@Lichtstrahl ich denke, deine einstellung zu deinen mitmenschen (und auch die von manchen kommentatoren hier) ist ein wenig fehlerhaft.
sicher, es gibt schwierige, energiesaugende mitmenschen. psychophagen. psychopathen. sadisten. selbstverliebte, bärbeissige grobiane. kein thema. aber das sind absolute randerscheinungen.
bei den meisten menschen, die man zu jenen zählt, ist das alles nur fassade. ein geringer teil ist wie gesagt wirklich so, denke ich. unbegehbar.
der fehler, von dem ich rede, ist die kündigung des zutrauens der wandlungsfähigkeit gegenüber dem s.g. "anstrengendem, schwierigen, energiesaugenden Menschen" einerseits und andererseits die kündigung des zutrauens, die fassade zu durchschauen und darunter einen liebenswerten, wenn auch ungewöhnlichen, menschen zu erkennen, zu dem man unter umständen auch hätte reifen können, gegenüber sich selbst.
geduld ist anstrengung. geduld zu bewahren ist schwierig und zerrt an den kräften.
doch wer seinen mitmenschen, auch wenn sie noch so sehr anders, laut, ungehobelt und rücksichtslos erscheinen, eine chance gibt und ihnen tief in die augen blickt, wenn sie mal wieder über einen hinweg gehen, der wird sie kennenlernen, seine pappenheimer.
Unsere Meinung, daß wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedesmal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind - nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt.
Weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch fertig für uns. Er muß es sein. Wir können nicht mehr! Wir künden ihm die Bereitschaft, auf weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, das unfaßbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttäuscht, daß unser Verhältnis nicht mehr lebendig sei.
„Du bist nicht“, sagt der Enttäuschte oder die Enttäuschte, „wofür ich dich gehalten habe.“
Und wofür hat man sich denn gehalten? Für ein Geheimnis, das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind. Man macht sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat.
http://www.gabrieleweis.de/2-bldungsbits/schulprojekte/d10-2002/textkiste/frisch-bildnis.htm