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Recht oder Skandal?

955 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Recht, Opfer, Täter ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 14:59
Zitat von dandidandi schrieb:Was denkst du denn, was die Polizisten lernen? Genau sowas.
und zwar so umfassend, dass eine Verbesserung der Schulung und des Wissens nicht mehr möglich ist. OK, wenn das so ist, dann scheidet diese Möglichkeit aus.


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27.03.2012 um 15:01
Genau so hat Herr Ennigkeit sein Geständnis erhalten.


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27.03.2012 um 15:04
Wenn wir jetzt also zur Folter greifen, wäre es doch auch mal spannend zu wissen, wie weit man gehen darf. Welche Mittel haltet ihr für angemessen oder vertretbar?

Nehmen wir das Beispiel verstecktes Kind, das noch lebt aber ohne Eingreifen innerhalb der nächten 24 Stunden sterben wird. Der Täter steht zweifelsfrei fest, er verhöhnt die Polizei und prahlt damit, dass er Herr über Leben und Tod ist.

Polizist: Ich brech Dir die Finger, wenn Du nicht sagst, wo das Kind ist.
Täter: Leck mich.

Wie gehts weiter?


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:07
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:Genau so hat Herr Ennigkeit sein Geständnis erhalten.
Aber dann wäre es doch nicht nötig gewesen, mit Folter zu drohen. Oder verstehe ich das falsch?


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dandi ehemaliges Mitglied

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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:09
@kleinundgrün
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wenn wir jetzt also zur Folter greifen
Nein, tun wir nicht.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Nehmen wir das Beispiel
Hoffnungslos konstruiertes Beispiel. Tritt nur mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit ein, dafür lohnt es sich nicht, Folter in den Rechtsstaat einzuführen, mit allen Konsequenzen, die so ein Tabubruch haben kann.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wie gehts weiter?
Der Vorgesetzte schickt den Polizisten nach Hause, der Anwalt verfasst eine Beschwerde. Der Verdächtige hat das Recht zu Schweigen.


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:11
@dandi
Ich bin doch gänzlich Deiner Meinung. Andere hier aber nicht.
Und ich würde gerne wissen, wie weit sie gehen würden.


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dandi ehemaliges Mitglied

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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:11
@kleinundgrün
Dann ergießen wir uns hier im Thread gleich in Gewaltfantasien? Na lecker.


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27.03.2012 um 15:12
@kleinundgrün

Zu Beginn des Verhörs hat er die, mit den Vorgesetzten abgesprochenen Sätzen versucht und in seiner Verzweiflung und weil der Täter weiterhin gelogen hat, hat er wieder zu der "alten" Methode gegriffen.


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:16
Zitat von dandidandi schrieb:Dann ergießen wir uns hier im Thread gleich in Gewaltfantasien? Na lecker.
Es soll ja nicht ausgeführt werden, was alles verstümmelt werden soll. Wir können gerne abstrakt bleiben.
Ich kann mir nämlich nicht im Geringsten vorstellen, welche "Zwangsmaßnahmen" erlaubt sein könnten und welche nicht.

Aber vielleicht hast Du recht. im Beschreiben von Gewaltfantasien soll das hier nicht enden.
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:hat er wieder zu der "alten" Methode gegriffen
der inqusitorischen? Sorry, aber das war eine Steilvorlage


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27.03.2012 um 15:21
@PaulVitti
im Ernst, das zeigt doch nur, dass er nicht genügend Wissen hatte, die Situation zu lösen. daher ja auch der Vorschlag, dieses Wissen leichter verfügbar zu machen.

Vielleicht brauchen wir entsprechde Spezialisten, auf die in solchen Fällen leicht zurück gegriffen werden kann. Nach dem Motto: Polizeiwache in Hintertupfingen nachts um 11: Ein Anruf genügt, wenn der Wachhabende mit der Situation überfordert ist.


