@MauberzausMauberzaus schrieb:Mich nimmt Wunder, wie Roux in seinem Plädoyer Pistorius nun verteidigen möchte, da dieser ja offenbar aus eigenem Antrieb seine Defence geändert hat. Wird er OP unterstützen und auf Automatismus setzen?
Das ist sehr schwer einzuschätzen. Offenbar tun sich auch die südafrikanischen Rechtsexperten mit einer Bewertung schwer.
Ziemlich sicher bin ich, dass die Aussagen OPs so nicht mit seiner Verteidigung abgesprochen waren. Das zeigte insbesondere der sehr zeitnahe Versuch Rouxs einer Intervention, als im Rahmen des Kreuzverhörs von OP erstmals etwas intensiver die Intention thematisiert wurde. Er wollte gerne darauf hinweisen, dass Pistorius selbst nie von einem accidental discharge gesprochen hat, ihm das vielmehr nur durch Nel in den Mund gelegt wurde. Daraufhin musste ihm die Richterin mitteilen, dass er das falsch sieht. Vermutlich war es auch der Versuch eines Hinweises an OP, in diese Richtung keine weiteren Aussagen zu machen; der hat es jedoch offenbar nicht verstanden. Hier war möglicher Weise hinderlich, dass er nie etwas zugeben kann und immer gern die Verantwortung von sich schiebt.
Die Berufung Vorsters geschah dann in Reaktion auf den missglückten Auftritt OPs im Kreuzverhör. Seine Ausführungen zur Angst, die ihn veranlasste zu schießen, sollten wissenschaftlich untermauert werden. Dabei sollten mit Vorsters nebulösen Andeutungen wohl dem Gericht mögliche Erklärungen für das Verhalten OPs geliefert werden, die einerseits den Effekt haben konnten, dass dadurch seine Version insgesamt etwas glaubwürdiger erschien und andererseits auch in gewissem Umfang als eine Entschuldigung und Befreiung OPs von eigener Verantwortung dienen sollten. Eine umfassende Überprüfung dieser „Diagnose“ war offenbar nicht gewünscht, weil sicher klar war, dass dann die GAD wieder einkassiert wird. Sie hätte möglicher Weise in Kombination mit der Verletzlichkeit auf Stümpfen (die wohl zunächst angedacht war) eine unfreiwillige Handlung begründen können. Aber auch da bin ich sehr skeptisch. Offenbar ist der Verteidigungsansatz „Automatismus“ nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgreich gewesen (insbesondere auch damit sich hierdurch eben nicht eine Universalentschuldigung für alle Gewaltverbrechen ergibt). Sich darauf zu berufen, ohne echten medizinischen Beleg, scheint sehr riskant zu sein. In diesem Fall ist es ja im Gegenteil sogar so, dass feststeht, dass OP zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig war. So wie er seine Tatbegehung beschreibt war sie nahezu durchweg durchdacht und überlegt. Er kann sich an fast alles erinnern.
Ob OPs Verteidigung sich auf diese riskante Strategie tatsächlich einlässt, kann ich nur schwerlich beurteilen. Auch eine Rückkehr zur Putativnotwehr ist nun natürlich nicht mehr ohne (weiteren) Verlust an Glaubwürdigkeit möglich. Es ist insgesamt wohl eher eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich bin selbst gespannt, wie sie ausfallen wird.
Mehr im Scherz hatte ich ja schon gemutmaßt, dass es evtl. eine ganz neue Pistorius Defence geben wird, die für alle Fälle, in denen man handelt, ohne vorher Zeit zum Nachdenken gehabt zu haben (etwa aus einem ausgeprägten fight-Impuls heraus), eine Entschuldigung bietet.
Ich hoffe, dass er mit keiner Verteidigungsstrategie Erfolg hat und eine gerechte Strafe erhält.