Tanith22 schrieb:Ich glaube, du willst wissen, ob es einen Plan hinter der Hellseherei gibt?
Nein, nicht direkt, weil ich Hellseherei nie als etwas verstanden habe, was in irgendeiner Form von einer höheren Macht abhinge.
Tanith22 schrieb:Und der Zweck besteht darin, diesen Sinn-genau wie die anderen Sinne zu nutzen. Du fragst ja auch nicht, warum wir sehen können, hören können...
Wir tun es und es hilft uns, uns in der Welt zurecht zu finden.
Nach einem Warum frage ich tatsächlich nicht. Mich interessiert das Was, das Wie, manchmal auch noch das Wozu, aber vor allem, was dabei im jeweiligen Kopf vorgeht.
Hierzu fällt mir noch eine weitere Erklärung ein, wobei wir an dieser Stelle die Hellseherei nicht direkt als Fähigkeit ansehen, sondern als Nebenprodukt unserer Warhnehmung, die als Hellseherei interpretiert wird. (Keine Sorge, diese konkrete Sichtweise soll jetzt wirklich nur an dieser Stelle einmal so sein und verliert am Ende des Beitrags sofort wieder seine Bestimmtheit.)
Nehmen wir einmal den alten Gassenhauer, dass wir alle die Welt mit anderen Augen sehen würden - sie also anders wahrnehmen bzw. vielmehr jedes unserer Gehirne und Gedankenwelten derart komplex sind, dass sie einfach Hier und Da manche Dinge individuell etwas anders verarbeiten.
Schweifen wir einmal kurz in das Thema Ängste ab und schauen uns die eben genannte These dort einmal an.
Angst haben wir alle. Manche vor Insekten, eine meiner Tanten in panischer Weise vor Hunden, manche vor der Höhe, so einige vor dunklen Räumen und mancher davor, auf ewig mit dem Gefühl der Bedeutungsloskeit leben zu müssen. Und noch so einiges mehr.
So wie wir aber alle Ängste haben, so sind sie im Einzelfall doch recht verschieden.
Das geht sogar soweit, dass wir manche Ängste in keinster Weise nachvollziehen oder verstehen können.
In der Literatur zu dem Thema fand ich einen dokumentierten Einzelfall, bei dem der Probant seinen Psychologen bezichtigte, er würde ihn umbringen wollen, weil während einer Sitzung im Nebenraum das Telefon geklingelt hatte.
Das wirkt verständlicherweise von außen betrachtet wohl auf viele etwas absurd, mancher möchte es sogar mit den Worten "krank" oder "verrückt" kommentieren, aber damit sollte man vorsichtig sein. Denn gleichermaßen mag es auf genau diese Person "verrückt" wirken, wenn beispielsweise ich mir fast in die Hosen mache, wenn ich im Keller auf einen Weberknecht/eine Spinne treffe.
Da kann man dann einmal fragen, wer von uns beiden denn nun der Verrückte sein soll? Beide, keiner oder je nach Betrachtungsweise nur einer?
Die Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Bringt manchmal nur noch mehr Probleme mit sich, löst manchmal aber auch ganze Problemberge einfach auf.
Und so wie es vor ein paar Zeilen scheinbar nicht klar war, welche Art von Angst nun aus einem Menschen einen "Verrückten" macht, so kann und will ich beispielsweise dir nicht mal eben deine Ernsthaftigkeit absprechen, wenn du über Hellseherei sprichst.
Auf kurze Sicht ist es für mich unwichtig, ob wir im Allgemeinen nun von einer Sinnestäuschung oder einer Fähigkeit reden. Mir ist wichtig, dass wir überhaupt an den Punkt kommen, wo wir in den Dialog treten und uns auszutauschen. Sanfte Kritik wird dabei unterschwellig mit eingebaut, keine Frage, aber wir reden überhaupt erst einmal drüber. Nur dadurch habe ich überhaupt erst die Möglichkeit zu versuchen mir ein Bild davon zu machen, was in dir und mir passiert, wenn wir über Hellseherei nachdenken und kann gezielt Fragen stellen, die mir als Außenstehender helfen können zu verstehen, was da in dir vorgeht.
Ich sehe mich schon dazu in der Lage, jetzt ein halbes Dutzend einwandfrei beschriebener Effekte der Psychologie aufzuzählen, die Wahrnehmungsverzerrungen oder unbeabsichtigte Fehlinterpretationen beschreiben und die man prinzipiell problemlos pauschal auf den größten Teil der Menschheit anwenden kann. Aber wozu sollte ich das tun? Vor allem wenn ich bedenke, dass diese Effekte oft auch aussagen, dass sie in der Innensicht von vielen gar nicht erkannt werden und die allerwenigsten ohne Grund überhaupt eine Motivation haben, gezielt nach diesen Effekten bei sich zu suchen.
Das begründet auch ein Stück weit, warum ich mich selbst in diese oft beschriebene neutrale Position zu schieben versuche. Analog zu unserem oben genannten Kerlchen mit paranoiden Angstzuständen, weis ich als Außenstehender nicht unmittelbar, woran ich bin und hüte mich davor zu werten, bevor ich nicht versucht habe ein Stück nachzuvollziehen, was im Kopf dieser Person dabei vorgeht.
Mich hier jetzt auf die Pro- oder Kontra-Seite zu stellen und gegen die jeweils andere zu diskutieren, halte ich bei diesen Themen gleichermaßen für fruchtlos, weil ich mit meiner Denkweise mehr Sinn darin sehe zu ergründen, warum sich jemand so oder so positioniert und welche Denkweisen und Erfahrungswerte dazu geführt haben.
Schlussendlich werde ich hier, mit mir und meiner beschriebenen Art des Diskutierens, wohl nie an einen Punkt kommen, wo ich mich konkret zur Titelfrage positioniere, aber das ist für mich auch nicht zwingenderweise das Ziel.
Zum Abschluss kann man aus diesen Worten vielleicht mitnehmen, dass man diese Veränderungen des Blickwinkels manchmal auch auf sein eigenes Verhalten anwenden sollte, wenn man auf jemanden trifft, der die eigenen Verhaltens- und Denkweisen so gar nicht nachvollziehen kann.
Zu versuchen jemanden von der eigenen Position zu überzeugen, ist eine Sache und in manchen Fällen auch sinnvoll, aber nachvollziehen zu können, warum es jemand völlig anders sehen könnte, das birgt an manchen Stellen möglicherweise sogar noch ganz andere Ergebnisse und Erkenntnisse.