Lieeschen schrieb:nachdem ich mich hier die letzten Tage durch die Beiträge geklickt habe und die verschiedensten Theorien gelesen habe, möchte ich auch kurz was dazu beitragen:
Welches, ich nenne es auch mal Ereignis, eingetroffen und letztendlich zum Verlassen des Zeltes geführt hat, darüber bin ich mir auch noch nicht im Klaren.
Zugegeben, ich habe das schon öfter geschrieben und manche mögen das mittlerweile auch nicht mehr lesen, meiner Meinung nach kann nur ein Schneebrett, sprich eine kleine, lokale Lawine, dazu geführt haben, dass die Gruppe das Zelt verlassen musste. Es gibt eigentlich kaum einen anderen Grund, weshalb die Gruppe ansonsten das schützende Zelt verlassen sollte. Man darf nicht vergessen, es war dunkel, kalt und höchstwahrscheinlich stürmisch (zumindest wenn man sich die letzten beiden, während des Zeltaufbaus gemachten Fotos anschaut).
Die ersten Verletzungen dürften bei diesem Ereignis, also dem Schneebrett, welches das Zelt zudeckte, entstanden sein.
Lieeschen schrieb:Ich kann mir aber nicht vorstellen das die Verletzungen schon am Zelt, also bevor der überstürzten Fluch entstanden sind.
Ich selber habe mir vor ein paar Jahren bei Ski fahren 2 Rippen gebrochen. Das ist ein stechender Schmerz der einen sofort fast handlungsunfähig macht. Die erste Reaktion des Körpers ist es , sich dermaßen zusammen zukrümmen, vergleichbar mit der Embrionalstellung.
Gemäss Aussage der Suchmannschaft waren die vom Zelt wegführenden Spuren noch zu sehen, als das Zelt gefunden wurde. Diese Spuren sollen eher auf einen geordneten Abmarsch als auf eine ziellose Flucht hingedeutet haben.
Dass ein Rippenbruch schmerzhaft und lebensgefährlich ist, das bestreitet sicher niemand. Allerdings muss nicht jeder Rippenbruch zur völligen Bewegungsunfähigkeit führen. Es gibt genügend Beispiele, dass man nach einem Rippenbruch nicht gleich völlig bewegungsunfähig sein muss. Als Beispiel führe ich hier mal Radfahrprofi Tyler Hesjedal an, der mit einer gebrochenen Rippe noch mehrere Etappen fuhr. Er fuhr nach seinem Unfall also nicht nur diese Etappe zu Ende, nein, er trat mit gebrochener Rippe noch zu weiteren Etappen an und beendete diese auch!
Lieeschen schrieb:Des weiteren ist es so gut wie unmöglich aufrecht zu stehen geschweigenden auch noch diese Kilometer Entfernung zurückzulegen. Das einzig mögliche ist es , zu kriechen/robben bzw. in gebückter Haltung unter unerträglichen Schmerzen ein paar Meter zurückzulegen. Jedoch kann man davon ausgehen das man gut alle paar Meter einfach zusammenbricht.
Noch unwahrscheinlicher ist es das man in diesem Zustand eine Schneehöhle bauen kann.
Also wie bereits geschrieben, man muss nach einem Rippenbruch nicht unbedingt völlig bewegungsunfähig sein. Allerdings gehe ich schon davon aus, dass sich die beiden Personen mit gebrochenen Rippen, Dubunina und Solotarew, kaum am Bau der Schneehöhle beteiligt haben dürften. Ich gehe eher davon aus, dass man die Schneehöhe für die Verletzten gebaut hat.
Lieeschen schrieb:Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich dazu sagen, das man sofort im Brustkorb ein unerträgliches Stechen verspürt, er fühlt sich an als würde man von innenheraus explodieren. Ich bin im gleichen Alter wie sie und auch körperlich sehr fit und auch sehr viel im Schnee unterwegs. Jedoch wäre es mir NICHT möglich gewesen diese Kilometer zu bewältigen, Schneehöhle graben etc.
Wenn es um Leben und Tod geht, dann geht plötzlich viel mehr, als man denkt. Wenn im Schnee liegen bleiben, der sichere Tod bedeutet, dann sieht das ganz anders aus, als wenn man im Schnee liegend "bequem" auf Hilfe warten kann. Als Buchempfehlung zum Thema kann ich dir da 'Touching the Void' von Joe Simpson geben. Ultrakurzversion: Bei einer Bergtour stürzte er ab und brach sich das Bein. Beim nachfolgenden Abstieg kamen sie mit Abseilen in eine auswegslose Situation, bei der Simpson im Seil hing und weder vor noch zurück konnte. Da sein Partner ihn nicht hochziehen konnte und auch nicht mehr weiter am Seil runterlassen konnte, schnitt er schlussendlich das Seil durch und Simpson fiel etwa 50 Meter tief in eine Gletscherspalte. Trotz gebrochenem Bein gab Simpson nicht auf. Er fand einen Weg aus der Gletscherspalte und hüpfte und kroch drei weitere Tage und Nächte, bis er völlig erschöpft ins Basislager zurück gelangte. Link:
Wikipedia: Touching the VoidGegen ein gebrochenes Bein ist eine gebrochene Rippe "Pipifatz".
