@blackpink Das Problem an einem solchen Bericht, wie Du ihn verlinkt hast, ist leider, dass die Autoren nicht objektiv (genug) schreiben. Es geht nicht um Klärung, sondern um Mystifizierung.
Sie vermischen die Fakten, die reine Berichterstattung mit ihrer persönlichen Meinung, und das gleich von Anbeginn an. So fällt es schwer, diese zu trennen, und im Laufe des Weiterlesens vermischt der Leser sie ebenfalls. Ist er Artikel dann aufgesogen, wird jeder Leser meinen, die Meinung der Autoren wären Fakten.
Der ganze Artikel durchzieht sich eben mit diesen Meinungen. So zB finden die Autoren es erstaunlich, dass eine Feldflasche gefunden wurde, „die man in der Wildnis genauso wenig zurücklässt wie seine Stiefel.“
Hier machen sie aus einem Fakt (Feldflasche gefunden) sofort ein Rätsel, das sie aber nur einseitig (lässt man nicht zurück) erklären wollen. Dass diese Feldflasche verloren ging, findet keinen Eingang in ihre Überlegungen.
Auch Weglassen von vielen anderen Möglichkeiten, sodass nur eine übrig bleibt, nämlich die die man andeuten möchte, ist ein beliebter Trick/bzw Fehler von Erzählenden, die eben nicht wissen, aber glauben wollen, bzw andere dahin gehende manipulieren wollen, dass diese dann das glauben, was die Autoren beabsichtigen.
Der ganze Artikel ist von diesen Denkfehlern, ausgelassenen Überlegungen, emotionalen Übertreibungen, Schuldzuweisungen an die einzig Kompetenten in der Geschichte (die Suchtrupps), Behauptungen ohne Belege, etc.
Um jeden einzelnen rhetorischen Kunstgriff aufzudecken, müsste ich jetzt ein Buch verfassen.
Diese Trickfallen, die übrigens noch nicht einmal absichtlich aufgestellt sein müssen, auch Autoren fallen oft auf ihre eigene Rhetorik rein, kann man aber durchschauen.
Das geht am besten, indem man solche Artikel Absatz für Absatz, Zeile für Zeile zerlegt. Sich nicht von der Gesamtstimmung überwältigen lässt.
Das fällt eigentlich recht bald in der Art auf, mit der das Geschehene beschreiben wird. Ich zitier mal einen der ersten Absätze, auf den ich mich des Weiteren beziehen werde:
"Sein Leichnam – sofern es sich überhaupt um seinen Leichnam handelt – wurde erst vor kurzem – Anfang August 2016 – an völlig anderer Stelle gefunden – ebenfalls weit entfernt von seinem Jagdrevier, in dem er sich ursprünglich befand. Die forensische Untersuchung steht noch aus. Wie gewohnt sprechen die Behörden in offizieller Tonart von Desorientierung und Unterkühlung. Im Falle dieses erfahrenen Jägers, der mit seiner Jagdgesellschaft seinerzeit auch im ständigen Funkkontakt stand, klingen diese Mutmaßungen eher einfältig bis lächerlich."
Der Bericht fängt zunächst neutral an:
"Sein Leichnam – sofern es sich überhaupt um seinen Leichnam handelt – wurde erst vor kurzem – Anfang August 2016 – an völlig anderer Stelle gefunden – ebenfalls weit entfernt von seinem Jagdrevier, in dem er sich ursprünglich befand. "
So weit, so gut. Dann folgt ein ebenfalls neutraler und sehr wichtiger Satz:
"Die forensische Untersuchung steht noch aus."
Das heißt, die Autoren können zum Zeitpunkt des Verfassens des Berichtes noch nichts wissen. Die Auffinder der Leiche hingegen schon. Sie haben sie schließlich bereits gesehen, und können daher doch etwas mehr sagen. Aufgrund ihrer Erfahrung, weil sie wesentlich öfters als die Autoren verschwundene Personen entdeckt haben. Weil sie wesentlich öfters als die Autoren dabei Leichen fanden.
Sie habendaher mehr Erfahrung und mehr Wissen als die Autoren, die in dem Fall gar nichts wissen.
