Postmortem Fotografie
04.10.2011 um 12:42cute_lenore schrieb:auffallend der hinter ihrem Kopf verschränkte Arm, um die Verstorbene tatsächlich wie schlafend zu präsentierenSo schlaeft doch kein Mensch! :)
cute_lenore schrieb:auffallend der hinter ihrem Kopf verschränkte Arm, um die Verstorbene tatsächlich wie schlafend zu präsentierenSo schlaeft doch kein Mensch! :)
Schneewittchen ist „nur“ eine Untote; sie braucht vielleicht den Flickwerker, den Schönheitschirurgen. Die wirklich toten Körper aber brauchen den Bodyworker, den Entsorger, den Abdecker, den Anatomen. Von den Darstellungen des flämischen Anatomen Andreas Vesalius, über das Röntgenauge bis zur Plastination menschlicher Körper wird der Blick des Besuchers geführt werden, der die Ambivalenz der sezierenden Bemühung um den Menschen – um das, was er ist, wenn er ist – erkennen soll: Studium an der Leiche zur medizinischen Vorsorge für den menschlichen Leib und Nachsorge an der Leiche als kriminalistische Aufklärung über die Verletzungen des Körpers zum Tode. Ein sehr intensiver Film, „Weg nach Eden“, wird von diesen verschwiegenen Abenteuern unserer Körperlichkeit erzählen, wie die Ausstellung auch ansonsten sich tapfer den Abenteuern unserer Körperwerdung von unserer Geburt bis zur Entsorgung des irdischen Rests stellt. Neben sehr eigenwilligen Aktfotografien von Gary Schneider, die mit der Grenze zwischen Körper und Leiche spielen, kann der Besucher sowohl vor den Totenporträts aus der Zeit um 1900 aus einer bürgerlichen Schweizer Sammlung eine existentielle Selbstbefragung veranstalten, als auch vor den zeitgenössischen Fotografien Sterbender und Verstorbener des Hamburger Fotografen Walter Schels sein persönliches „memento mori“ formulieren. Auch die „Visages de Morts“ von Rudolf Schäfer werden starke Akzente auf diese Thematik des letzten Bildes setzen. Die Bilder des menschlichen Körpers als Leiche der Amerikanerin Elizabeth Heyert (Travellers, 2006) bannen dagegen den postmortalen Körperkult Amerikas in stärkstem Kontrast zu unserem europäischen Bild vom Körper als Leiche, während die Bilder des Malers Jörg Madlener Liegende und Gesichtslose als glatte Gegenbilder zu einem Tod à la Hollywood zeigen.Elisabeth Heyert