Lieeschen schrieb:Klar darf man dennoch nicht vergessen , das man die beiden Situationen nur bedingt vergleichen kann. Ich hatte weder Todesangst, noch den Adrenalinpegel wie diese Leute es hatten.
Jedoch komme ich zu dem Entschluss, das die Verletzungen nicht am Zelt hervorgetreten sind sonst hätte man die ersten Toten direkt ab Zelt bzw auf dem Weg Richtung Wald gefunden.
Ich bin sicher, dass die Verletzten Hilfe und Unterstützung bekamen und deshalb auch niemand im oder beim Zelt zurück blieb.
Lieeschen schrieb:Die nächste Ungereimtheit die sich mir stellt, ist die Vermutung die 2 am Feuer Erfrorenen hätten ihre Kleidung absichtlichen den anderen gegeben um dessen, eventuelle Mission zur Rettungssuche zu ermöglichen.
Ich studiere Psychologie und habe über diese Situation auch mit meinen Studienkollegen gesprochen. Wir sind uns daher einig , das die Leute zu Lebzeiten definitiv nicht ihre Kleidung abgegeben haben. In der Situation denk der Mensch primitiv, dh er würde nicht seinen letzten verblieben Schutz, von dem er glaub das dieser sein Überleben entscheidend beeinflussen kann , abgeben.
Hier sind verschiedene Szenarien denkbar. Ein Szenario ist sicher, dass die Beiden ihre Kleidung freiwillig den anderen überlassen haben. Zwar schwer vorstellbar, aber ausschliessen würde ich das nicht. Immerhin gab es dort ein Feuer und möglicherweise hatten die Beiden aufgrund der körperlichen Anstrengung sogar warm bekommen, dass sie glaubten, für kurze Zeit ihre Kleidung ausleihen zu können.
Für realistischer halte ich allerdings ebenfalls, die Variante, dass man ihnen die Kleidung erst abzog, nachdem sie erfroren waren.
Das lässt sich theoretisch eventuell feststellen, wenn man überprüft, wer wessen Kleidung trug, zumindest wenn man davon ausgeht, dass die Gruppenmitglieder im Zelt ihre eigenen Kleidungsstücke angezogen haben.
Lieeschen schrieb:Ein Bespiel zur Verdeutlichung:
2 Schiffbrüchige schwimmen im Meer. beide haben je eine Schwimmweste. Der eine schlägt dem andern vor, zu einer Insel zu schwimmen und Hilfe zu holen, und bittet zusätzlich um dessen Schwimmweste. Der andere würde NIE seine Weste abgeben und sich dafür an einem Stückchen Holz (in unserem Fall das Feuer) festhalten. Da er immer Gefahr laufen wurde das das Holz untergeht (in unserem Fall das Feuer geht aus). Da er ja nicht mit 100%iger Sicherheit davon ausgehen kann, das der andere eine Rettungsmöglichkeit findet.
Dieses Verhalten tritt in der Natur schlichtweg nicht auf!
Wie bereits geschrieben, die Kleidung wurde eventuell den Erfrorenen abgezogen, dann fällt die psychologische Komponente gleich mal weg.
Lieeschen schrieb:Eine andere Theorie, vielleicht wurde diese ja schon beleuchtet, und ich habe es nur überlesen.
Nachdem die 2 Erfroren sind , wird entschieden das die "4rer" Gruppe nach einer Rettungsmöglichkeit Ausschau hält.
Oder aber es kommt unter den Mitgliedern zu Meinungsverschieden über die weiteren Vorgehensweisen. Aufjedenfall trennt sich die Gruppe aus irgendeinem Grund. Jedoch gehe ich in meiner Theorie davon aus, das Slobodin als Mitglied Nummer 5 der Gruppe dazugehört. Kolmogorowa und Djatlow bleiben aus irgendwelchen Gründen am Feuer zurück.
Nachdem die jetzt "5er" Gruppe aufgebrochen sind bauen sie eine Schneehöhle. Aus irgendwelchen Gründen verunglückt die Gruppe aber, und zieht sich die Verletzungen zu. Slobodin jedoch kann sich wie auch immer aus der Situation retten und schleppt sich mit einer Schädelfraktur (welche ja vergleichbar nicht gravierend war) zurück zu Djatlow und Kolmo, berichtet von den Ereignissen eventuellen Tot der anderen und sie brechen zu 3. auf Richtung Zelt. Auf dem Weg stirbt dann einer nach dem anderen. Unter dem Gesichtspunkt lassen sich die Verletzungen von Slobodin erklären.
Ich weiß viel Input auf einmal , aber vielleicht hat ja jemand Lust darüber zu diskutieren :-)
Also ich glaube, das Ganze hat sich etwas anders abgespielt. Such mal nach meinen Beiträgen im Thread, in einigen habe ich das geschildert, wie sich das abgespielt haben könnte. Wissen wird man das nie und mit dem Schneebrett als Auslöser sind natürlich auch nicht alle glücklich.
Emodul