Postmortem Fotografie

@SmokeyEyes
Ehrlich gesagt nicht, nein. :) Ich finde, gerade vor dem Sarg oder der Urne zu stehen laesst ueberhaupt nichts begreifen. Man kann sich ja doch nicht vorstellen, dass da der Mensch drin ist.

Meiner Meinung nach ist der Tod etwas Geheimnisvolles, Wuerdevolles, das dem Menschen eher noch mehr Kraft und Ausstrahlung gibt als dass es das Bild von ihm zerstoert.

Der Ausdruck ist auch nicht leer, sondern friedvoll und losgeloest. Fand ich besonders wichtig weil meine Oma vor ihrem Tod sehr gelitten hat.

@Alarmi

In dem Falle deiner Oma ist das sicher dann auch Erlösung gewesen.
So wie bei vielen anderen auch, die vorher gelitten haben. (Mein Beileid übrigens :( )
Allerdings gibt es auch Menschen die plötzlich aus dem Leben gerissen werden, so wie meine Tante.
Und ihr Gesichtsausdruck, hätte sich sicher eher zum negativen verändert.

Und doch ich konnte mir sehr gut vorstellen, das sie in der Urne ist.
Es stand ein Bild von ihr daneben, ihre Familie und meine waren anwesend und ein gewisses Gefühl von Abschied. Als würde sie noch mit ab Grab stehen und sich verabschieden.
Die Beerdigung war für mich das, was für dich das Foto zu sein scheint.
Ein Ort der Ruhe und des Frieden.

Ich fand die Beerdigung traurig und zugleich wunderschön, weil es alles so abgelaufen ist wie sie sich das immer gewünscht hätte.

Streuselchen schrieb:Und ihr Gesichtsausdruck, hätte sich sicher eher zum negativen verändert.

Genau das glaube ich eben nicht.
Das stellst Du Dir nur so vor, weil Du eine gewisse Scheu vorm Tod hast.

Streuselchen schrieb:Die Beerdigung war für mich das, was für dich das Foto zu sein scheint.

Ein Foto brauche ich persoenlich auch nicht, aber ich habe gemerkt, dass es fuer mich einfacher ist, mich zu verabschieden, wenn ich den Toten gesehen habe. Ich habe ja nun wirklich beide Faelle erlebt. Wenn ich den Toten nicht sehe, ist die Person eben ploetzlich weg. "Tot" bleibt dann nur ein Wort ohne grossen Realitaetsbezug.

Und Beerdigungen halte ich persoenlich einfach fuer grosse Geldmacherei. Wie das in Deutschland geregelt ist grenzt schon an Raubrittertum!

@Alarmi

Alarmi schrieb:Genau das glaube ich eben nicht.
Das stellst Du Dir nur so vor, weil Du eine gewisse Scheu vorm Tod hast.

Unterstelle mir doch bitte nicht dauerhaft Angst vorm Tot zu haben.
Ich schrieb schon das ich keine Angst vorm Tot habe.

Ich habe schon Leute vorn an der U-bahn kleben sehen.
Ich habe schon Menschen aus dem Fenster fallen sehen.
Und ich habe desöfteren schon schwer verletzte gesehen die danach auch gestorben sind.

Ich habe keinerlei Angst vor dem Tot, der kommt sowieso.
Ich möchte meine Familie einfach nur nicht Tot sehen, ganz einfach.

Alarmi schrieb:Ein Foto brauche ich persoenlich auch nicht, aber ich habe gemerkt, dass es fuer mich einfacher ist, mich zu verabschieden, wenn ich den Toten gesehen habe. Ich habe ja nun wirklich beide Faelle erlebt. Wenn ich den Toten nicht sehe, ist die Person eben ploetzlich weg. "Tot" bleibt dann nur ein Wort ohne grossen Realitaetsbezug.

Und ich muss die Leiche nicht sehen um zu begreifen das der Mensch tot ist.
Dafür dient ja die Beerdigung, eine Zeit des verabschiedens und verarbeiten.
Was machen denn die Familien bei denen der verstorbene vom Auto überfahren wurde und nicht mehr viel zu erkennen ist? Die wollen sicher die Leiche nicht nochmal sehen und begreifen dennoch das der Mensch nicht mehr wieder kommen wird.

