Uiui... ich hab die Headline gelesen und da war mir schon klar: da muss ich was zu schreiben.
Meine Lieben, ich arbeite selbst in einer Werbeagentur und möchte daher mal ein bisschen euer Bild revidieren.
Die arroganten Schnösel, die euch den mittag versauen machen vielleicht 1% der Branche aus. die restlichen 99% sind Fußvolk, das die tatsächliche Arbeit macht und das zum Dumpinglohn. Als Einsteiger in die Branche kann man (auch als Studierter) mit einem Bruttogehalt von 1300 € Mtl. glücklich sein (das sind dann knapp 1000 netto). Ist also nichts mit glitzernder, schöner, reicher Werbewelt. Im Gegenteil. Ein Haufen unbezahlter Überstunden, geringes Gehalt und wenig Anerkennung säumen den Weg des Werbers von heute.
Ich habe auch schon ein paar Agenturen kennengelernt, bzw. Leute aus anderen Agenturen und ich kann nur sagen: wer einen kreativen, schönen und gut bezahlten Job sucht, sollte sich tunlichst was anderes machen. Die Arbeit ist wirklich wenig kreativ, sehr theoretisch und mit hohem Zeitaufwand verbunden. Für die normalen Angestellten.
In der Chefetage ist das anders, natürlich. Ich war auch mal in so einer Agentur. Da hat die Belegschaft Überstunden noch und nöcher unbezahlt geschoben, damit der Chef sich dann blasiert vorm Kunden präsentieren konnte, ohne einen Finger krumm gemacht zu haben, aber den ganzen Applaus zu ernten.
Ich könnte dazu noch eine ganze Menge mehr schreiben. Z. B. dass auch 10 Stunden hochkonzentriert am Computer anstrengend sind und dass das Biz keine Fehler verzeiht und wie viele sich Werbeagentur schimpfen und eigentlich Copyshop heissen müssten... Ich versuche mich aber kurz zu halten.
Zum Thema Produktverpackungen...
Das ist ja eine ganz eigene Werbe-Abteilung. Und die hat auch Sinn, selbst wenn sich dieser dem Verbraucher oft nicht erschließt. Sicher gibt es immer wieder "Fails", wo man sich fragt "Musste das eingeschweißte Produkt in einem Plastikbeutel stecken, der mit einer Plastik-Banderole am Pappkarton befestigt ist?", aber im Grunde geht es vor allem um Logistik.
Jeder möchte doch genau dann, wenn er es braucht das Produkt in der Ladentheke finden, dass er kaufen will. Damit das funktioniert muss eine ausgefeilte Logistik dafür sorgen, dass immer genug Produkte in die entsprechenden Läden kommt. Dazu sollten ja auch in einen LKW möglichst viele Packungen reinpassen, oder? Das ganze nennt sich dann Packaging, für die die es interessiert, und beschäftigt sich neben Stapelaspekten noch mit Aussehen, Funktionalität, Zweitnutzen (Kaffeedosen, Senfgläser...) usw. einer Verpackung.
Kataloge/Broschüren/Prospekte...
Die Riesen-Katalog-Berge werden vom Auftraggeber finanziert und dienen in erster Linie tatsächlich der Information. Für manche mögen diese Prospekte nervig sein, aber sie bieten doch z.B. die Möglichkeit zuhause zu vergleichen (meine Mutter macht das immer. Die geht die Prospekte durch und schaut nach Angeboten und dem günstigsten Preis, ohne einen Fuß vor die Tür setzen zu müssen). Mittlerweile kann man sich vor lauter Mailings und Prospekten kaum noch an den Boden des Briefkastens wühlen. Störend, vor allem ob der Tatsache, dass so viel Papier einfach weggeworfen wird. Aber (da kommt wieder die Verständnis-Keule) auch diese Prospekte ernähren Menschen. Menschen, die 8 Stunden am Tag Sofas, Mandarinen und Klamotten freistellen und in Kataloge/Prospekte packen (eine bemitleidenswerte, äußerst dröge Arbeit mit extremem Zeitdruck).
So nachdem ich wenigstens ein bisschen Frust abgebaut habe...
@Topic:
Diese Umfrage zeigt nur, wie wenig die Menschen von den tatsächlichen Abläufen wissen. Eine Werbeagentur ist alles andere als ein Callcenter. Die wenigsten Agenturen haben mit TV-Spots zu tun und doch ist es das Bild der Menschen. Das ist tragisch, denn das Grundverständnis der Branche ist die Produktinformation für den Verbraucher. Gut - das ganze ist etwas aus dem Ruder gelaufen, gebe ich gerne zu und mittlerweile ist der Informationscharakter sehr klein geworden...
Aber letztlich sieht man hier nur, dass in den Köpfen der Leute ein vollkommen verzerrtes Bild herrscht, dass sich wohl so auch nicht mehr ändern wird.
Ich für meinen Teil möchte auch an dieser Stelle noch eine kleine Lanze brechen bzw. anregen darüber nachzudenken, dass auch Callcenter nur ihren Job machen. Das sind einfache Leute, die einen lächerlichen Rhetorik-Kurs gemacht haben und damit auf die Leute losgelassen werden. Die verdienen auch nur ihr täglich Brot. Manchmal nerven die mich auch, aber ein Freundliches "Nein, tut mir leid ich habe kein Interesse" kostet doch nichts, oder?
Traurig, dass wir so wenig Ansehen genießen, wo doch in den schmucken Hochhäusern Bänker unser Geld verspielen, während unsereiner mal wieder bis in die Abendstunden an einer neuen Informationsbroschüre zum Thema Diabetes bastelt... unbezahlt, versteht sich.
(Wer Tippfehler findet, darf sie behalten
;) )