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27.03.2012 um 15:23
@dandi
@kleinundgrün


Nochmal!
PaulVitti schrieb:
Viel wichtiger erscheinen mir die Fragen: Welche Mittel sind den ausübenden Beamten, für die Zukunft und in so einer Situation, zusätzlich an die Hand zu geben möglich? (und um hier gleich vorzubeugen, ich frage nicht nach Folter)
Ich frage audrücklich nicht nach Folter! Indem Du@kleinundgrün
meine Frage mit einem möglichen Folterbeispiel hinschreibst, wird sie auch nicht beantwortet!
hat er wieder zu der "alten" Methode gegriffen

der inqusitorischen? Sorry, aber das war eine Steilvorlage
Nein, wiederholt zu der Methode: Dem Täter seine Tat vor Augen zu führen.


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dandi ehemaliges Mitglied

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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:26
@PaulVitti
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:Ich frage audrücklich nicht nach Folter!
Wonach fragst du denn?


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 15:29
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:Ich frage audrücklich nicht nach Folter!
Akzeptiert. Das habe ich in diesem Post auch nicht so verstanden.
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:Indem Du@kleinundgrün
meine Frage mit einem möglichen Folterbeispiel hinschreibst, wird sie auch nicht beantwortet!
Also lösen wir uns mal von der Polemik, ich fange an:

Ich finde, der Staat darf nicht foltern.
Ich finde, es gibt Möglichkeiten, die wir noch ausschöpfen können.
Und im schlimmsten Fall, wenn alle Stricke reißen, dann hat der Staat Pech gehabt. Dann muss man sehenden Auges eine schlimme Situation ertragen WEIL die Alternativen schlimmer wären.

Das ist zusammengefasst mein Standpunkt.


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27.03.2012 um 15:57
@PaulVitti
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:Mit oben zitiertem Satz, hast Du die Antwort eigentlich schon gegeben.

Die Einzigen, die im vorliegenden Fall gefoltert, getötet und gedemütigt worden sind:

gefoltert und getötet wurde Jakob und gefoltert wurde die Familie von Metzler

gedemütigt wurden Herr Daschner und Herr Ennigkeit.
Wenn du keine Lust zu diskutieren hast, dann sag das bitte einfach.
Ich kann meine Freizeit besser nutzen, als auf solche "Argumente" einzugehen.

Gefoltert und getötet wurde Jakob. Ja soweit richtig, deswegen wurde Gäfgen auch bestraft. Wo ist dein Problem?

Gedemütigt wurden Daschner und Ennigkeit, behauptest du. Aber wo denn bitte? In dem sie für eine rechtswidrige Tat zur Rechenschaft gezogen wurden?
Nö, wer was falsches macht, wird bestraft, unabhängig von seiner Position. Rechsstaat eben.

Und warum lässt du die Menschenwürde nicht für Gäfgen gelten? Ist er als Mensch nicht vor Demütigungen und Folter (nichts anderes ist auch die Androhung einer physischen Folter!) geschützt?
Oder entscheiden wir immer von Fall zu Fall, ob jemand es verdient hat, dass auch die Menschenrechte für ihn gelten?


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Paka ehemaliges Mitglied

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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 16:53
Folter ist immer abzulehnen. Egal was der Täter auch begangen hat. Aus dem einfachen Grund, da Folter nicht zur Wahrheitsfindung taugt.
Echt eine Schande, dass einige immer noch pro Folter sind. Nichts aus der Vergangenheit gelernt.


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27.03.2012 um 16:55
@Smithonian
Zitat von SmithonianSmithonian schrieb:Gedemütigt wurden Daschner und Ennigkeit, behauptest du. Aber wo denn bitte? In dem sie für eine rechtswidrige Tat zur Rechenschaft gezogen wurden?
Nö, wer was falsches macht, wird bestraft, unabhängig von seiner Position. Rechsstaat eben.
Ich versuche mal provokativ zu erklären, was ich meine.

Wenn Du Vorgesetzter bist, eines Teams. Hast Du dann das Recht, Deine Angestellten im Ungewissen zu lassen, wie eine Arbeit zu erledigen ist? Und wenn dann da gravierende Fehler entstehen, hast Du dann das Recht, Deine Angestellten zu verurteilen und Verurteilungen zuzulassen?

Oder kann es sein, dass Du da Verantwortung zu tragen hast?

Du schreibst ja: Wer was Falsches macht, wird bestraft, unabhängig von seiner Position. Also wirst Du, Vorgesetzter, in einem solchen Fall nun zur Rechenschaft gezogen, oder nicht? Und kriegst Du nun die Auflage, Dein Team klar zu instruiren, oder nicht?

