@Einzelgänger Zur Zeit meiner Jugend begann diese "Kinderpsychologie-Welle" und mich hat es da ähnlich getroffen wie Dich. Ich war aufsässig, habe sowohl Kompetenz als auch Machtbefugnisse der Lehrer in Frage gestellt und hintertrieben und so ziemlich jeden Mist gemacht, den Jungs so machen können.
Meine Psychologenrundfahrt fand aber ein jähes Ende, als auch die dritte Psychologin erklärte, dass bei mir nichts zu finden sei und sie eine Familientherapie vorschlug, um die Ursache an anderer Stelle zu suchen...
:DIch mache, sehr zum Leidwesen meiner Tochter, auch gerne Witze über Psychologen und bin der Ansicht, dass ein Psychologe bei ausnahmslos jedem Menschen der Welt (vielleicht abgesehen von einem Kalahari-Buschmann) ausreichend Symptome finden würde, eine Therapie zu empfehlen - es gibt viele Psychologen und alle wollen Geld verdienen.
Das ändert aber nichts daran, dass es eine Reihe von Vorgängen im menschlichen Gehirn gibt, die man analysieren sollte, wenn sie anhaltend auftreten.
Art, Intensität und Dauer solcher Symptome sind letztlich ausschlaggebend für die Notwendigkeit einer Therapie oder zumindest den Versuch einer Diagnose.
Banales Beispiel:
Wir alle reden manchmal mit uns selbst. Im Regelfall, wenn wir alleine sind und mit irgendwelchen Objekten - also im Büro mit dem PC, wenn der nicht so will, oder zu Hause mit der Wohnung oder direkt mit uns selbst, wenn wir über etwas verwundert oder auch sehr zufrieden mit uns sind: "Mann, da haben wir aber was geschafft!", "Das gibt's doch nicht!" oder "Mach schon Du doofer PC, ich habe keine Zeit!"...
Das alles ist völlig normal (auch wenn ein Psychologe da schon einen Ansatz finden würde - siehe oben), aber wenn Du in einem Zug sitzt oder in der Stadt herumspazierst und Du triffst auf Jemanden, der permanent und laut mit einer imaginären Person oder sich selbst spricht, neigst Du doch eher dazu, den als "reif für die Klapse" zu bezeichnen - was natürlich ein blöder Spruch ist, aber eben aussagt, dass dieses Verhalten nicht als normal bezeichnet werden kann.
Also ja, eine gewisse Skepsis gegenüber der Psychologie ist sicher angebracht, aber ihre generelle Notwendigkeit ist nicht zu bestreiten und steigert sich von Generation zu Generation.
Inzwischen ist der Beruf Psychotherapeut schon fast so eine sichere Bank wie Bestatter...
Worum es hier in der Diskussion geht, ist folgendes:
Wenn jemand etwas schildert, das neben seiner Vorstellung übersinnlicher Phänomene auch alle Voraussetzungen für eine psychische Störung offenbart, dann ist es durchaus sinnvoll, denjenigen auf diesen Umstand hinzuweisen. Allerdings sollte man das behutsam und vorsichtig angehen und ohne Druck, denn natürlich wird sich jeder Mensch gegen diese Möglichkeit sträuben so gut er kann, gerade weil psychologische Probleme in unserer Gesellschaft immer noch mit einem Makel behaftet sind - dies bessert sich aber zusehends, nicht zuletzt, weil Psychologen bei jedem Menschen etwas finden, dass sie therapieren können...
:D (Wenn Du z. B. die Symptome durchliest, die auf Borderline-gefährdet hindeuten, dann trifft das auf so ziemlich jeden Jugendlichen zu, der in industrialisierten Ländern aufgewachsen ist...)
Es macht keinen Sinn, wenn User - und seien sie noch so begeistert von Mystery oder Esoterik - einen solchen Hinweis sofort im Keim zu ersticken suchen.
Das hilft niemandem und erhöht auch nicht die Wahrscheinlichkeit von übersinnlichen Phänomenen.
Verstehe mich nicht falsch. Ich meine damit nicht, dass man jedem User grundsätzlich zu einem Psychologen raten soll, wenn er glaubt, einen Geist gesehen zu haben.
Es hängt von der Art seiner Schilderung ab, von den Begleitumständen, die man erfragt, der Art, in der er sein Erlebnis beschreibt usw.
Manchmal reicht es ja auch schon aus, dem User zu raten, er solle beim nächsten Mal weniger schwarzen Afghanen in seine Pfeife bröseln...
:DWenn Du tatsächlich und sachlich übersinnliche Phänomene untersuchen willst, muss erst geklärt werden, ob da wirklich unabhängig von psychischen oder drogeninduzierten Vorgängen etwas geschehen ist.
Den Weg will keiner von den Mystery-Überzeugten gehen, scheint es. Da wird lieber die Auswirkung psychischer Defekte in Frage gestellt.
