@MissHudson Getting old is not for sissies! Alt werden ist nichts für Weicheier.
Erst kommen die schweren Jahre zwischen 33 und 45, dann die Midlifekrisis, das knackige Alter jenseits der 50 (es knackt hier und da), dann der rapide Verfall mit Demenz, Inkontinenz und Dekubitus, den drei einzigen Freunden bzw. Freuden, die man ab 60 noch hat.
Danach fragt man sich nur noch: Ist das eigentlich eine Erektion - oder schon Leichenstarre.
Nein, es ist nicht gut, dass der Mensch auch nur eine Stunde älter werde als, sagen wir mal, 20. Nehmt Euch einen Strick, gebt Euch die Kugel, stürzt Euch von Hochhäusern und in tiefe Gewässer. Spätestens mit 21 ist es zu spät, jung zu sterben. Und angeblich sterben die Besten jung. Älter werden nur die, die zu doof sind, aufzuhören, wenn es am Schönsten ist.
So, sind die Jungen jetzt alle weg?
Okay, liebe Erwachsene: Ich finde es sehr schön, älter zu werden, soweit ich das mit 63 beurteilen kann. Man ist nicht mehr so sehr auf andere angewiesen, die werden einem von Jahr zu Jahr egaler. Man muss nicht mehr everybodies darling sein, nicht mehr jedem gefallen, nicht mehr jedem nach dem Munde reden. Man hat Erfahrung, Selbstbewusstsein und auch Geld und Macht genug, andere spüren zu lassen, dass sie einem schietegol sind, wie man hier oben sagt.
Eine gute Partnerschaft gewinnt nach meinem Dafürhalten im Alter. Zwar sieht man nicht mehr aus wie Mr. und Mrs. Universum, aber man weiss jeden Altersfleck, jede Falte, jedes blaue Äderchen und jede Cellulitsdelle am anderen zu schätzen.
Was man beim Sex an Optik verloren hat, macht man an Erfahrung wieder wett. Man kennt den anderen buchstäblich in- und auswendig und weiss, welche Aktion welche Reaktion hervorruft.
Und das ist allemal befriedigender als blindes Rumgestochere in unerfahrenen jugendlichen Beauty-Queens.
In meiner Jugend galt der Grundsatz:
Eine anständige Fete endet in einer Prügelei mit der Polizei.
Glücklicherweise geht es heute, 40 Jahre später, zivilisierter zu.
Partypeople 50+ starten um 21 Uhr ihren Rollator und machen sich auf den Heimweg. Höchstens, dass einer der verwirrten Alten ihn nicht findet. Lediglich im Bad muss man ein paar vergessene Gebisse einsammeln und den Eimer mit den Inkontinenz-Windeln raustragen.
Das Alter hat gewisse Vorzüge. Ist die Musik Scheisse, stöpselt man das Hörgerät aus, und man muss sich die Mädels nicht mehr schöntrinken. Es genügt, die Brille abzunehmen.
Weil sich alte Leute dauernd wiederholen:
Ach was - Alter!
Alt werden wollen alle - alt sein will niemand.
Grundsätzlich ist "Alter" keine Frage des Geburtsdatums, sondern der inneren Einstellung.
Niemand wird alt, weil er eine bestimmte Anzahl von Lebensjahren auf dem Buckel hat. Man wird alt, wenn man sich von seiner Fantasie und seinen Träumen final verabschiedet. Man sollte sie behalten, auch in dem Wissen, dass sie sich nicht immer oder nicht so wie gewünscht realisieren lassen. Im Laufe der Zeit wirft unsere Haut Falten, mit dem Verzicht auf Neugierde, Lernbereitschaft und Ideale aber wird auch unsere Persönlichkeit Falten werfen wie eine alte Hose.
Ich kenne frühvergreiste Mid-Twens, die Wertvorstellungen haben, die es mit denen meiner Grosseltern kurz vor Demenzeintritt aufnehmen können. Ich kenne lebensmüde Dreissiger, die glauben, mit Ehemann, Kindern und Hypotheken sei ihr Leben am Ende. Ich kenne verbrauchte Vierziger, die die Tage bis zur Rente zählen (Welche Rente, hä?).
Und ich kenne Menschen, die sich eben nicht "altersgemäss" verhalten: Siebzigjährige, die Berggipfel im Himalaya besteigen, Achtzigjährige, die ein Studium der Philosophie beginnen und Neunzigjährige, die auf der Bühne den Blues singen.
Ich habe die grosse, böse SECHZIG schon hinter mir gelassen. Na und? Eine Zahl, nichts weiter. Ich werde trotzdem in meiner verbeulten Karre laute Rockmusik hören, dass den Kids an der Fussgängerampel das Gel aus den Haaren fliegt, meine Frau und ich werden auf hanseatischen Nobelparties trotzdem Leute schockieren "Sie haben sich ihre Wohnung von einer Blindenwerkstatt einrichten lassen?" und meine Frau wird trotzdem in heissen Sommernächten nackt auf der Terrasse Pogo tanzen und "Hersham Boys" mitgrölen, dass die Spatzen tot vom Dach fallen.
Und abschliessend hat das Wort der altgewordene Herr Marcuse:
Erst im Alter kann die Freiheit auffällig wachsen:
Man will keine Karriere mehr, man kann keine mehr wollen.
Der Wettlauf ist vorbei.
Mit ihm: das Sich - Anpassenmüssen, das Einsteckenmüssen.
Mit ihm: die Angst den richtigen Zug zu versäumen.
Mit ihm: die Sorge aufs falsche Pferd zu setzen.
Mit ihm: das Wiederkäuen der blödesten Prunksätze des Zeitgeistes.