Und wenn für Dich, als Vorgesetzter, nur der erste Teil Gültigkeit hat, den wo Du nichts tun musst,
wie würdest Du dann den Zustand Deines Teams, nach der Verurteilung beschreiben?

Umgesetzt auf diesen Fall. g. war schon längere Zeit in U-Haft. Alle Vorgesetzten wussten davon. Schliesslich war das auch ein Medienspektakel.
Warum also, auf diese spezielle Situation hin, steht Cheffe nicht da und sagt was zu tun ist? Warum übernimmt er die Verantwortung nicht?

Und bitte, dichte mir nicht nochmal an, ich würde g. seine Menschenwürde nicht lassen. Das hab ich noch nie.


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 18:17
@PaulVitti
Kannst du mir das an nem konkreten Fallbeispiel nochmal erklären?
Ich steh grad auf dem Schlauch ;)
Aber ich versuchs mal, in der Hoffnung, dich richtig verstanden zu haben.

Nach momentanem Stand herrscht ja keine Ungewissheit. Folter sowie die Androhung sind nunmal verboten.
Cheffe übernimmt wohl keine Verantwortung, weil er davon nichts wusste bzw. daran nicht beteiligt war. Anders wäre das wohl auch im Prozess ans Licht gekommen und er wäre (wohl) wegen Mittäterschaft, Beihilfe oder ähnlichem belangt worden.
Wäre es andersrum gerechter, wenn der Chef für die Taten seiner Untergebenen haften müsste? Jetzt mal davon ausgehend, dass er wirklich gar nichts wusste? (Fahrlässigkeit und Unterlassen würden dann herausfallen)

Die Staatsanwaltschaft und die Richter konnten gar nicht anders handeln. Es lag eine eindeutige Überschreitung der Kompetenzen vor und ein Justizskandal wäre es geworden, wenn nicht gehandelt worden wäre.
Man hätte eine Art Präzedenzfall für Folter zur Herausgabe von Informationen geschaffen. Spätestens der EGMR hätte dann die deutsche Entscheidung revidiert, da auch gemäß EMRK Folter verboten ist.
Die EMRK spricht übrigens auch, neben dem GG, gegen eine Erlaubnis der Folter im speziellen Fall.
Zitat von PaulVittiPaulVitti schrieb:Und bitte, dichte mir nicht nochmal an, ich würde g. seine Menschenwürde nicht lassen. Das hab ich noch nie.
Wie kannst du dann weiter die Androhung der Folter rechtfertigen?
Wieso zählst du im von mir zitierten Textteil dann nicht auch Gäfgen auf? In seine Menschenwürde wurde nunmal eingegriffen.
Ich will dir nichts unterstellen, aber so sah es für mich aus.


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 19:04
@Smithonian

Die Vorgesetzten von Herrn Daschner....ich habe, im vorherigen Beispiel, Dich an ihre Stelle gestellt.

Dass Jakob entführt worden ist, muss jeder gewusst haben. Sogar ich und ich war noch nicht mal im Land. Dass der Täter gefasst worden ist und bereits belegbar überführt, muss jeder der Vorgesetzten gewusst haben die mit diesem Fall zu tun hatten. Dass man tagelang versucht hat, den Auffenthaltsort von Jakob zu erfahren und von g. derart angelogen, u.a. auch mit hundertschaften von Polizei "falsche" Gebiete durchforstet hat, dürfte auch keinem Vorgesetzten entgangen sein. Herr Daschner hatte wohl kaum die Möglichkeit im Alleingang soviel Personal anzufordern. Im weiteren mussten, nach falschen Beschuldigungen von g., an der Tat unbeteilige Leute überprüft werden. Dies alles im Alleingang von Herrn Daschner und Herrn Ennigkeit?

Bestraft wurden jedoch nur sie Beide.

Ich bin der Auffassung, dass Vorgesetzte in so einer lebensbedrohlichen Situation eines Kindes (und davon mussten sie ausgehen, g. hat sie auch da angelogen) und einer so hochbrisanten Situation für die Beamten, präsent zu sein haben und wenn einer der Ausführenden im Begriff ist, sich gegebenenfalls gesetzwidrig zu verhalten, die Vorgesetzten die Verantwortung zu tragen haben. Sprich: Den Beamten zu korrigieren und ihm andere Lösungsmöglichkeiten aufdecken.
Weiter erwarte ich von Vorgesetzten in solch einer Situation, dass sie die Zügel in der Hand haben und sich Lösungen ausdenken müssen, dafür. Und nicht, wie geschehen, der Eine wusste scheinbar von nichts, der andere war in den Ferien....usw.....Lösungen gibts keine, also schaut wies klar kommt.


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 21:16
@corpuls

Auch ich war seinerzeit empört über das juristische Nachspiel für die geistesgegenwärtig und verantwortungsvoll handelnden Polizeibeamten. Sie hätten den Jungen gerettet, wenn der Mörder es nicht schon im voraus vereitelt hätte. Für mich sind es Helden, und selbst w e n n sie formal gegen ein Gesetz verstoßen hätten, hätte jeder, der Kinder hat, sie gerne freiwillig hinterher für alles entschädigt. Der Vorgesetzte hätte sie, wenigstens heimlich, belobigen müssen und - anschließend für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen.

In den juristischen Argumentationen stecken Denkfehler:
Das Grundgesetz ist ein positives Gesetz. Das heißt: Es deckt die Wirklichkeit nicht vollkommen ab.
Das moralische Handeln steht darum über dem Gesetz. Der übergesetzliche Notstand deckt darum
vieles abweichende Verhalten ab.
Moralisch ist der Bürger sowieso verpflichtet, nach seinem Gewissen zu handeln, und wenn er dann mit dem geschriebenen Gesetz in Kollision gerät, muss er eben die daraus folgenden Nachteile in Kauf nehmen.

Eine sich auf Wortlaute versteifende Argumentation führt u. U. in absurdes Dickicht, wie man am vorliegenden Fall sieht, wo das gesunde Empfinden die Hände überm Kopf zusammenschlägt.

1. These: Gäfgen hatte seinen Anspruch auf Menschenwürde v e r w i r k t . Er hatte dieses Gut gerade durch seine maximale Missachtung als neues Denksystem außer Kraft gesetzt.
Wir als Staat dürfen darauf nicht eingehen? O.K., dann nächstes Argument:

2. Der Polizist hat nicht gefoltert. Er hat die Folter nur angedroht. Er hat dem Festgenommenen die Unwahrheit gesagt. Dies war moralisch nicht zu beanstanden. Jeder hat das Recht, die Wahrheit vorzuenthalten, wenn das Gegenüber keinen Anspruch auf die Information hat. (Beispiel: Frage nach Schwangerschaft beim Bewerbungsgespräch). Formell, aber nicht sittlich eine Lüge!

3. Ja, aber die Würde sei doch psychisch verletzt. Der arme Getäuschte musste doch meinen, der Polizist verstoße gegen das Grundgesetz mit seiner geplanten Folterei. Da bräche ja sein Weltbild zusammen. Ach sooooo! Ja, richtig!... (Und er war ja auch Jurastudent usw, oder wie?)

4. Die Würde des Verhörten k o n n t e nicht verletzt werden. Weil sie gar nicht da war.
Wird meine Würde verletzt, wenn mich ein Esel tritt? Oder wenn mich eine Mücke sticht? Nein. Egal, wie ich zugerichtet werde, sie wird nicht verletzt. Weil das Tier mich nicht als Person wahrnimmt.
Wenn denkende Personen jemand anderen unabsichtlich verletzen, verstoßen sie auch nicht gegen dessen Würde. Mit den anschließenden Entschuldigungsworten versichern sie ihm, dass sie ihn nicht persönlich gemeint haben und beweisen ihre Unschuld.

Es gibt Notsituationen, in denen man die Personwürde ignorieren muss.
Niemand wird es einem Rettungssanitäter übelnehmen, wenn er eine die Straße blockierende Person beiseite schubst, um Sekunden für die Durchfahrt zu gewinnen: ob diese Person nun nur unaufmerksam oder dement ist. Sie wird genauso behandelt, wie wenn sie eine Kuh wäre oder bloß ein Gegenstand. (Natürlich möglichst schonend. Aber auch da gibt es Prioritäten. - Späterer Schadensersatz steht auf einem anderen Blatt. Aber er hat mit Würde überhaupt nichts zu tun.
Ebenso wie z. B. bei medizinischen Notfällen die Bekleidung ohne Schaden entfernt werden darf.)