Man kommt gegen die Argumentation ja auch nur schwer an. Dass sämtliche Erscheinungen verschwinden, wenn eine Behandlung erfolgt, werten Realisten als Beleg für den psychischen Effekt, während Mystery-Anhänger erklären, dass die Medikamente in Wahrheit die übersinnlichen Fähigkeiten unterdrücken...there you have it.
Ich bleibe trotzdem dabei, dass es legitim ist, einen User auf die Möglichkeit einer psychischen Belastung hinzuweisen, wenn alle Umstände dafür sprechen.
Ich warne allerdings auch davor, diese meine Einstellung als Freibrief zu sehen, das bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu tun.
Und nach wie vor bleibt ein Grundsatz immer bestehen: Der Ton macht die Musik!
Ein User lässt sich nahezu alles sagen, wenn es ihm so geschrieben wird, dass er sich dabei nicht angegriffen fühlen muss.
Das kriegen allerdings nicht so schrecklich viele Realisten gut hin - auch ich nicht immer, soviel Ehrlichkeit muss man sich selbst gegenüber haben.
Dafür gibt es die Verwaltung und Kollegen, die im Zweifelsfall eben versuchen, den Ansturm etwas abzubremsen, was die Realisten dann auch nicht recht einsehen wollen, da sie sich ja im Recht wähnen und nicht verstehen, was wir da zu bemängeln haben.
Wir hatten hier schon User, die sind regelrechte Kreuzzüge gegen Mystery-Gläubige geritten. Einer der heftigsten Vertreter dieser Fraktion musste uns schon vor geraumer Zeit deswegen verlassen und einige User, die im selben Fahrwasser schipperten, haben sich, nach zahlreichen Sanktionen und mit einem Fuß schon aus dem Forum geworfen, gemäßigt und versuchen sich in dieser Beziehung mehr und mehr zurück zu nehmen.
Die grundsätzliche Einstellung wird sich dadurch nicht ändern (muss sie auch nicht) und sie schlägt auch immer wieder mal durch, aber das Auftreten in den Threads bessert sich langsam aber sicher.
Die unterschiedlichen Sichtweisen werden immer wieder aneinander geraten, Konflikte sind unvermeidbar, aber wir müssen einen Weg finden, miteinander zu diskutieren, ohne dem Gegenüber das Wasser abgraben zu wollen.
Das betrifft übrigens beileibe nicht nur die Realisten. Wenn ich da einige Auftritte der Mystery-Fraktion sehe, muss man sich über den harschen Ton in Threads nicht wundern.
Wer sich aufführt, als wäre er die Instanz allen Wissens, obwohl er ganz offensichtlich nicht einmal die Grundsätze der Themen verstanden hat, über die er schwadroniert, darf sich über entsprechenden Gegenwind nicht wundern.
Und um an dieser Stelle mal mit einem Vorurteil aufzuräumen, die Verwaltung wäre auf Seiten der Realisten (wobei dieses Vorurteil bei den Realisten genau anders herum besteht), muss ich mal kurz aus der Erfahrung plaudern:
In einem hitzigen Thread werden über den Daumen gepeilt gleich viele Realisten verwarnt oder angeschrieben wie Mystery-User.
Dass es so wirkt, als würden Mystery-User schneller aus dem Forum entfernt als Realisten liegt nicht an einer Vorzugsbehandlung durch die Verwaltung, sondern am Auftreten angesprochener Mystery-User.
Mit einem Realisten kann ich im Regelfall reden und eine Einigung erzielen. Bei den Mystery-Usern, die mit der Verwaltung in Konflikt geraten - meist ja relativ "neu" angemeldet, verläuft die Unterredung sehr oft völlig anders und endet recht schnell in Beschimpfungen und Drohungen (manchmal beginnt sie auch schon so).
Da wird aus einer Verwarnung, z. B. Beleidigungen im Thread zu vermeiden, dann eben ein Ausschluss, wenn sich zeigt, dass Beleidigungen die einzige Form der Kommunikation ist, die der User beherrscht (und Wichser das einzige Wort, dass er fehlerfrei schreiben kann).
Fazit:
Ja, psychische Probleme können Auslöser für ungewöhnliche Wahrnehmungen sein und ja, man darf User auf diesen Umstand hinweisen.
Nein, man darf Usern nicht unterstellen, sie wären schizophren, manisch oder sonstiges. Wer Diagnosen erstellen will, muss erst studieren und dann den User in seiner Praxis empfangen!
Und als Tipp für Realisten: Wenn ich einen völlig faktenresistenten Vollidioten vor mir habe, dann versuche ich nicht monatelang, ihm Realismus einzuprügeln, sondern gehe ihm aus dem Weg, wenn ich festgestellt habe, dass da Hopfen und Malz verloren ist.
Ihr habt hier keinen "Heilungsauftrag".
Soviel für heute zu dem Thema...
:sense: