Aber hier sind die Zahlen ganz anders
:ask:Genetische Risiken
Vor dem Hintergrund der Bedeutung einer Kontrolle genetischer Risiken für die Begründung des strafrechtlichen Inzestverbots erstreckte sich die Sekundäranalyse auf die Forschung zum Auftreten genetischer Defekte und damit zusammenhängender Krankheiten. Nachkommen inzestuöser Beziehungen weisen einen größeren Bestand homozygoter Gene auf, die im Gegensatz zu heterozygoten Genen durch eine geringere Variabilität gekennzeichnet sind. Ein hoher Grad an Heterozygotie bedeutet ein größeres Reaktionsvermögen auf variable Umweltbedingungen und somit eine höhere Vitalität. Bei Kindern aus inzestuösen Beziehungen ist diese Heterozygotie herabgesetzt. Selbst wenn es nicht zur konkreten Ausprägung einer Erberkrankung kommt, wird dadurch ein Verlust der allgemeinen Fitness (inbreeding depression) verursacht. Untersuchungen zu genetischen Risiken konzentrieren sich im Übrigen auf einige Weltregionen, in denen die Eheschließung zwischen nahen Verwandten sozialen Erwartungen entspricht.
Ein erhöhtes Risiko für das Auftreten genetisch bedingter Krankheiten im Vergleich zu Kindern aus nichtinzestuösen Beziehungen wird durch die Forschung belegt. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Sexualpartnern, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit einer genetisch bedingten Anomalie bei den Nachkommen. Genetische Erkrankungen und angeborene Abnormalitäten betreffen im Allgemeinen ca. 2 bis 5 % aller Lebendgeburten und erklären etwa 50 % der Sterbefälle von Kindern in westlichen Ländern. Eine Studie von 38 Populationen aus Asien, Afrika, Europa und Südamerika schätzt das Risiko einer Übertragung genetischer Anomalien bei Kindern aus inzestuösen Beziehungen um 1,7 bis 2,8 % höher ein im Vergleich zu nichtverwandten Verbindungen. Das Risiko für später auftretende Erkrankungen im ersten Lebensjahr liegt um bis zu 7 bis 31 % höher im Vergleich zur normalen Population. Eine Untersuchung beobachtete in Jerusalem das Auftreten von genetischen Fehlbildungen bei arabischen Säuglingen aus inzestuösen Beziehungen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass 8,7 % der aus inzestuösen Verbindungen Neugeborenen Fehlbildungen (z.B. Herzfehler, Down-Syndrom) aufwiesen, im Vergleich zu 2,6 % bei einer Kontrollgruppe. Auf der Grundlage der Untersuchungen lässt sich auf ein erhöhtes Risiko für genetische Schäden schließen. Freilich bleibt das Risiko in einer Größenordnung, die sich nicht weit vom durchschnittlichen Risiko der Normalpopulation entfernt.
http://www.mpicc.de/ww/de/pub/forschung/forschungsarbeit/gemeinsame_projekte/inzest/inzest_krim.htm (Archiv-Version vom 22.10.2013)