Streuselchen schrieb:Ich habe schon Leute vorn an der U-bahn kleben sehen.
Ich habe schon Menschen aus dem Fenster fallen sehen.
Und ich habe desöfteren schon schwer verletzte gesehen die danach auch gestorben sind.

Aber anscheinend niemand der Dich persoenlich betrifft. Das ist ein grosser Unterschied!

Streuselchen schrieb:Was machen denn die Familien bei denen der verstorbene vom Auto überfahren wurde und nicht mehr viel zu erkennen ist? Die wollen sicher die Leiche nicht nochmal sehen und begreifen dennoch das der Mensch nicht mehr wieder kommen wird.

Das ist richtig, aber die Trauerverarbeitung laeuft ganz anders ab.

Ich habe schon mit einer Frau gesprochen, deren Tochter mit dem Motorrad verunglueckt ist. Dem Maedchen wurde die Schaedeldecke weggerissen, und alle haben ihr abgeraten, sie noch einmal anzusehen. Spaeter hat die Frau dann durchgesetzt, dass sie die Polizeifotos sehen darf, und hat es bitter bereut, dass sie ihre Tochter nicht selbst angekleidet hat, weil es so schlimm dann doch nicht war.

Es ist wie gesagt eine ganz andere Trauerverarbeitung, aber natuerlich muss da jeder selbst wissen, was er will.

@Alarmi

Und noch ein Beispiel, mein Onkel ist allein in seinem bett gestorben.
Nach 5 Tagen wurde er erst von seiner Tochter gefunden. Glaube mir, der Anblick lässt sie bis heute nicht los. Manche kriegen das Bild vom Toten nämlich nicht mehr aus dem Kopf.

Alarmi schrieb:Aber anscheinend niemand der Dich persoenlich betrifft. Das ist ein grosser Unterschied!

Das ist doch piep egal, ich zeigte dir das ich keine Angst vorm Tot habe.
Und bei den Beispielen wollte ich dir zeigen das ich desöfteren schon mit dem Tot konfrontiert wurde.
Du wirst mir wohl einfach glauben müssen, das ich keine Angst davor habe.

Alarmi schrieb:Ich habe schon mit einer Frau gesprochen, deren Tochter mit dem Motorrad verunglueckt ist. Dem Maedchen wurde die Schaedeldecke weggerissen, und alle haben ihr abgeraten, sie noch einmal anzusehen. Spaeter hat die Frau dann durchgesetzt, dass sie die Polizeifotos sehen darf, und hat es bitter bereut, dass sie ihre Tochter nicht selbst angekleidet hat, weil es so schlimm dann doch nicht war.

Das mag im Falle der Frau ja so sein, aber im meinem Falle wäre das nun mal anders.
Und was heisst durchgesetzt? Man darf als angehörigiger immer die Leiche sehen, da muss man sich nicht groß durchsetzen. Ihr Wille war wohl anfangs doch nicht so stark.

Und ich habe lieber einen lächelnden Lieben im Gedächnis als einen leeren Gesichtsaudruck

Ob das ganze damals mit Aberglaube zu tun hatte ?

@Alarmi

Und der Vater meines Lebensgefährten ist auch auf tragische Weise ums leben gekommen.
Sein Bruder hat ihm im Sarg sehen dürfen, er selbst nicht.
Sein Bruder kommt bis heute nicht damit klar das gesehen zu haben.
Und die beiden gehen stramm auf die 40 zu ;)

Jeder verarbeitet das eben anders.
Mein Lebensgefährte erinnert sich auch lieber an die guten Zeiten, an die lachenden lebendigen Zeiten. Und nicht an die Sekunden im Sarg.

Streuselchen schrieb:Und noch ein Beispiel, mein Onkel ist allein in seinem bett gestorben.
Nach 5 Tagen wurde er erst von seiner Tochter gefunden. Glaube mir, der Anblick lässt sie bis heute nicht los. Manche kriegen das Bild vom Toten nämlich nicht mehr aus dem Kopf.