Trotzdem, obwohl sie nichts wissen, maßen sie sich bereits ein Urteil an. Ein abwertendes, alles andere als neutral:
" Wie gewohnt sprechen die Behörden in offizieller Tonart von Desorientierung und Unterkühlung."
Das Wort "Tonart" verrät die Arroganz. Es wird bereits hier angedeutet, dass die Behörden das immer sagen würden. Das alleine ist falsch, denn wenn sie eine Leiche mit Genickbruch finden, dann sagen sie das auch.
Diese Unterstellungen werden heftiger:
"klingen diese Mutmaßungen eher einfältig bis lächerlich."
Ausgesprochen unverschämt, Leuten, die beruflich und ausgebildet Erfahrung mit vermissten und verstorbenen Wanderern haben, als "einfältig" zu bezeichnen. Ausgesprochen manipulierend, eine auf Erfahrung beruhende und daher zu Recht vermutete Todesursache "lächerlich" zu nennen.
Das hat null mit Aufklärung zu tun.
Null mit Respekt vor der Leistung und der Erfahrung und dem Wissen der Suchtrupps.
Es dient lediglich dem Zweck, die Suchtrupps und die Behörden als unfähig, die unwissenden, unerfahrenen Lehnstuhlautoren hingegen als kompetent, ja sogar kompetenter als die wirklichen Fachkräfte darzustellen.
Ein Trick, den Möchtegernexperten nur allzu oft verwenden. Wer nicht nachweisen kann, dass er der Bessere wäre, der macht eben „die anderen“ schlechter.
Der Schaden ist damit bereits angerichtet, die gewünschte Denkrichtung beim Leser manipulierend vorgegeben. Und wie man ja sieht, funktioniert das ja auch. Die meisten Leser solcher Berichterstattung nehmen sie ja für bare Münze, merken die Manipulation, dass hier etwas Mysteriöses, nicht rational Erklärbares passiert sein müsse, gar nicht.
Aber genau von diesen Manpulationen lebt das Genre.
Womit begründen die Autoren des Spurensuchers nun ihre durch Nichts belegte Schlussfolgerung? Mit " Im Falle dieses erfahrenen Jägers,"
Aha. Als ob eine Erfahrung in Sachen Jagen einen Immun gegen Kälte und verirren machen würde.
Es ist auch nicht klar, ob Edges wirklich so erfahren war. Und, w ie schon gesagt, selbst das gibt keinen 100%S Schutz.
Er war kein Supermensch.
Ich darf da mal an Robert Falcon Scott (* 6. Juni 1868 - † 29. März 1912 ) erinnern, der ein erfahrener Polarforscher war und dennoch an seiner letzten Expedition scheiterte und dabei den Tod fand. Mit ihm alles Mannen. Allesamt erfahren. Vermutlich mehr erfahren als Hedges.
Solche Dinge passieren auch den Besten unter uns. Und sollten daher immer als Todesursache in Betracht gezogen werden.
Wer aber unbedingt aus diesen Unglücken mysteriöse Fälle machen möchte, der verdrängt das eben, bzw gaukelt dem Leser tatsächlich vorkommende Probleme als „kann ja gar nicht sein – die Behörden lügen doch alle – da ist ganz was anderes passiert – was die da vertuschen wollen“ vor.
Wie hätte eine objektivere Berichterstattung aussehen müssen?
1. Die eigene Meinung raushalten oder wenn,
2. dann erst am Ende des neutralen Berichtes ausführen.
3.Keine Emotionen, wie „erstaunlicherweise“,
3. Und die Begründungen, wie man zu seiner Meinung kommt, nennen.
4. Diese Begründungen ihrerseits müssen auf den Fakten aufbauen, dürfen also keine Fantasiefakten, Strohmänner oder Beleidigungen enthalten.
5. Am besten, am objektivsten und am anständigsten wer es gewesen, erst einmal den Bericht der Forensiker abzuwarten. Um wenigstens Bescheid zu wissen, nicht wahr?
Ich kann daher allen hier nur raten, auf der Hut zu sein, wenn Berichterstattungen den Ton der Objektivität verlassen, und versuchen, den Leser emotional ein-und umzustimmen. Denn das tun sie nicht, weil sie wertneutral einen Fall klären wollen, sondern weil sie Effekt heischend das Publikum auf ihre Sicht einstellen wollen. Die sich dann bestens verkauft.