Rahmen seiner Ausbildung an der Waffe gelernt, dass ein Schusswaffeneinsatz allenfalls als letztes Mittel dann erlaubt ist, wenn ein bewaffneter Einbrecher auf ihn zukommt. Hier wäre es ja genau umgekehrt gewesen – er ist bewaffnet in Richtung des Einbrechers gegangen. Damit musste er gewusst haben, dass seine Handlung nicht den Anforderungen an eine angemessene Reaktion in dieser Situation gerecht wird.
Im Übrigen hat
@Luminarah Recht, dass man hier durchaus schon diskutieren kann, ob überhaupt ein Angriff unmittelbar bevorstand. Ohne Angriff kann es natürlich auch keine zulässige Abwehrhandlung geben. Immerhin hatte OP die Tür aus relativ sicherer Position im Blick und konnte sehen, dass sich weder die Tür noch die Klinke bewegen.
Was das Zeitungsgestell angeht, halte ich es deshalb für unwahrscheinlich, dass Reeva damit unmittelbar vor den Schüssen ein Geräusch verursacht hat, weil ihre Position beim ersten Treffer in die Hüfte dazu nicht passt. Sie stand ja hinter der Tür und drehte dem Gestell den Rücken zu. Wenn sie es verschoben hätte, wäre sie mMn eher in gebeugter Haltung mit dem Rücken zur Tür gestanden. Da OP sofort das Feuer eröffnete, als er das Geräusch hörte, hätte sie keine Zeit mehr gehabt, sich aufzurichten und in Richtung Tür umzudrehen. Sie kann mMn eigentlich auch nicht auf der rechten Seite des Gestells gestanden haben (etwa um es nach links zu verschieben), weil sie dann Schuss A nicht in die Hüfte hätte treffen können.
Wünsche euch auch allen ein schönes WE!