Kaspar Hauser
06.03.2015 um 20:12Falls das Thema noch jemanden interessiert: Unter dem folgenden Link äußert sich im Detail Hausers Erzieher Meyer. Die Überschrift ist etwas irreführend. Sein Sohn Dr. Julius Meyer hat das Werk rausgebracht und mit eigener Interpretation (man kann auch Fälschungen sagen) versehen, was sich in den leider oft unvollständigen Fußnoten zeigt. Biografin Leonhardt unterstellte Julius Meyer wohl nicht zu Unrecht, er wollte das Bild seines Vaters von Hauser noch schwärzer darstellen. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen, die Ansicht von Meyer sen. spricht für sich:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/1448/9
Es sind viele Kleinlichkeiten enthalten und Lehrer Meyer mag kein allzu netter Mensch gewesen sein, aber er bringt - nach anfänglich irritierend wohlwollend klingendem Beginn - Argumente, die zeigen, dass KH vor allem in kleinen Angelegenheiten heuchlerisch und auf seinen eigenen Vorteil bedacht war. Da ist viel Klein-klein enthalten, um nicht zu sagen Kleinlichkeiten. Andererseits zeigt sich auch viel Scharfsinn, der Meyer vermuten lässt, dass sein Zögling sich bewusst zu einem Zeitpunkt selbst verwundet hat, an dem er annehmen konnte, sein Erzieher sei zuhause. Und dass er gesagt habe, wo er hingehen wolle, könnte er deshalb geäußert haben, um später nicht hören zu müssen, er habe ja nicht gesagt, wo er hingehe. Außerdem musste er feststellen, dass Hauser kurz vor dem Attentat ungewöhnlich unaufmerksam im Unterricht war.
Nein, ich will damit nicht sagen, wie man mir vorgeworfen hat, man solle meine Meinung "auskotzen" und meine "Quellen fressen". Nur sollte man diese Quellen eben nicht ignorieren, wenn man an der historischen Wahrheit oder zumindest an der Version derjenigen interessiert ist, die ihn genau gekannt haben.
Wesentliche Stelle kurz vor Schluss: "Hat Kaspar Hauser das Attentat an sich selbst verübt, so kann ich nach meiner Bekanntschaft mit ihm nicht annehmen, daß er bei der entschiedenen Absicht, seiner bisherigen Lage ein Ende zu machen, mit Ängstlichkeit die Einwirkung auf Herrn Graf Stanhope berechnet, sondern muß vielmehr glauben, daß er ebenso wohl, und vielleicht gar vorzugsweise, den Tod im Auge behalten habe. Angenommen indes, er hätte letzteres weniger gewollt, so war Hauser doch so gescheit, daß ihn ein unbedeutender Stich sogleich verdächtig erscheinen lassen würde und daß es ihm bei einem stärkeren Druck leicht fehlen konnte. Es wäre demnach kaum anders anzunehmen, als daß er beide Fälle im Auge gehabt und seine ganze Einrichtung darauf gemacht hätte. – Gelingt's, – so ist's gut; – und gelingt's nicht, so ist's auch recht; dann habe ich auch dabei nichts verloren. – Ehe ich so fortlebe, will ich lieber sterben –: Dies sind Gedanken, welche der Gesinnung Kaspar Hausers gar nicht ferne lagen."
Damit sollte der Legende wirklich ein Ende gemacht sein.
http://gutenberg.spiegel.de/buch/1448/9
Es sind viele Kleinlichkeiten enthalten und Lehrer Meyer mag kein allzu netter Mensch gewesen sein, aber er bringt - nach anfänglich irritierend wohlwollend klingendem Beginn - Argumente, die zeigen, dass KH vor allem in kleinen Angelegenheiten heuchlerisch und auf seinen eigenen Vorteil bedacht war. Da ist viel Klein-klein enthalten, um nicht zu sagen Kleinlichkeiten. Andererseits zeigt sich auch viel Scharfsinn, der Meyer vermuten lässt, dass sein Zögling sich bewusst zu einem Zeitpunkt selbst verwundet hat, an dem er annehmen konnte, sein Erzieher sei zuhause. Und dass er gesagt habe, wo er hingehen wolle, könnte er deshalb geäußert haben, um später nicht hören zu müssen, er habe ja nicht gesagt, wo er hingehe. Außerdem musste er feststellen, dass Hauser kurz vor dem Attentat ungewöhnlich unaufmerksam im Unterricht war.
Nein, ich will damit nicht sagen, wie man mir vorgeworfen hat, man solle meine Meinung "auskotzen" und meine "Quellen fressen". Nur sollte man diese Quellen eben nicht ignorieren, wenn man an der historischen Wahrheit oder zumindest an der Version derjenigen interessiert ist, die ihn genau gekannt haben.
Wesentliche Stelle kurz vor Schluss: "Hat Kaspar Hauser das Attentat an sich selbst verübt, so kann ich nach meiner Bekanntschaft mit ihm nicht annehmen, daß er bei der entschiedenen Absicht, seiner bisherigen Lage ein Ende zu machen, mit Ängstlichkeit die Einwirkung auf Herrn Graf Stanhope berechnet, sondern muß vielmehr glauben, daß er ebenso wohl, und vielleicht gar vorzugsweise, den Tod im Auge behalten habe. Angenommen indes, er hätte letzteres weniger gewollt, so war Hauser doch so gescheit, daß ihn ein unbedeutender Stich sogleich verdächtig erscheinen lassen würde und daß es ihm bei einem stärkeren Druck leicht fehlen konnte. Es wäre demnach kaum anders anzunehmen, als daß er beide Fälle im Auge gehabt und seine ganze Einrichtung darauf gemacht hätte. – Gelingt's, – so ist's gut; – und gelingt's nicht, so ist's auch recht; dann habe ich auch dabei nichts verloren. – Ehe ich so fortlebe, will ich lieber sterben –: Dies sind Gedanken, welche der Gesinnung Kaspar Hausers gar nicht ferne lagen."
Damit sollte der Legende wirklich ein Ende gemacht sein.