Voellig andere Situation! Sie hat nicht damit gerechnet, es war ein Schock fuer sie. Aber in den diskutierten Faellen tut man es ja ganz bewusst zum Verabschieden. Nicht umsonst werden auch von Totgeborenen immer Fotos fuer die Eltern gemacht.

Streuselchen schrieb:Und was heisst durchgesetzt? Man darf als angehörigiger immer die Leiche sehen, da muss man sich nicht groß durchsetzen. Ihr Wille war wohl anfangs doch nicht so stark.

In gewissen Faellen wird einem eben davon abgeraten, und sie war natuerlich zu dem Zeitpunkt viel zu aengstlich und natuerlich auch so geschockt von den Vorkommnissen, dass sie nicht darauf bestanden hat.

doh schrieb:Ob das ganze damals mit Aberglaube zu tun hatte ?

Nein, inwiefern sollte es mit Aberglauben zu tun gehabt haben?

Streuselchen schrieb:Sein Bruder kommt bis heute nicht damit klar das gesehen zu haben.
Und die beiden gehen stramm auf die 40 zu

Gerade Maenner sind oft ausgesprochen pienzig wenn es um den Tod geht! :) Sieht man doch schon wenn sie krank sind! :)

@Alarmi

Wieso ist das eine andere Situation?
Nein die Nachbarn warnten sie schon vor und hatten sie ja angerufen das es in der Wohnung mörderisch stinkt. Sie wusste eigentlich schon vorher was sie dort erwarten würde.
Es war aber Sommer, 40 Grad, die Leiche fing an schwarz zu werden.

Du beharrst sehr auf deinen Standpunkt, den möchte ich dir auch gerne lassen.
Aber es wäre nett wenn du andere Einstellungen einfach mal so stehen lassen könntest, ohne darauf zu beharren das es ein völlig anderer Aspekt wäre usw. Ist es nämlich nicht. Es passt nur nicht zu deiner Sichtweise.
Nur weil du super damit klargekommen bist, deine Oma nochmal tot gesehen zu haben.

Andere möchten das aber nicht.
An Alterschwäche und Gebrechen zu sterben ist immernoch was anderes als wenn man plötzlich aus dem leben treten muss.

Alarmi schrieb:In gewissen Faellen wird einem eben davon abgeraten, und sie war natuerlich zu dem Zeitpunkt viel zu aengstlich und natuerlich auch so geschockt von den Vorkommnissen, dass sie nicht darauf bestanden hat.

Und woher willst du jetzt wissen wie es ihrheute gehen würde wenn sie die Leiche nochmal hätte sehen dürfen?
Wenn sie vor ihr gelegen hätte, hätte sie vllt doch ganz anders reagiert als sie das jetzt vermutet.
Sowas kann man einfach nicht pauschalisieren.

Alarmi schrieb:Gerade Maenner sind oft ausgesprochen pienzig wenn es um den Tod geht! :) Sieht man doch schon wenn sie krank sind! :)

Und der Satz war völlig daneben !

Streuselchen schrieb:Und der Satz war völlig daneben !

Sorry, wer mit mir diskutiert muss mit Galgenhumor rechnen! So bin ich!

Streuselchen schrieb:Aber es wäre nett wenn du andere Einstellungen einfach mal so stehen lassen könntest, ohne darauf zu beharren das es ein völlig anderer Aspekt wäre usw. Ist es nämlich nicht. Es passt nur nicht zu deiner Sichtweise.

Ich habe doch schon gesagt, es muss jeder selbst wissen wie er damit umgehen kann und will!
Dennoch ist es eine andere Art von Trauerverarbeitung. Das wird Dir jeder Psychologe bestaetigen!

Manche Leute koennen damit umgehen, andere nicht. Jeder reagiert anders. Habe ich nie bestritten!

Streuselchen schrieb:Wieso ist das eine andere Situation?
Nein die Nachbarn warnten sie schon vor und hatten sie ja angerufen das es in der Wohnung mörderisch stinkt. Sie wusste eigentlich schon vorher was sie dort erwarten würde.
Es war aber Sommer, 40 Grad, die Leiche fing an schwarz zu werden.

