-LOVE- schrieb:Meiner Meinung nach birgt diese Denkweise im Kern -zumindest tendenziell- die Gefahr einer weiter fortschreitenden „Entmenschlichung“ der Gesellschaft in sich. Es mangelt ihr schlicht und ergreifend an einer objektivierbaren Grundlage zur Formulierung einer humanistischen Ethik, da das Individuum als solches ein rein willkürlicher Wert zugemessen werden kann, wie ich mit obigen Überlegungen zu beschreiben versuchte. Das bedeutet in letzter Konsequenz nichts anderes, dass eine wie auch immer geartetes ethisches Wertesystem jederzeit willkürlich verändert werden könnte, um die vorrangigen Ziele einer solchen Sichtweise durchzusetzen.
Willkürlichkeit sehe ich hier aus ethischer Sicht keineswegs. Grundlegend haben wir schon einen Konsens in diversen Menschen- und Grundrechten, die wir einem Lebewesen zusprechen, genauso wie wir uns darauf verständigt haben und weiterhin verständigen werden, welches Verhalten wir als Gesamtheit nicht tolerieren.
Die Sicht auf sich selbst und der Blick auf die Gesamtheit muss hier einerseits strikt getrennt betrachtet werden und dann aber konsequenterweise wieder zusammengeführt werden.
Für das Ich, die Einzelperson, hat ja sogar schon Konfuzius formuliert, was Kant ein paar Tausend Jahre später wieder aufgriff: "Was du nicht willst, das man dir tut, das füge keinem Andern zu."
Aber schon hier mangelt es an Standfestigkeit, weil wir als Einzelpersonen, jeder für sich betrachtet, eine ganze Menge paradoxer Verhaltensweisen an den Tag legen. Bei nüchterner Betrachtung ist mir das bislang noch keine einzige Ausnahme untergekommen.
In der Gesamtheit gibt es ebenso Instrumente, wie die Sprache und die Fähigkeit höchst differenziert zu Formulieren, die uns jederzeit ermöglichen, einen roten Faden für das Miteinander zu erörtern.
Aber in der Gesamtheit scheint es doch viel zu wenig Diskurse und das aktive Suchen von Dialogen zu geben. Was wiederum irgendwie paradox erscheint, wenn man sieht wie dynamisch unsere Informationsübertragung mittlerweile geworden ist.
Dazu möchte ich auch direkt folgende Aussage aufgreifen und einflechten:
tic schrieb:ich hoffe ja mal das ich es noch erlebe das jeder eine rein Atheistische Weltansicht bekommt, weg mit Wunschdenken und Fabelwesen ..
Ich persönlich sehe in meiner Art zu Denken und zu Handeln eine klare und strikte Grenze zwischen der eigenen Gedankenwelt und dem, was ich nach Außen trage.
Was im Einzelnen alles filtert, kann ich gar nicht so genau sagen. Ein bisschen Vernunft, ein wenig Selbstbeherrschung, Selbstschutz, Höfflichkeit, und diverse andere Dinge.
Was sich in meinem Schädel und in meiner Fantasie abspielt, das hat grundsätzlich auch nur dort irgendeine Relevanz und ich maße mir auch nicht an zu erwarten, dass eben diese Gedanken für irgendeine andere Person grundsätzlich irgendeine Relevanz hätte.
Wobei wir hier wieder beim angesprochenen Zusammenführen vom Denken als Einzelner und dem Bewusstwerden des Gemeinschaftlichen sind.
Als Einzelner habe ich nur meine eigene Gedankenwelt, auf die nur ich allein uneingeschränkten Zugriff habe. Dementsprechend räume ich mir und jedem anderen ein, diesen Hort der eigenen Gedanken so zu gestalten, wie es eben beliebt.
Aber gleichzeitig bedeutet diese Trennung von Innen und Außen auch, dass man von außen und ohne Hilfsmittel, keinerlei Zugang zu anderen Gedankenwelten hat. Dafür gibt es diese schöne Sache, die man Kommunikation nennt.
Und eben, weil wir erst durch eben diese in der Lage sind unseren Horizont zu erweitern und uns eben nicht ausschließlich als Einzelpersonen wahrzunehmen, so herrscht in vielen geradezu ein Zwang sich auch mit Anderen auszutauschen.
Dieses Wechselspiel von Individuum und Gruppe, macht den Menschen, wie auch alle anderen Lebewesen, zu einem unheimlich komplexen aber dadurch auch zu einem sehr interessanten Studienobjekt.
Und was du im Bezug auf den Kapitalismus ansprachst, so ist das Thema Gier nicht erst seit gestern ein höchst kontroverses Problem für uns als Menschen.
Jede Generation kämpft aufs Neue eine Kamp gegen sie und steht somit auch immer wieder aufs Neue vor der Herausforderung, ihr nicht gänzlich zu erliegen, und momentan scheinen wir bzw. ein paar Einzelne, genau das zu tun, wenn gleich es auch kein Dauerzustand sein wird - hofentlich.
Möglicherweise ist das eine Eigenart im menschlichen Kollektiv, wie der Generationenkonflikt, der sich möglicherweise nie beseitigen lassen wird.