Im hier behandelten Fall war die Rettung des Jungen das einzige Ziel der Beamten in der betr. Situation. Der Informationsträger, dessen sie habhaft geworden waren, war zu diesem Zweck als Störfaktor auszuschalten bzw als Mittel der Findung tauglich zu machen. Da die Ermittler dessen Interessen nicht gleichzeitig mit denen des Kindes gerecht werden konnten, durften, ja mussten sie jene vollkommen außer Acht lassen. Insofern sie folglich die "Würde" des Täters gar nicht im Blick hatten, konnten sie sie auch nicht verletzen. Wäre der einzige mögliche Informant
z. B. - was sag ich - ein Schlafkranker gewesen, den man immer nur mit Armzwicken zum Sprechen bringen konnte, hätten sie den eben in den Arm zwicken müssen und dürfen. (Späteres Schmerzensgeld siehe oben!)

5. Das In-die-Enge-Treiben des Täters war in seinem eigenen Interesse. Hätten sie damit den Tod des Kindes verhindert, wären die Folgen auch für ihn ungleich milder gewesen, und sein Gewissen wäre nicht ein Leben lang belastet. Ja, wenn die Haftstrafe zum Erfolg und zur Einsicht führte, würde G. sich selbst irgendwann bei den Polizisten für ihre Umsicht bedanken.

Ich wollte hiermit zeigen, dass es keine Pflichten-Dilemmata gibt. Es gibt immer eine höherwertige, und wenn die Erfüllung beider sich ausschließt, entfällt die andere restlos und ohne jede Haftung - wie bei einer Mehrheitswahl die unterlegenen Stimmen ersatzlos unter den Tisch fallen.


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Recht oder Skandal?

27.03.2012 um 22:01
@PaulVitti
Ah jetzt verstehe ich dich. Ich hol jetzt mal weiter aus und fasse nochmal was zusammen ;)
Was ich in der Situation getan hätte?
So wie ich mich selbst einschätze, hätte ich wohl ähnlich wie Daschner gehandelt, das muss ich ehrlich zugeben. Ich bin meistens zu emotional um in so einer Situation wirklich überlegt handeln zu können.
Deswegen hab ich auch ganz am Anfang gesagt, dass ich dich und @corpuls verstehen kann.
Das ich ähnlich handeln würde, heißt aber noch lange nicht, dass ich die Handlung gutheiße. Mir ist bewusst, dass ich gegen ein Gesetz verstoße also muss ich auch mit der Konsequenz leben.
Moralisch gesehen, kann man ihr Handeln verstehen, rein vom gesetzlichen Standpunkt her, muss man es jedoch verurteilen, wenn man die Gerechtigkeit wahren möchte.
Ansonsten könnte es ein falsches Signal sein und zu Nachahmungstaten führen, da man sich in der Verteidigung darauf beziehen könnte, dass es ja schonmal akzeptiert wurde.

Die beiden wurden ja auch nur für ihre Androhungen bestraft.

Als Chef hätte ich wohl auch nix gesagt. Was willst du denn machen? Das Problem ist nunmal, dass es verboten ist. Eine Anordnung von oben fände ich viel beunruhigender, als wenn die Tat sozusagen eine Kurzschlussreaktion von Daschner und Enning war.
Ich hätte wohl insofern versucht meine Mitarbeiter zu schützen, indem ich die Geschichte herunterspiele.
Aber die Schuld auf sich nehmen? Schwer, denn danach ist man "verbrannt". Das würde wohl kaum einer machen, ist auch irgendwie menschlich.

Der Argumentation von @relile kann ich zum Beispiel auch kaum etwas entgegensetzen.
Sie entspricht ja auch in großen Teilen der Argumentation von Prof. Dr. Erb im von mir geposteten Zeit Essay.

Mir selbst gefällt es nicht, dass dadurch die Menschenwürde außer Kraft gesetzt werden soll, aber wirklich dagegen argumentieren kann ich nicht. Mir fehlt da einfach das umfassende Wissen, woher soll ich das auch haben, die Ansicht ist selbst unter Leuten, die viel mehr Ahnung haben, nicht unumstritten.


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