Schon eine andere Situation als wenn der Leichnahm liebevoll aufgebahrt und zurechtgemacht beim Bestatter im kuehlen Raum liegt, oder nicht?

Streuselchen schrieb:An Alterschwäche und gebrechen zu sterben ist immernoch was anderes als wenn man plötzlich aus dem leben treten muss.

Richtig! Und gerade in diesen Faellen ist es oftmals und fuer sehr viele Leute sehr sehr wichtig, den Toten nochmals zu sehen um die Endgueltigkeit und den Tod zu begreifen. Bei einem alten Menschen erwartet man den Tod naemlich und kann ihn leichter akzeptieren.

Streuselchen schrieb:Und woher willst du jetzt wissen wie es ihrheute gehen würde wenn sie die Leiche nochmal hätte sehen dürfen?
Wenn sie vor ihr gelegen hätte, hätte sie vllt doch ganz anders reagiert als sie das jetzt vermutet.
Sowas kann man einfach nicht pauschalisieren.

Vielleicht. Aber eher unwahrscheinlich, sie ist Krankenschwester. Tatsache ist, dass sie jetzt daran zu knabbern hat, dass sie sich nicht noch einmal "persoenlich" verabschiedet hat, und dass sie sich deswegen ihrer Tochter gegenueber schuldig fuehlt.

Danke @eyecatcher :)

Ich weiß nicht, ob wir dieses Bild schon einmal hatten, aber es ist für mich persönlich sehr traurig...
Man erkennt die Trauer im Gesicht der Mutter, die ihr verstorbenes Kind noch für ein letztes Foto in ihren Armen hält. Dieses Bild ist ca. 1870 entstanden.

Original anzeigen (0,3 MB)

Interessant, wie die Mutter auf dem Bild in den Hintergrund rueckt.

Im uebrigen ist mir nicht ganz klar, wieso die Diskussion off-topic gewesen sein soll, da es ja um das Noch-Einmal-Sehen geht, ob jetzt in fotografischer oder realer Form. Aber gut. :)

@Alarmi
Stimmt. Die Mutter ist irgendwie verschwommen im Hintergrund und das Kind ist scharf zu sehen...


Liebe Grüße
Luma30

Das Verschwimmen liegt allerdings wohl daran, dass sie sich bewegt hat! :)

ist mir noch eingefallen, da es in dieser Rubrik auch einen Threat über Marianne Bachmeier gibt,
die damals den Mörder Ihrer kleinen Tochter Anna im Gerichtsaal erschoss.

Im Zusammenhang mit der Beisetzung ihrer Tochter gab es eine kleine Begebenheit.
Natürlich wollte und durfte sie ihr Kind, das in der Leichenhalle des Friedhofs aufgebahrt war nocheinmal sehen.
Die Mutter war damals überhaupt nicht mit dem weißen Totengewand einverstanden, welches der Bestatter ihrer toten Tochter angezogen hatte. Spontan fuhr sie wieder los, besorgte bunte Sachen, einen Rock und Pulli. Anna mochte Farbenfrohes.
Sie hob Anna wieder aus dem Sarg und zog sie vor Ort um und bettete sie anschließend sorgfältig wieder ein.

Am wichtigsten war Marianne Bachmeier bei dieser Handlung sicher, daß sie auf diese Weise ihre Tochter nocheinmal in den Arm nehmen und hin und her wiegen konnte. Damit wirklich Abschied von ihr nehmen.
Das sie es war, die die letzte Handlung für ihre Tochter vornahm, das Umziehen und nicht ein Außenstehender Fremder.

Ihre ganz persönliche Form des Abschiedes und Loslassens

@cute_lenore
Sehr gutes Beispiel und passiert sehr haeufig so! Eine Freundin von mir kam bei einem Autounfall ums Leben, wurde vom Bestatter zu ihrer Familie nach Hause gebracht. Ihre Schwester hat sie gesehen und gerufen: "Wie haben sie DICH denn zurecht gemacht!?", ist in ihr Zimmer gerannt, hat Make-Up, Kamm und Haarspray geholt und ihre Schwester so umgestylt, wie sie auch schon im Leben ausgesehen hat!